Bundesliga

Der VfB-Schwur: Die Fünf muss stehen



Wer nicht das Fußballspiel, sondern nur das Mienenspiel von Bruno Labbadia verfolgte, der konnte zuverlässig Rückschlüsse auf das Geschehen auf dem Rasen ziehen. Das Gesicht des VfB-Trainers ist während aufregender 90 Minuten zuweilen wie ein offenes Buch. Und weil Labbadia am Samstag allzu häufig die Lippen zu einem engen Strich zusammenpresste, missmutig den Kopf schüttelte oder die Stirn in Falten legte, war die Botschaft eindeutig: So geht das nicht, so gefällt mir das auch nicht.

Es ist ja auch nicht besonders lustig anzuschauen, wenn die Roten reihenweise und ohne Bedrängnis den Ball verlieren und den Gegner zum Kontern einladen. Das passierte mal William Kvist, mal Serdar Tasci, mal Christian Gentner, und auch Gotoku Sakai und andere wollten da nicht außen vor bleiben und reihten sich ein in das quälend unsaubere Ballgeschiebe. Zuweilen schien es, als lähme den VfB ein kollektiver Krampf in beiden Beinen. Was vielleicht auch daran lag, dass die Roten nach den ansprechenden bis begeisternden Darbietungen der vergangenen Wochen auf einen leichten Pas de deux eingestellt waren, sich dann aber unvermittelt zehn Kölner Kampfmaschinen gegenübersahen, die an diesem Tag überhaupt keinen Spaß verstanden. Wenigstens zeigten die Kölner Überlebenskünstler so viel Nachsicht mit dem notleidenden Gegner, dass sie auch beste Torchancen großzügig ausließen. „Wir waren die bessere Mannschaft, aber dann haben wir aus dem Nichts ein blödes Gegentor bekommen. Für uns ist der Punkt zu wenig“, lamentierte Lukas Podolski mit Blick auf die enge Situation im Tabellenkeller.

Für den VfB dagegen ist der Punkt mehr, als er lange Zeit erwarten durfte. Am Ende der Saison könnte er Gold wert sein. Dann, wenn die Mannschaft ihren fünften Tabellenplatz erfolgreich verteidigt und direkt in die Gruppenphase der Europa-Liga marschiert. Qualifiziert ist sie ohnehin schon, weil ihr niemand mehr den siebten und letzten Rang streitig machen kann, der zur Teilnahme berechtigt. Und das ist nach den Erfahrungen der beiden vergangenen Spiel­zeiten wie Labsal auf der schwäbischen Seele. „Mit dem Ergebnis müssen wir zufrieden sein, mit dem Spiel nicht“, sagte Sportdirektor Fredi Bobic, „die Jungs wollten, aber heute ist nicht mehr gegangen. Da muss man auch mal den Mund abputzen und mit einem Unentschieden zufrieden sein.“ Schließlich könne man „nicht erwarten, dass wir von Stadion zu Stadion ziehen und jedes Spiel ­gewinnen“, ergänzte Christian Gentner.

Die Serie mit sieben Siegen und drei Unentschieden ist respektabel, der VfB hat alles Weitere selbst in der Hand, und so hüllte auch Bruno Labbadia den Mantel des Schweigens über den schwachen Auftritt, den Cacau mit seinem Ausgleichstreffer aufgehübscht hatte. „Wir werden unsere Lehren aus diesem Spiel ziehen“, sagte der Trainer, „aber es bringt nichts, jetzt tief in die Analyse zu gehen. Es gibt eben solche Tage.“ Immerhin hatte der VfB Moral gezeigt, nie aufgesteckt und im fünften Spiel in Serie einen Rückstand aufgeholt. „Vor ein paar Monaten hätten wir das noch nicht geschafft“, sagte Labbadia.

Jetzt muss der VfB nur noch Platz fünf halten. Dann würde er direkt in die Gruppenphase der Europa-Liga spazieren, die am 20. September beginnt. Als Sechster müsste er am 23. und 30. August zwei Play-off-Spiele bestreiten. Als Siebter müsste er vor dem Bundesliga-Saisonstart (24./25./26. August) auch noch zwei Qualifikationsspiele austragen, die auf den 2. und 9. August terminiert sind, die Vorbereitung auf die neue Spielzeit stark beeinträchtigen würden und die Gefahr des Scheiterns in sich bergen. „Europa-Liga ist eine tolle Sache. Das hätte im Januar kein Mensch gedacht, dass wir das schaffen würden“, sagte Vedad Ibisevic. Es spricht für die Mannschaft, dass sie sich erst mit der direkten Qualifikation zufrieden geben will. Gleich nach dem Abpfiff kam es deshalb zum Schwur von Köln. „Jetzt wollen wir unbedingt den fünften Platz verteidigen“, fasste Gentner die neuen Ansprüche zusammen. Das ist machbar, wird aber schwer. „Jetzt müssen wir am Samstag bei Bayern München etwas mitnehmen“, sagte Bobic. Damit das gelingt, muss sich die Mannschaft aber ­wieder ganz anders präsentieren als in Köln.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


Mummi [Linked Image]