Nach Schlägerei im HSV-Block Freispruch für Polizei-Hasser

Wilde Prügeleien im Block, Pfefferspray und Schlagstöcke: Ein Polizeieinsatz beim Spiel HSV gegen Bayern München am 3. Mai 2014 sorgte für Schlagzeilen und heftige Reaktionen. Beteiligt soll damals auch Sven H. gewesen sein. Er wurde angeklagt – am Freitag fiel das Urteil.
Auslöser der Krawalle war ein Transparent mit der Aufschrift „A.C.A.B. – Hass wie noch nie“. ACAB steht für „All Cops are Bastards“. Ein solches Banner hat auch Sven H. (29) getragen. Das Transparent habe sich aber nicht gegen einen bestimmten Beamten gerichtet, sondern sei allgemein gemeint gewesen.

So zumindest argumentierte die Verteidigung von Sven H. – und diese Strategie passt haargenau zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 2016. Das hatte entschieden: Wer mit einem entsprechenden Plakat eine Gruppe von Menschen beleidigt, macht sich nur strafbar, wenn eine Individualisierung vorliege.
Anders gesagt: Sven H. müsste einen spezifischen Polizisten anschauen und auf das Plakat zeigen, damit die Aktion strafbar ist. „Nach dem Motto: Ich meine dich“, erklärte seine Verteidigerin im Prozess. „Ich finde es pubertär, solche Dinge aufzuhängen“, sagte der Richter - dennoch musste er sich an die Entscheidung des Verfassungsgerichts halten.
Erst Provokation, dann Blocksturm
Die Vorfälle während des HSV-Spiels gegen die Bayern hatten damals für heftige Diskussionen gesorgt. Das „ACAB“-Banner, das auch gegen die Stadionordnung verstößt, war neben verbalen Provokationen ein Grund für den Blocksturm der Polizei, bei dem es zu wilden Prügeleien zwischen Beamten und HSV-Anhängern gekommen war. Sechs Polizisten und über 100 Stadionbesucher wurden dabei verletzt.

"Ein Banner als Grund zu nehmen, in einem vollen Stadion einen Block unter dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken zu stürmen, ist vollkommen inakzeptabel", hieß es damals in einer Reaktion der HSV-Supporters-Leitung.
Polizei und Fans in der Kritik
Auch die HSV-Vereins-Bosse kritisierten den Polizeieinsatz im Block 22 C. Sie teilten damals mit, sie seien „überzeugt, dass das Risiko eines Polizeieinsatzes, in einen vollen Block zu stürmen und Verletzungen auch von Unbeteiligten zu riskieren, zumindest problematisch ist. Insbesondere die Tatsache, dass zahlreiche unbeteiligte Stadionbesucher in Mitleidenschaft gezogen wurden, bedauern wir sehr“. Aber auch das Verhalten der beteiligten Anhänger wurde vom HSV damals angeprangert.
Für Sven H. sieht es dagegen gut aus: Ursprünglich sollte Sven H. nach einem Strafbefehl 1.000 Euro zahlen. Jetzt die Revision: Sven H. ist fein raus, und zwar ohne Geldstrafe.
Ähnlicher Fall
Vergleichbar sei die Entscheidung mit der Debatte um den Spruch „Soldaten sind Mörder“ aus den 80er Jahren, so Verteidigerin Gül Pinar. Das Zitat stammt ursprünglich von Kurt Tucholsky, das Verfassungsgericht hatte aber 1994 entschieden, dass es nicht zwingend eine Beleidigung äußere. Bezieht sich das Zitat auf das Soldatentum als Ganzes und keinen einzelnen Soldaten, ist es nicht strafbar.

https://www.mopo.de/hamburg/nach-schlaegerei-im-hsv-block-freispruch-fuer-polizei-hasser-24862502


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