HSV-Fanwut: "Da wurde eine Grenze überschritten"

Auf die Unterstützung ihrer Fans hatten sich die Fußballer des Hamburger SV in den vergangenen Jahren trotz überwiegend dürftiger Leistungen stets verlassen können. Das Volksparkstadion war zumeist bis auf den letzten Platz gefüllt, der Anhang ein nicht zu unterschätzender Faktor im Kampf um den Klassenerhalt. Nach dem 1:2 am Sonnabend gegen Bayer Leverkusen - dem zehnten sieglosen Spiel in Folge - war die Geduld einiger HSV-Fans jedoch aufgebraucht. Neben Pfiffen und anderen Unmutsbekunden gab es auch den Versuch einiger Chaoten von der Nordtribüne, den Platz zu stürmen. Ordner konnten sie mit vereinten Kräften davon abhalten.

Nicht minder unschön als der versuchte Platzsturm war ein Spruchband, mit dem einige Anhänger drohten: "Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt." Sportchef Jens Todt fand klare Worte. "Da wurde eine Grenze überschritten. Das können wir nicht tolerieren", sagte der 48-Jährige. Trainer Bernd Hollerbach stieß in dasselbe Horn: "Von solchen Plakaten distanziere ich mich natürlich. Die haben im Stadion nichts zu suchen."

Hollerbach: "Bin überzeugt, dass wir es schaffen"
Vorstandschef Heribert Bruchhagen betonte am Sonntag auf der Mitgliederversammlung des HSV e.V.: "Uns helfen solche Plakate in keiner Art weiter." Wer Fan sei, der stehe bis zur letzten Aktion hinter dem HSV, meinte der 69-Jährige weiter. Dazu gehöre auch das Worst-Case-Szenario. Denn mehr noch als die bis dato nur vereinzelte Fanwut bereitet den HSV-Verantwortlichen die sportliche Situation Kopfzerbrechen. Nie hatte das Erstliga-Gründungsmitglied in seiner Gesichte eine schwächere Punkteausbeute. 17 Zähler nach 23 Partien sowie sechs Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz schlagen für die Hanseaten zu Buche. Der erstmalige Abstieg scheint bei nüchterner Betrachtung der im bisherigen Saisonverlauf gezeigten Leistungen kaum noch abzuwenden. "Es hat eine Eigendynamik des Misserfolges eingesetzt, die ich nicht erwartet habe. Ich trage die Verantwortung", sagte Bruchhagen: "Ich bitte Sie um die Unterstützung in diesem schweren Kampf."

Nun warten zwei "Abstiegs-Endspiele"
Hollerbach will indes keine Zweifel am Erfolg seiner Rettermission aufkommen lassen. "Ich habe keine Angst. Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse. Ich bin trotzdem überzeugt, dass wir es schaffen. Aufgeben ist keine Option." Worauf sich der Optimismus des Nachfolgers von Markus Gisdol gründet, ist jedoch etwas schleierhaft. Der Kader scheint schlichtweg nicht Erstliga-tauglich zu sein. Und um das Selbstvertrauen ist es nach der langen Negativserie auch schlecht bestellt, wie der Hamburger Auftritt in den ersten 70 Minuten gegen Bayer zeigte. "Wir haben uns nichts getraut, haben schlampig gespielt. Mag sein, dass der eine oder andere junge Spieler Probleme mit der Situation hat", sagte Hollerbach.

Im Nordderby am kommenden Sonnabend bei Werder Bremen (18.30 Uhr) muss sein Team ein anderes Gesicht zeigen, will es den Befreiungsschlag schaffen. Eine Woche später gastiert dann in Mainz ein weiterer Club im Volkspark, der aktuell noch in Reichweite ist. Diese beiden Spiele dürften für die Hamburger schon vorentscheidend sein.

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