Durchhalteparolen und Drumherumgerede mag er nicht. Grégory Lorenzi sagt lieber klipp und klar, was er denkt. Die Chancen, dass der SSV Jahn Regensburg den Klassenerhalt noch schafft? „50:50“. Ein Sieg gegen VfB Stuttgart II? „Zwingend notwendig.“ Wenn das nicht klappt? „Dann ist der Klassenerhalt zwar rechnerisch noch möglich, aber realistisch gesehen wird es extrem schwierig.“

Mit Abstiegskampf kennt sich Lorenzi aus. Den hat der 31-jährige Franzose, der im Oktober, nachdem er zuvor schon seinen Vertrag beim belgischen Zweitligisten RAEC Mons gelöst hatte, zum Team stieß, in seiner Karriere schon mehrmals ausgefochten. Dass er bis zum Schluss kämpft, steht außer Frage. Er will „in den Spiegel sehen“ können, aber vormachen will er sich auch nichts. Das gilt im übrigen auch für seine Position. Nachdem er anfangs als linker Außenverteidiger auflief, überzeugte Lorenzi in den vergangenen beiden Partien als Innenverteidiger. „Meine beste Position“, sagt er. „Die Position, auf der ich spielen möchte.“ Weil er immer versucht, Situationen auf dem Platz spielerisch zu lösen, hat er schon einen Spitznamen bekommen. Die Mannschaftskollegen nennen ihn „le monsieur“ (der Herr).

Mit seiner Insel gegen Matthäus

Mit dem Fußball ging es für Lorenzi früh los. Mit fünf Jahren begann er in einer Jugendmannschaft des SC Bastia, dem größten Club seiner Heimatstadt auf der Insel Korsika. Sein Vater war damals der Vizepräsident des Vereins. Schon mit 14 Jahren wechselte Lorenzi aufs französische Festland. Er wurde auf der Fußballschule des FCNantes aufgenommen. Den ersten Profivertrag unterschrieb er 2003 beim belgischen Erstligisten Excelsior Mouscron. Es folgen Jahre als Spieler in der ersten und zweiten französischen Liga bei Stade Brest, dem AC Arles-Avignon und – ein Kindheitstraum für den stolzen Korsen – dem SC Bastia.

Den Vorurteilen nach gelten die Korsen als Typen der rauen, wortkargen Sorte. Dieses Vorurteil trifft auf Lorenzi nicht zu. Er ist vielmehr ein ausgesprochen redseliger und freundlicher Gesprächspartner. Einem anderen Vorurteil wiederum entspricht er voll: Er ist zum Bersten stolz auf „seine Insel“. „Zuerst bin ich Korse, dann Franzose“, sagt Lorenzi. Das Wappen der Insel – ein Mohrenkopf mit krausem Haar und weißem Stirnband – trägt er in der korsischen „Nationalmannschaft“ auf der Brust. Offiziell anerkannt ist die Regionalauswahl nicht, aber es werden hin und wieder Freundschaftsspiele ausgetragen. Ehrensache für Lorenzi mitzuspielen. Beispielsweise 2011 gegen Bulgarien, damals trainiert von Lothar Matthäus. Korsika gewann übrigens 1:0.

Bratwürste und Bier schon probiert

Insofern kann Lorenzi das Selbstbewusstsein der Bayern und der Oberpfälzer gut verstehen. Mehr noch: Es gefällt ihm. Egal, in welcher Stadt er gespielt habe, es sei ihm immer wichtig gewesen, die lokale Bevölkerung kennenzulernen, erzählt er. Deshalb habe er sich stets eine Wohnung im Stadtzentrum gesucht. Das Problem bei der Integration in Regensburg: Es ist mühsam die Sprache zu lernen. „Deutsch ist schwierig“, bedauert er. Gelernt hat er immerhin schon, dass Deutsch nicht gleich Deutsch ist. Als der Mannschaftsbus an einer Autobahnraststätte in Norddeutschland hielt, grüßte er wie im Unterricht gelernt mit „Grüß Gott“ – und blickte in verwirrte Gesichter. „Dann hat man mir erklärt, dass man das nur in Süddeutschland sagt.“

Auch an die bayerische Küche hat sich Lorenzi bereits herangewagt. Bratwürste hat er zum Beispiel probiert. „Die sind ein bisschen fett, aber gut“, urteilt er. Bei einem Ausflug nach München war er im Hofbräuhaus und bestellte ein Bier, nicht wissend, dass er einen ganzen Liter bekommt. Dabei meide er eigentlich den Alkohol. Auch ein ausschweifendes Nachtleben ist seine Sache nicht. An spielfreien Tagen gehe es um Erholung und darum, auch an etwas anderes zu denken als den Fußball. Lorenzi liest gerne Romane. Marc Levy ist ein Autor, den er mag. Der 31-Jährige bekräftigt, dass er sich für viele Dinge interessiert. Weil er für ein Leben nach der Karriere breit aufgestellt sein will, hat er Fernkurse belegt. Das Immobiliengeschäft findet er spannend. „Aber ich habe auch schon ein paar Trainerscheine gemacht“, schiebt Lorenzi nach. Viele Möglichkeiten. Bislang aber nur eine Gewissheit: Er will dann mehr Zeit mit der Familie auf Korsika verbringen.

Quelle: mittelbayerische.de