Bundesliga

VfB feuert wohl Trainer Jens Keller



Selten hatte Hilflosigkeit so viele Gesichter wie am Freitagabend im Innern der WM-Arena in Hannover. Der VfB Stuttgart hatte gerade gegen Hannover 96 mit 1:2 verloren, die Lage im Kampf gegen den Abstieg ist damit noch prekärer geworden und die, die das zu verantworten hatten, rangen nach Erklärungen – ohne welche zu finden. Philipp Degen, der Rechtverteidiger stammelte nur, ihm würden die Worte fehlen. Christian Gentner, der Mann mit Führungsanspruch, flüsterte, dass die Mannschaft eigentlich gewusst hatte, um was es geht. Und wenig später empfahl Cacau, der Nationalstürmer, sich und seinen Jungs, doch mal bitte zu überlegen, ob sie gemeinsam als Team überhaupt funktionieren. Wobei die Antwort längst gegeben war. Die Partie gegen Hannover 96 war eine der wichtigsten gewesen in der jüngeren Vereinsgeschichte des VfB Stuttgart, weil sich so langsam die Existenzfrage in Sachen Bundesliga stellt. Und für den Cheftrainer Jens Keller war es das Finale: Siegen oder fliegen.

Freitag hält sich Bobic noch bedeckt

Man hätte Grundsätzliches also erwarten dürfen – doch die Roten boten zumindest eine Halbzeit lang nicht einmal die Basis dessen, was es im Kampf gegen den Abstieg braucht: Einsatz, Kampfgeist, innere Überzeugung, Leidenschaft – und das hat Konsequenzen. Fredi Bobic, der Sportdirektor der Roten wehrte sich am Freitagabend noch gegen die Beantwortung der Trainerfrage, am Tag danach aber gab es kein Vertun. Mit der Niederlage in Hannover hat Jens Keller seine Chance verwirkt, der zarte Aufschwung ist längst Vergangenheit, der gebürtige Stuttgarter wirkt ratlos und leer an Zuversicht und innerem Feuer. Das Risiko, einfach weiterzumachen ist damit viel zu groß. Also war schnell klar: Mit Keller geht es nicht mehr weiter, er wird den Verein verlassen.

Labbadia unterschreibt wohl am Sonntag

Am Samstagvormittag tagte die VfB-Führungsriege stattdessen schon mit dessen potenziellem Nachfolger. Sein Name: Bruno Labbadia. Es war nicht das erste Treffen der Parteien, der VfB war auf ein erneutes Scheitern vorbereitet, nun ging es bereits um Details des Kontraktes, den Labbadia, der Co-Trainer Eddy Sözer mitbringen wird, wohl schon am Sonntag unterschreiben wird. Der VfB drängte auf einen Vertrag bis Saisonende mit der Option zur Verlängerung um ein Jahr im Falle einer erfolgreichen Zusammenarbeit bis dahin. Herrscht darüber Einigkeit, folgt am Sonntag eine erste Trainingeinheit unter dem neuen Coach sowie die Vorstellung Labbadias auf einer Pressekonferenz. So ist der Plan – viel wichtiger aber ist, was diesem Sonntag folgt. Denn der Blick auf die Mannschaft ist ebenso besorgniserregend wie das Studium der Tabelle, in der die Roten den Anschluss an die Nichtabstiegsränge schon verloren haben.

Labbadia muss wieder echtes Team formen

„Es geht um die Zukunft des Vereins“, hat Cacau richtigerweise festgestellt. Und Bruno Labbadia soll sie sichern. Was eine Herkulesaufgabe ist. Die Aufgabenliste jedenfalls ist lang – und Prioritäten gibt es nicht. Alles muss besser werden. Und zwar schnell. Labbadia muss vorangehen, muss überzeugend sein, muss die Unsicherheit verdrängen und Zuversicht vorleben, muss die negativen Gedanken verbannen und neue Begeisterung wecken. Kurz: Er muss den Spielern den Glauben zurückgeben. Und: Er muss aus dieser Horde mehr oder weniger begabter Einzelkämpfer, die in dieser Runde bereits den zweiten Trainer verschlissen hat, wieder ein echtes Team formen. Dazu kommt: Bruno Labbadia muss auch noch Zweifel an seiner eigenen Person wegwischen. Schließlich hat der Coach aus Darmstadt zwar Erfolge als Trainer vorzuweisen. Sowohl in Leverkusen, als auch in Hamburg, seinen beiden Bundesligastationen als Trainer, hielt die Phase des erfolgreichen Miteinanders aber jeweils nur gut ein halbes Jahr. Den Nachweis, eine Mannschaft in Not aus dem Keller führen zu können, hat der ehemalige Stürmer auch noch nicht erbracht.

Was für Bruno Labbadia spricht? Nach allem, was man hört, hat sich der Coach äußerst kritisch mit den Gründen seines Scheiterns bei Bayer und beim HSV auseinandergesetzt – und Lehren daraus gezogen. Für den VfB Stuttgart kommt es nun darauf an, dass es die richtigen sind. Einen erneuten Fehlgriff kann sich der Club nicht leisten – sonst steht am Ende dieser Saison der erste Abstieg aus der Bundesliga seit 1975.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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