Neuer HSV-Vertrag für Labbadia: Retter im Trippelschritt

Bruno Labbadia hat beim HSV verlängert - für ein Jahr. Der Klub verkauft die kurze Laufzeit als Signal der Kontinuität. Geht das zusammen? Irgendwie schon.

Der Hamburger SV hat zum Wochenstart eine Nachricht verkündet, die keine Überraschung mehr war. Einerseits.

Seit Wochen hatte sich angedeutet, dass der Verein den Vertrag mit Trainer Bruno Labbadia verlängern würde. Die Frage war nur, wann genau. Noch vor Weihnachten? Noch vor dem Jahreswechsel? Noch vor dem Start in die Rückrunde? Die Hamburger haben dann das Trainingslager im türkischen Belek genutzt, um die Personalie zu verabschieden und Labbadia über den Sommer hinaus an den Verein zu binden.
Anderseits ist die Nachricht schon erstaunlich. Denn dass der HSV den Vertrag eines Trainers verlängert, kam in der jüngeren Vergangenheit nicht vor. Wenn die Hamburger Mitteilungen in Trainerfragen verschickten, hatten sie meistens das vorzeitige Ende der Zusammenarbeit zum Inhalt. Alleine seit dem Aus von Thorsten Fink im September 2013 hatte der HSV inklusive Labbadia sechs Trainer, teilweise übergangsweise. Der Klub leistete sich in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Trainerverschleiß. Damit einher ging der sportliche Niedergang, der zweimal fast im Abstieg geendet hätte.

Labbadia hat den Negativtrend vorerst umgekehrt

Labbadia hat beide Trends gestoppt, zumindest vorerst. Er hat die Mannschaft nach der Rettung in der abgelaufenen Saison stabilisiert. Die Hamburger sind zur Winterpause Tabellenzehnter und werden nach guten Spielen schon wieder gefragt, ob sie denn nicht zumindest ein kleines bisschen auf die Europapokal-Plätze gucken würden.

Die Vertragsverlängerung mit Labbadia ist ein Zeichen, dass beim HSV auch personell Konstanz einkehrt. "Bruno geht unsere gemeinsame Aufgabe mit Begeisterung und Enthusiasmus an und besitzt eine unglaublich hohe Identifikation mit Hamburg und dem HSV", sagt Klubchef Dietmar Beiersdorfer.
Tatsächlich hat man den Eindruck, dass sich zwei Partner gefunden haben, die gut zusammenpassen. Dem Trainer gelang es nach seinem Amtsantritt im April, Zusammenhalt herzustellen in einer Mannschaft aus Einzelgängern und das leblose Team zu emotionalisieren. In einem denkwürdigen Endspurt und einer denkwürdigen Relegation gegen den Karlsruher SC schafften die Hamburger den Klassenerhalt. Ob verdient oder nicht, war zweitrangig aus Sicht des HSV und aus Sicht seines Trainers.

"Es ging um einen schönen Wohnort, es ging um einen schönen Verein", hat Labbadia neulich gesagt, als er auf die turbulente Schlussphase der vergangenen Saison zurückblickte. Sein Engagement in Hamburg ist für Labbadia mehr als ein Job. Das merken auch die Fans, die ihm seine emotionale, dabei aber dennoch zurückhaltende Art abnehmen. Nach dem letzten Spiel der Hinrunde gegen Augsburg feierten sie ihn mit Gesängen für die Rettung im Frühjahr.

Trainer kämpft in Hamburg auch um seinen Ruf

Nicht nur für den HSV war Labbadias Verpflichtung ein Glücksfall, auch für Labbadia selbst. Sein Ruf war bis dahin nicht mehr der beste: in Leverkusen hatte er einst sein Aus durch ein Zeitungsinterview provoziert, in seiner ersten Zeit beim HSV in der Saison 2009/2010 fand er keinen Zugang zu prominenten Spielern wie Zé Roberto und Ruud van Nistelrooy, und aus seiner Zeit beim VfB Stuttgart ist vor allem eine Wutrede ("Am Arsch geleckt!") in Erinnerung geblieben. Langfristigen Erfolg hatte Labbadia bei keiner seiner Bundesliga-Stationen. Sein Engagement beim HSV ist die Verbindung zweier Gefallener, die sich aneinander aufrichten. Der Klub an Labbadia, Labbadia am Klub.

Der neue Vertrag des Trainers gilt für nur ein weiteres Jahr, bis 2017. Die kurze Laufzeit schließt allerdings nicht aus, dass den Verantwortlichen und dem Trainer an Kontinuität gelegen ist. Viel mehr lässt die Lösung beiden Parteien einen Ausweg, wenn die Zusammenarbeit nicht wie gewünscht weitergeht.
Labbadia betont immer wieder, dass sich die Mannschaft jeden Punkt hart erarbeiten müsse, dass es beim HSV nur Schritt für Schritt vorangehen könne nach Jahren des Zerfalls, und dass der Weg des Klubs auch weiter steinig sei. Dazu passt die Vertragsverlängerung von nur einem Jahr. Auch personell soll es Schritt für Schritt vorangehen. "Wir möchten uns lieber auf unsere Arbeit konzentrieren und uns genau wie jetzt in einem Jahr wieder zusammensetzen und alles Weitere besprechen", sagt Labbadia.

In den vergangenen Jahren haben die Hamburger viele langfristige Verträge geschlossen, die nicht eingehalten wurden. Das war teuer für den Verein. Bei Labbadia soll es mal umgekehrt sein. Auch wenn es nur im Trippelschritt vorangeht.

spiegel.de


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