Neun Punkte Rückstand hatte Jahn Regensburg in der Winterpause auf den ersten Nichtabstiegsplatz. Eine schwere Hypothek und eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, müssten diese neun Zähler doch in 16 Spielen aufgeholt werden – in den 22 Partien zuvor holten die Ostbayern gerade einmal deren zwölf. Doch nach den ersten beiden Spieltagen der Rest-Rückrunde sieht es so aus, als würde sich der SSV Jahn anschicken, das Unmögliche zumindest in den Bereich des Möglichen zu schieben. Das 3:0 gegen Borussia Dortmund II und das 2:2 bei Hansa Rostock zeigen: Regensburg lebt noch!

Erster Auswärtspunkt seit sechs Monaten

Die Bilanz nach der Winterpause: Der höchste Saisonsieg, vier Punkte insgesamt und darunter der erste Auswärtspunkt seit einem halben Jahr (!) – erst das zweite Spiel in der Fremde überhaupt, das nicht verloren wurde. Zudem die ersten Punkte nach fünf Niederlagen in Folge für den neuen Trainer Christian Brand. Und die Defensive hielt; gegen Dortmund II stand die Null (auch erst zum zweiten Mal in der Saison) und in Rostock kassierte der Jahn kein Tor aus dem Spiel heraus. Der Rückstand auf Rang 17 ist auf fünf Zähler geschrumpft und das Umfeld schöpft Hoffnung. Ordentliche Leistung für den abgeschlagenen Tabellenletzten. Doch wie ist das zu erklären?

8 Spieler gingen, 8 Spieler kamen – doch der Jahn macht es besser als Saarbrücken

Jahn Regensburg hat im Januar einen Riesenumbruch vollzogen. Acht Spieler gingen, acht Spieler kamen – knapp 200.000 Euro hat Jahns Geschäftsführer und Sportchef für den Klassenerhalt in die Hand genommen. Gehen mussten vor allem Akteure, die die Erwartungen nicht erfüllten oder erfüllen konnten wie Stürmer Romas Dressler. Gekommen sind Spieler, die die Lücken im Kader qualitativ füllen und die Mannschaft in der Breite ordentlich aufstellen sollten.
Das kommt einem doch bekannt vor? Der 1. FC Saarbrücken machte in der vergangenen Saison eine ähnliche Shopping-Tour durch die Liga und darüber hinaus, dabei standen die Saarländer „nur“ fünf Punkte vom ominösen Strich entfernt. Doch es klappte nicht, trotz einem rundum erneuerten Kader verlor der FCS die ersten drei Spiele nach der Pause – der Rückstand von dann neun Zählern konnte nicht mehr aufgeholt werden. Die Oberpfälzer sind im Gegensatz dazu positiv in die restliche Rückrunde gestartet und gehen mit ordentlichem Rückendwind die nächsten Aufgaben an.

Trainer Brand: “Den Qualitätsschub merkt man im Training!”

Denn: Die Neuzugänge schlugen bisher ein. Marvin Knoll (Sandhausen) war unermüdlicher Antreiber gegen den BVB II, Marco Königs (Wehen) sorgte offensiv für Gefahr und traf in Rostock, Marcel Hofrath (Chemnitz) belebt von der Außenverteidigerposition das Spiel, bereitete einen Treffer vor und traf einmal selbst. Kolja Pusch (Chemnitz) traf als Joker, brachte bei seinen Einwechslungen frischen Wind. Lediglich Keeper Richard Strebinger (Werder Bremen) offenbarte Schwächen in der Strafraumbeherrschung, die aber folgenlos blieben. Beim Strafstoß des F.C. Hansa agierte er ungeschickt – bewies aber auch zweimal glänzend, dass er es kann und dem Jahn ein stabiler Rückhalt sein könnte. Dabei waren noch nicht einmal alle Neuzugänge am Ball! Mit Aykut Öztürk, Hannes Sigurdsson und Adli Lachheb konnten krankheits- und verletzungsbedingt drei Erfahrene noch nicht mitwirken. Im Gegensatz zu den Sommertransfers (Keller: „Ich habe einige Fehler gemacht.“) hatte der Sportchef nun eindeutig den besseren Blick für die Spieler, die dem Jahn weiterhelfen können. „Den Qualitätsschub merkt man im Training!“, attestiert Trainer Brand. Kernkriterium der Neuzugänge: „Alle Zugänge wissen genau, dass es in Regensburg um die sportliche Existenz des Vereins und teilweise auch um ihre eigene berufliche Zukunft geht. Wir haben einige Spieler geholt, die am Rande des Transferkarussells standen oder sogar schon runtergefallen waren“, so Keller.

Regensburg ab sofort im Fight Modus

Existenzkampf. Die Neuzugänge passen so perfekt zur neuen Mentalität in Regensburg: Sportlicher Leiter und Trainer erklärten alle restlichen Saisonspiele zu „Pokalspielen mit K.-o.-Charakter“. Es scheint zu funktionieren, gegen Dortmund und Rostock gab es überzeugende Leistungen, vor allem im kämpferischen Bereich. Zwei überstandene „Pokalfights“ geben Kraft für die weiteren Aufgaben und die Anfangserfolge geben merklich Rückenwind: „Wir sind wieder ein Team!“, merkte Mittelfeldmann Thomas Kurz an und Jahns Sportchef lobt, dass sich die Mannschaft trotz zwei vergebener Führungen nicht den Punkt hat nehmen lassen: „Die Moral der Mannschaft ist herausragend!“ Kaum einer wird anderer Meinung sein, wenn behauptet wird, dass der SSV dieses Spiel in der Hinrunde noch verloren hätte. Noch vor der Winterpause hat sich die Jahnelf nach einer 2:0-Führung beim ersten Gegentor so aus dem Konzept bringen lassen, dass das Spiel binnen acht Minuten verloren wurde. Diese Angst gab es in Rostock nicht mehr – der Abstiegskampf wurde also endlich angenommen.

Klassenerhalt jetzt kein Selbstläufer: Nur der erste Schritt ist getan

Alles in allem natürlich kein Grund, den Klassenerhalt schon als eingetütet zu betrachten. Diese beiden Spiele gegen Dortmunds U23 und Hansa Rostock waren Grundvoraussetzung, dass an den Ligaverbleib real geglaubt werden darf – der erste Schritt ist getan! Es ist noch ein weiter, 14 Spiele andauernder Weg, um das Unmögliche, das noch nie Dagewesene zu schaffen. Denn mit solch einer schwachen Hinrunde hat noch kein Team den Klassenerhalt in der 3. Liga geschafft. Aber wenn kontinuierlich weitergearbeitet, jedes Spiel im Fight Modus angegangen wird, wenn die Neuzugänge ihre offensichtliche Stärke dauerhaft unter Beweis stellen und sich nicht als Eintagsfliegen entpuppen, dann hat der SSV Jahn Regensburg bis zum letzten Spieltag im Kampf um den Klassenerhalt ein Wörtchen mitzureden.

Quelle: liga3-online.de