Selten zuvor war der Blick nach vorne beim SSV Jahn Regensburg von größerer Bedeutung. Nach der 0:3 (0:1)-Niederlage bei Preußen Münster am Samstag ist die Aufbruchstimmung, die beim Oberpfälzer Fußball-Drittligisten entfacht worden war, schon wieder dahin – auch wenn man vor dem Auftritt in Westfalen realistischer Weise mit einer Pleite des Schlusslichts beim neuen Tabellendritten rechnen musste. Vor 8509 Zuschauern im Preußenstadion war nach den Toren von Marcus Piossek (39.) und Amaury Bischoffs Doppelpack (62./85. Foulelfmeter) letztlich nur das Erwartbare eingetreten.

Die wirkliche Katastrophe aus Regensburger Sicht ereignete sich zeitgleich gut 400 Kilometer südöstlich in Dresden, wo mit der SG Sonnenhof Großaspach einer der ärgsten Konkurrenten des Jahn im Kampf um den Klassenerhalt Dynamo Dresden mit 1:0 bezwang und somit die Sorgen von Jahn-Coach Christian Brand und seiner Mannschaft schlagartig potenzierte. Denn dass Großaspach auf dem ersten Nichtabstiegsplatz nun sieben Punkte Vorsprung auf die Regensburger hat, ist nur die halbe Wahrheit.

Die ganze Wahrheit werden die Anhänger des Jahn erst am Mittwoch erfahren, wenn Großaspach zum Nachholspiel bei der ebenfalls abstiegsbedrohten Borussia Dortmund II antritt. Im schlimmsten Fall könnte bei einem Sieg von Großaspach der Abstand zum rettenden Ufer für die Oberpfälzer zehn Punkte betragen - bei nur noch zehn Saisonspielen wohl die Vorentscheidung mit Abstiegskampf.

Palionis: „Das wirft uns nicht um!“

„Das wirft uns nicht um“, hatte Jahn-Kapitän Markus Palionis noch unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Münster gesagt. Ob er da auch schon von den schlechten Nachrichten aus Dresden wusste – und dass auch Borussia Dortmund II ein Pünktchen gegen Tabellenführer Arminia Bielefeld gehamstert hatte? Sei es, wie es will. An der Einstellung mangelte es Palionis und seinen Kollegen weder am Samstag, noch darf man davon ausgehen, dass dies in den verbleibenden Partien der Fall sein könnte.

Als Problem gegen die Preußen erwies sich etwas anderes. Es fehlte dem Jahn an der Portion Mut, die es braucht, um gegen einen übermächtigen Gegner für eine Überraschung zu sorgen. Denn wenn auch das blanke Ergebnis anderes vermuten lässt, so war festzuhalten, dass Münster keinesfalls übermächtig war. Im Gegenteil: Die Westfalen wirkten gerade hinten sehr anfällig.

Der Jahn stand gut gestaffelt und versuchte, den Gegner im entscheidenden Moment zu stören. „40 Minuten lang haben wir das ziemlich gut gemacht“, befand Brand nach dem Spiel. Auch ihm war aufgefallen, dass die Anhängerschaft der Preußen allmählich unruhig geworden war. Das lag daran, dass das Tabellenschlusslicht mehr Chancen produzierte als den Westfalen lieb sein konnte.

Die dickste hatte Aias Aosman in der 32. Minute, als er zunächst zwei Gegenspieler austanzte und dann den Ball an die Querlatte setzte. Er zeigte dabei jenes Selbstvertrauen, das man sich am Samstag häufiger von ihm und seinen Kollegen gewünscht hätte. Auch der erneut emsig arbeitende Königs tauchte wiederholt vielversprechend vor dem Tor der Münsteraner auf. Ein Konter nach schnellem Ballgewinn, bei dem sich der Stürmer scheute, ins Eins-gegen-Eins zu gehen, und stattdessen lieber aus viel zu großer Distanz abzog, war beispielhaft für das rot-weiße Manko. „Es gab tatsächlich heute Phasen, da hätte ich mir mehr Mut von meinen Spielern gewünscht“, räumte Brand ein.

Auch weniger Fehler, wie sie beim ersten Gegentor durch Piossek kurz vor der Halbzeit zu beobachten waren, hätte sich der Jahn-Coach gewünscht. Da war der Defensivverbund zu lethargisch, verpasste es gleich mehrfach, den Ball zu klären und überließ dem Schützen aus gut 16 Metern den freien Schuss.

Gewillt, doch noch für eine Überraschung zu sorgen, kehrten die Rot-Weißen aus der Halbzeitpause zurück. Doch Schiedsrichter Marcel Göpferich erwies sich als Traumtöter und ließ Oliver Hein bei seinem Comeback zur tragischen Figur werden. Nachdem er Hein schon in Halbzeit eins für ein Allerweltsfoul an der Mittellinie Gelb gezeigt hatte, wollte der Unparteiische in der 62. Minute am Strafraumeck ein Foul Heins an seinem Gegenspieler gesehen haben, das jedoch so von den TV-Bilder nicht belegt werden konnte.

Doppelte Bestrafung

Dennoch gab es Gelb-Rot für den Regensburger und im Nachgang gleich noch die doppelte Bestrafung, weil Bischoff den Freistoß zum 2:0 in den Torwinkel zirkelte. Mit einem Mann weniger und zwei Toren Rückstand hatte das Schlusslicht nicht mehr viel entgegen zu setzen. Bischoffs zweiter Treffer per Foulelfmeter, den Adli Lachheb an Piossek verwirkt hatte, war letztlich nur noch reine Statistik.

Mit Blick auf die Nachholspiele könnte dem Jahn nun also angst und bange werden. Mit Blick auf die weiteren Spiele sollten die Regensburger diese Angst aber auch schnellstens wieder ablegen. Denn wie formulierte es Thomas Kurz nach dem Spiel so treffend: „In unserer Situation muss man keine Angst mehr haben!“ In der Tat: Wer nichts mehr zu verlieren hat, kann eigentlich nur noch gewinnen.


Quelle: mittelbayeriche.de