Der HSV in Rosa: Wie viel Show darf es sein?

Vor 40 Jahren begann die goldene Ära des Vereins. Maßgeblich beteiligt: Ein verrückter HSV-Präsident und umstrittene rosa Trikots.

Hamburg. Vor 40 Jahren haben sie über ihn gelacht. Auch das Hamburger Abendblatt war skeptisch, was dieser Verrückte da wieder vorhat mit dem HSV, dem hanseatischen Traditionsverein. Dem Club von Deutschlands Fußball-Legende Uwe Seeler. "Zirkus Krohn" hieß eine Überschrift. Nur Peter Krohn, Doktor der Volkswirtschaft und Fachmann für Werbung und anverwandte Disziplinen, wusste genau, was er tat. Der HSV-Präsident (1973 bis 1975) und spätere Manager (1975 bis 1977) sprudelte über vor Ideen, wie man dem finanziell angeschlagenen und fußballerisch farblosen Verein Leben einhaucht. Die Farbe Rosa spielte in seinen Überlegungen eine entscheidende Rolle.

Natürlich wollte Krohn mehr Frauen ins Stadion locken – was heute nicht mehr nötig ist. Damals aber sanken die Zuschauerzahlen, die TV-Gelder und Sponsoreneinnahmen sprudelten nicht wie heute. Und die holde Weiblichkeit befasste sich anders als heute in Theorie und Praxis kaum mit dem rollenden Ball.

Als Krohn dem HSV rosa Trikots verordnete (auswärts: himmelblau), regte sich ein Oppositionssturm aus Fußballkreisen. Rosa? Ging gar nicht. Schon da hatte Krohn sein Ziel – Aufmerksamkeit – erreicht. Das Hamburger Abendblatt schrieb, die neuen Trikots würden "unwillkürlich an einen Erdbeer-Milch-Shake erinnern". Krohn lockte Werbepartner an (Campari, Hitachi, später BP und andere), verpflichtete einen jungen, ehrgeizigen Mann namens Felix Magath, später Kevin Keegan, der in Hamburg zum Superstar und Fußballer Europas wurde.

Und kaum ein Jahr nach der Einführung der rosa Hemdchen in der Chauvi-Branche Bundesliga spielte der HSV 1977 in diesen Trikots im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegen den RSC Anderlecht in Amsterdam. Das Ergebnis ist bekannt: 2:0-Sieg, Tore durch Georg Volkert und Felix Magath. Beide sollten später im Verein noch entscheidende Rollen übernehmen, auf dem Platz und darüber hinaus…

Lag's an den Trikots? Abergläubisch, wie Fußballer sind, müsste man sofort bejahen. Krohn hat etwas angestoßen, wovon der Verein noch Jahre später profitiert hat. Das Umdenken beim HSV und seinem Umfeld führte unmittelbar in die goldene Ära des Vereins Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger. Deutsche Meistertitel, Europapokalsieg, DFB-Pokal-Erfolg – davon kann man heute träumen.

Ist das der Grund, warum in diesen Tagen der Run auf die rosa Trikots so groß ist? Das Träumen? Peter Krohn würde es freuen. Krohn kam auch nicht irgendwie von außen in den Verein. Das spielt für die emotionale Branche noch heute eine große Rolle. Er hatte Glaubwürdigkeit als Ur-HSV-er. Schon sein Vater Hans Krohn lief für den HSV auf und wurde in den Zwanzigerjahren Deutscher Meister.

Lesen Sie hier den Abendblatt-Artikel von 1976

Der heute 84-Jährige sagte vor einigen Jahren im Hamburger Abendblatt: "Ein bisschen Show, das ist erlaubt. So war das auch mit den schönen pinkfarbenen Trikots von Amsterdam. Als Finalist kann ich das Team so einlaufen lassen. Im Abstiegskampf hätte ich mich doch lächerlich gemacht. Verpackung kann man erst herausholen, wenn die Leistung stimmt. Darauf lege ich ein bisschen Wert: Ich habe mehr getan als diese rosa Trikots, die in Wahrheit ja pinkfarben waren."

https://www.abendblatt.de/sport/fussball/...rf-es-sein.html


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