„Wir reden mit, nicht über den Trainer“

HSV-Sportdirektor Jens Todt gibt sich in den Wochen der Wahrheit kämpferisch. Dennoch hat er sich über die Pleite in Mainz „maßlos geärgert“ – eine Trainerdiskussion will er aber nicht zulassen.

Jens Todt, Sportchef des Hamburger SV, muss in diesen Tagen die Wogen glätten. Der HSV befindet sich nach nur einem Punkt aus den vergangenen sechs Spielen im Sinkflug. „Zwischendurch hatten wir gute Auftritte“, relativierte Todt am Mittwoch, „leider nicht gekrönt durch Punkte.“ Er räumte ein, sich nach dem 2:3 in Mainz „maßlos geärgert“ zu haben, „wir hätten das Spiel gewinnen können“. Wie man denn ausgerechnet gegen den übermächtigen FC Bayern, der am Sonnabend im Volkspark gastiert (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf welt.de), bestehen wolle? „Wir wollen uns nicht verstecken“, antwortete der 47-Jährige kämpferisch.

Dass das HSV-Team in den vergangenen Wochen auch spielerisch hinterherhinkte, sowohl individuelle Klasse als auch mannschaftliche Geschlossenheit vermissen ließ, wird Todt nicht entgangen sein. „Es gibt keinen Schalter, den man umlegen kann“, sagte der ehemalige Nationalspieler. Todt verglich die momentane Situation mit der fatalen Lage vor genau einem Jahr, als der HSV mit nur zwei Zählern nach acht Spieltagen tief im Tabellenkeller feststeckte. Nun sei es „ganz anders als damals, trotzdem brauchen wir Punkte“, beschwichtigte und mahnte Todt zugleich.



Trainer Gisdol steht nicht zur Diskussion

Die Hamburger sind mit sieben Punkten immerhin auf Tuchfühlung zum unteren Mittelfeld. Das Spiel gegen München als aussichtslos erachten wolle man nicht, der letzte HSV-Sieg liegt allerdings acht Jahre zurück. Der damalige Goalgetter Mladen Petric traf Ende September 2009 zum 1:0-Heimsieg.

Momentan hat der HSV in allen Mannschaftsteilen Probleme. Vorne werden die Chancen nicht genutzt, im Mittelfeld wird kaum Regie geführt, hinten herrscht bisweilen Chaos. Todt fordert eine „unfassbare Konzentration und Konsequenz“. Zuletzt hätten „zwei, drei Prozent gefehlt“. Eine Trainerdiskussion will der Sportchef gar nicht aufkommen lassen. „Wir sprechen mit unserem Trainer, nicht über ihn“, sagte Todt.

Doch die Fakten sprechen derzeit nicht gerade für Markus Gisdol. Der 48-Jährige ist seit dem 25. September 2016 Coach bei den Hanseaten. Er holte in dieser Zeit im Schnitt 1,22 Punkte pro Spiel und liegt damit ungefähr auf dem Level seines geschassten Vorgängers Bruno Labbadia. Die Trainerdiskussion ist in Hamburg nicht eröffnet, doch Gisdol weiß, dass er liefern muss. Eine gerade vom Ergebnis her vertretbare Niederlage gegen München ist einkalkuliert, mit dem Spiel bei der Berliner Hertha und gegen den VfB Stuttgart folgen die Wochen der Wahrheit.

Doch die fehlende Struktur im HSV-Spiel ist nur bedingt dem Trainer anzulasten. Dass sich Topangreifer Nicolai Müller gleich im ersten Saisonspiel beim Torjubel das Kreuzband riss, ist mehr als ärgerlich. Dass Flügelmann Filip Kostic sogar verletzt auf weite Reise für die serbische Nationalmannschaft gehen muss, ebenfalls. Auch US-Stürmer Bobby Wood war zum wiederholten Male lange für sein Nationalteam unterwegs. Dass er seit Monaten nicht in der Spur ist, könnte allerdings auch ein taktisches Problem sein. Eigentlich ist er Konterspieler, oft verhungert Wood in der Spitze oder muss sich die Bälle selber holen.

Bei den Kiebitzen, die nach den Trainingseinheiten um Autogramme bitte, stehen drei Spieler ganz oben im Kurs. Die Innenverteidiger Mergim Mavraj und Kiriakos Papadopoulos sowie der ebenfalls zentrale Defensivmann Gideon Jung. Mavraj, bereits 31 Jahre und zu Jahresbeginn vom 1. FC Köln verpflichtet, enttäuschte zuletzt. Er ist robust in der Zweikampfführung, für den Spielaufbau aber zu langsam. Papadopoulos war zuletzt gegen Mainz gelbgesperrt, die Rückkehr des 25-Jährigen wird sehnlichst erwartet. „,Papa sorgt für Stabilität“, sagte Todt.

Die vermeintlichen Führungsspieler straucheln

Jung (23), der sowohl in der Innenverteidigung als auch als Sechser spielen kann, ist so etwas wie der Kitt zwischen Jung und Alt, Arrivierten und Emporkömmlingen im Team. Sein momentan „bester Spieler“, lobt Gisdol. Eigentlich ist er gelernter Verteidiger, dass Jung nun bereits die Verantwortung für den Spielaufbau trägt, sagt viel über seine guten Veranlagungen aus, aber auch über den Rest des Teams

Weder der Brasilianer Walace noch der Schwede Albin Ekdal beleben auf Dauer die Schaltzentrale im Mittelfeld, weshalb hier auch auf Jung gehofft wird. Ein Aaron Hunt (31) hat in der Mittelfeldoffensive zwar die individuelle Klasse, wirkt oft zu phlegmatisch. Man wolle die „Last nicht auf einzelne Schultern legen“, fordert Todt indirekt auch mehr mannschaftliche Geschlossenheit. Die vermeintlichen Führungsspieler straucheln, somit rücken die Youngster ins Blickfeld. Tatsuya Ito (20) spielte sich mit zwei erfrischenden Einsätzen über je rund 50 Minuten auf dem linken Flügel in die Herzen der HSV-Fan, Jann-Fiete Arp (17) reüssiert gerade als Angreifer bei der U17-WM in Indien.

Neben der Spur scheint nach wie vor Kapitän Gotoku Sakai zu sein, der zwischendurch sogar auf der Ersatzbank schmoren musste. Nun gab es wohl ein Übersetzungsproblem, weil er nach dem Mainz-Spiel seinen japanischen Landsmann Ito wegen seiner fehlenden Physis für 90 Minuten angeblich rüffelte. Er räumte dies aber in den sozialen Medien aus und stellte sich komplett hinter den talentierten Jungspund.

https://www.welt.de/regionales/hamburg/article169774835/Wir-reden-mit-nicht-ueber-den-Trainer.html


Ach wie lächerlich.. jeder weiß doch, dass Gisdol nach einer Niederlage im ersten Spiel nach dem Bayernspiel gehen muss.... schlafen


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