Schluss mit den Transferleistungen
Mäzen Klaus-Michael Kühne hat für den HSV viel übrig: Zwanzig Millionen Euro. Nur mit dem Aufsichtsrat hat er nicht gerechnet.

Die Saison ist vorbei. Die Spieler sind im Urlaub. Die Fans können sich erholen. Durchatmen. Durchatmen? Gibt’s nicht! Nicht bei diesem Verein, nicht in dieser Stadt. Beim HSV hört nichts einfach auf, es geht immer weiter mit den Diskussionen. Denn die Männer, die das Schicksal dieses Vereins bestimmen (ja, es sind nur Männer) sind sich nicht einig. Sie streiten um das, was sie die "Zukunft des HSV" nennen. Dabei bringt jeder seine eigene Geschichte mit:

– Mäzen Klaus-Michael Kühne, der dem HSV gerade die Lizenz für die Fußball-Bundesliga gerettet hat, immer wieder Millionen in den Verein steckt und inzwischen 17 Prozent der Anteile an der Profi-Abteilung hält.

– Vorstandschef Heribert Bruchhagen, der im Winter vom Aufsichtsrat nach Hamburg geholt worden war, um endlich die HSV-Finanzen in den Griff zu kriegen.

– Sportchef Jens Todt, der wiederum von Heribert Bruchhagen geholt wurde, um ein paar gute, aber nicht ganz so teure Spieler zu verpflichten.

– Trainer Markus Gisdol, der im vergangenen Herbst zum HSV kam, um mit der Mannschaft nicht abzusteigen (was er geschafft hat), und der jetzt neue Spieler haben möchte, um in der nächsten Saison nicht wieder nur gegen den Abstieg zu kämpfen.

– Und seit ein paar Wochen der neue Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Peters, der auf einmal umsetzen möchte, wovon alle bislang nur gesprochen haben, ohne es zu tun: sparen.

Das Problem ist, dass die einzelnen Geschichten der Männer nicht zusammenpassen. Sie ergeben keine gemeinsame Erzählung.

Vereinfacht gesagt gibt es zwei Lager: Die einen wollen investieren, neue Spieler holen, wollen, dass es endlich besser wird, diesmal wirklich. Das sind besonders Trainer Gisdol und Mäzen Kühne, der viel von Gisdol hält. Die anderen wollen Spieler verkaufen, um die Kosten zu senken. Sie wollen, dass endlich finanzielle Vernunft bei diesem Verein einkehrt, diesmal wirklich. Das ist besonders der Aufsichtsratsvorsitzende Peters, aber auch Vorstandschef Bruchhagen.

Was von beidem dem HSV besser tut? Ist nicht leicht zu beantworten. Allerdings gibt es Hinweise aus der jüngeren Vergangenheit, die den Sparern gute Argumente liefern.

Die letzten Jahre zeigen, dass das Modell "Kühne schiebt ein paar Millionen rüber, die Vereinsführung verpflichtet ein paar Spieler, und die Mannschaft bietet daraufhin erfolgreichen Fußball" so häufig gescheitert ist, dass man nicht mehr von Zufall reden kann.

Diese Argumentation muss Sportchef Todt und Trainer Gisdol frustrieren, schließlich wollen sie zeigen, dass sie es viel besser anstellen können als ihre Vorgänger, dass sie stärkere Spieler finden, dass sie eine Mannschaft zusammenstellen können, die diesen Namen verdient hat. Aber der Aufsichtsrat lässt sich von den Versprechungen nicht erweichen. Die entscheidende Frage des Sommers ist: Bleibt es bei diesem Sparkurs?

Es wäre eine Richtungsänderung in einem Verein, bei dem die vielen Änderungen der vergangenen Jahre nur für Verwirrung gesorgt und keinen neuen Weg aufgezeigt haben. Wie gewaltig dieser Schritt wäre, zeigt ein kurzer Ausblick auf mögliche Konsequenzen.

Milliardär Klaus-Michael Kühne soll schon jetzt stocksauer sein. Er ist bereit, 20 Millionen in neue Spieler zu stecken, und nun wird seine Hilfe nicht gleich dankbar angenommen. Was für eine Majestätsbeleidigung!

Bliebe der Aufsichtsrat gegenüber Kühne hart, könnte das zur Folge haben, dass der Mäzen wahr macht, was er im Zorn schon manches Mal angekündigt hat: sich aus seinem Verein zurückzuziehen. Das würden all diejenigen befürworten, die sagen, dass die Situation des Vereins mit Kühnes Millionen keinen Deut besser geworden ist.

Eine solche Entscheidung hätte aber nicht nur Auswirkungen auf einen einzelnen achtzigjährigen Herrn. Sie würde auch dazu führen, dass weitaus mehr Millionen gespart werden müssten als ohnehin schon. Das würde die Struktur der Mannschaft grundlegend ändern. Millioneneinkäufe wären die Ausnahme. Trainer Gisdol müsste auf junge, unbekannte Talente setzen und mit einer No-Name-Truppe versuchen, den Klassenerhalt zu schaffen.

Der HSV steht vor entscheidenden Wochen. Mal wieder. Sparen ist eine der wenigen Möglichkeiten, die in den vergangenen Jahren noch nicht ausprobiert worden sind. Will der Aufsichtsrat Erfolg damit haben, darf er nur eins nicht tun: umkippen und doch viel Geld für Spieler bereitstellen.

Dann wäre der HSV nämlich an einem Punkt angelangt, den er allzu gut kennt: Er hätte bei Transfers so lange gewartet und gezögert, bis die besten Spieler vom Markt sind, und würde panisch viel zu viele Millionen für schlechte Spieler ausgeben, die er dann wiederum ein Jahr später verzweifelt loswerden will, weil sie die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt haben.

http://www.zeit.de/2017/25/hsv-klaus-michael-kuehne-transferleistungen


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