Gefährlicher Minimalismus
Der Hamburger SV versucht, sich das 2:2 im Nordderby schönzureden. Doch gegen wen will der Tabellenletzte gewinnen, wenn nicht gegen diesen SV Werder?

Es war eine seltsame Mischung aus Enttäuschung und Zuversicht, die das Personal des Hamburger SV nach dem 2:2 im Nachbarschaftsduell mit dem SV Werder verbreitete. "Einfach schade" fand der neue Kapitän Gotoku Sakai den Umstand, dass es schon wieder nicht zum Sieg gereicht hatte für seine Mannschaft, zum zwölften Mal im zwölften Spiel. Der HSV ist weiter der einzige Klub der Bundesliga, der in dieser Saison noch nicht gewonnen hat, er bleibt Tabellenletzter. Doch die Leistung gegen Bremen sah Sakai positiv. "Wir haben über 90 Minuten echt gut gespielt, waren aggressiv dran und auch offensiv sehr mutig", sagte er.

Eine ähnliche Sichtweise vertrat sein Mitspieler Michael Gregoritsch, Schütze der beiden Hamburger Tore. Seine Gefühlswelt beschrieb er als "Mittelding zwischen Frust und Freude" und führte aus, dass die Partie Mut mache für die anstehenden Aufgaben. "Ich bin sehr, sehr guter Dinge, dass wir in den kommenden Wochen Punkte sammeln", berichtete er. Das 2:2 in Hoffenheim in der Vorwoche und jetzt das 2:2 im Derby deutete er als Signal, dass sich die Hamburger noch nicht aufgegeben haben. Im Gegenteil. "Es ist wichtig, dass wir leben. Dass wir da sind und Leidenschaft zeigen", sagte Gregoritsch.

Auch Trainer Markus Gisdol interpretierte die Leistung als Zeichen des Fortschritts. "Was die Mannschaft über weite Strecken angeboten hat, war in Ordnung. Darauf können wir aufbauen. Mit dem Ergebnis bin ich unzufrieden", sagte er. Die Hamburger waren sich einig in der Bewertung dieses Spiels.

Und sie lagen ja nicht ganz falsch. Einen Punkt geholt, immerhin. Schon wieder zwei Tore geschossen, auch in Ordnung. Der HSV scheint seine Harmlosigkeit nach vorne behoben zu haben. Nachdem die Mannschaft sieben Spiele lang überhaupt nicht getroffen hatte, gelangen ihr in den jüngsten drei Partien sechs Treffer.

Doch der Minimalismus der Hamburger ist gefährlich. Sie müssen langsam mal gewinnen, um zur Weihnachtspause nicht schon den Anschluss an die Konkurrenz verloren zu haben. Vier Punkte beträgt der Rückstand auf Werder auf dem Relegationsplatz. Und man fragt sich, wann und gegen wen der erste Sieg her soll, wenn nicht vor eigenem Publikum gegen diese Bremer. Gegen eine Mannschaft, die phasenweise vollkommen durcheinander wirkte, vor allem in der Abwehr, und deren Torchancen eher Zufällen entsprangen als einem Plan.

"Man hat gesehen, was für ein Spaß in der Truppe ist"

Bei den Hamburgern gibt es leichte Verbesserungen im Vergleich zu den ersten Wochen der Saison, auch zu den ersten Wochen unter Gisdol, das lässt sich nicht abstreiten. Die Spieler berichteten nach der Partie gegen Werder von einem neuen Mannschaftsgeist, von guter Stimmung auf dem Platz und in der Kabine. "Das ist schon ein Unterschied zu früher", sagte Sakai. Das Trainingslager in Barsinghausen, das Gisdol zu Vorbereitung auf das Derby einberufen hatte, war ein Erfolg aus Sicht der Beteiligten. "Man hat gesehen, was für ein Spaß in der Truppe ist. Es war wichtig, dass wir den Druck in Hamburg nicht mitbekommen haben und uns abschotten konnten", sagte Gregortisch. Doch der HSV ist nicht in der Lage, sich das befreiende Erfolgserlebnis zu verschaffen.

Bei den Bremern sieht es nicht viel besser aus. Immerhin, ihre Niederlagenserie haben sie gestoppt mit dem Remis, sie holten nach vier verlorenen Spielen mal wieder einen Punkt. Doch die Leistung, mit der dieser Mini-Erfolg gelang, war über weiter Strecken zweitligaverdächtig. Trainer Alexander Nouri konnte für seine Mannschaft in Anspruch nehmen, dass sie "zweimal zurückgekommen" sei durch die Treffer von Fin Bartels und Serge Gnabry. Er schloss daraus auf "einen guten Geist" im Team. Mehr Positives fiel ihm nicht ein zur Vorstellung der Seinen.

So verdichteten sich die Indizien, dass in dieser Saison nicht der HSV oder Werder bis zum Schluss gegen den Abstieg kämpfen muss wie in den vergangenen Spielzeiten. Sondern dass es für beide Klubs eng wird. Für den HSV und Werder.

https://www.spiegel.de/sport/fussball/ham...-a-1123260.html


Ich habe das Spiel gestern nicht gesehen, aber zum Teil das in Hoffenheim und ich frage mich wirklich, wie man es vollbringen kann eine solche Leistung schön zu reden. Gegen wen will man denn jetzt noch gewinnen?


.