Bundesliga

Kvist gibt den Takt des VfB vor, andere sollen folgen



Mit Führungsspielern und der Hierarchie ist das ja so eine Sache. Man musste im deutschen Fußball schon einige Diskussionen darüber ertragen. Wenn es nicht läuft bei einer Mannschaft, greift bei einigen noch immer der alte Reflex, der da heißt: Ein Alphatier muss her. Einer, der die Mitspieler zusammenstaucht. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer etwa sagt, dass es ohne ein paar Leitwölfe nicht gehe. Andere dagegen predigen die Vorzüge der flachen Hierarchie. Die Kahns, Effenbergs und Ballacks, so sagen sie, haben längst ausgedient.

VfB-Trainer Bruno Labbadia gehört eher der letzteren Fraktion an. „Man muss doch nur mal in die Gesellschaft schauen“, sagt er, „in den Familien etwa ist der Vater längst nicht mehr so eine Überfigur, wie er es früher mal war.“ Zwischen den Generationen, so Labbadia weiter, gebe es jetzt viel mehr Nähe. Dasselbe gelte jetzt auch in der Beziehung zwischen Trainer und Spieler. Und zwischen den Spielern untereinander. Das eine Alphatier, das gebe es nicht mehr.

Labbadia handelt nicht wie ein Alphatier

Der zweifache Familienvater Labbadia war zuletzt auch bei den Roten als Erziehungsbeauftragter gefordert. Als einer, der die Nähe zu den Spielern zulässt. Nach sieben Bundesligaspielen ohne Sieg und dem peinlichen Auftritt im Pokal gegen die Bayern (0:2) suchte er das Gespräch mit seinen Profis, hörte zu, suchte gemeinsam nach Lösungen.

Schon in der vergangenen Rückrunde war das öfter der Fall. Dazu erzählt Labbadia eine kleine Anekdote. Einmal sei der Mannschaftsrat direkt nach einer Trainingseinheit auf ihn zugekommen. Labbadia hatte gerade das gepflegte Aufbauspiel von hinten heraus üben lassen. Doch die Spieler waren nach der schwachen Vorrunde verunsichert, fühlten sich noch nicht bereit für den nächsten Schritt – und sagten das dem Trainer. In der nächsten Partie ließ Labbadia lange Bälle von hinten heraus schlagen.

„Ich hole die Jungs immer wieder mit ins Boot“, sagt der Coach. Wichtig sei, dass er selbst den Weg vorgebe. Auf der Strecke aber lässt er mit sich reden, holt sich Anregungen. Und handelt eben nicht wie ein Alphatier.

Einen Führungsspieler gibt es nicht

Einer, mit dem Labbadia sehr oft spricht, ist William Kvist. „Das finde ich schon sehr cool“, sagt der defensive Mittelfeldspieler. Auch am Dänen war die Krise der Roten zuletzt ein bisschen festgemacht worden. Er marschiere nicht voran, hieß es. Und er gebe zu wenige Anweisungen. Kvist ist dabei vielleicht so etwas wie eine Symbolfigur für die Hierarchie im Team der Roten, die erst noch gedeihen muss. Die Mannschaft fiel zuletzt oft in sich zusammen, als es nicht lief. Es war keiner da, der die passenden Kommandos gab – auch Kvist nicht. „Eine Hierarchie muss langsam wachsen“, sagt Bruno Labbadia dazu. Man könne in einem Mannschaftsgefüge ohnehin nichts erzwingen. „Man kann doch nicht zu einzelnen Spielern hinlaufen und sagen, du marschierst jetzt voran. Er muss doch erst so weit sein.“

Aus einem eher leisen Typen etwa könne man keinen Lautsprecher machen. Einen Typen, der im passenden Moment Kommandos gibt, aber sehr wohl. Und das versteht Labbadia unter einer gesunden Hierarchie. Dass Profis, die wie Kvist zentral spielen, ihren Nebenmännern durch die richtigen Anweisungen immer wieder Hilfestellungen auf dem Platz geben. Das aber müsse auf mehrere Schultern verteilt werden, sagt der Trainer. Den einen Führungsspieler gebe es nicht.

William Kvist erwachte gegen Hertha BSC (5:0) aus der Lethargie. Er gab den Takt mit vielen Kommandos vor. Seine Mitspieler sollen jetzt folgen. „Wir brauchen eine starke zentrale Achse“, sagt Bruno Labbadia.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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