Glücksspielvertrag gerät unter Beschuss

Frankfurt. Der erst Anfang 2008 von den Bundesländern abgeschlossene Glücksspielvertrag gerät heftig unter Beschuss. Der Vertrag zementiert das Monopol des Staates bei Sportwetten und Glücksspielen und schließt private Konkurrenz aus. Jetzt hat der juristische Dienst des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu diesem Gesetzeswerk eine Analyse verfasst, die einer Ohrfeige gleichkommt. Demnach droht Deutschland im Ernstfall eine Millionenstrafe.


In ihrem Schriftsatz für den EuGH, der sehr häufig der Meinung der Fachleute folgt, kommt der juristische Dienst im Kern zu dem Ergebnis, die deutsche Glücksspielpolitik sei in sich selbst widersprüchlich; die in der europäischen Rechtsprechung festgelegten Kriterien der Kohärenz und Systematik seien nicht erfüllt.


Insbesondere prangern die EU-Spezialisten an, dass in Deutschland private Unternehmen keine Wetten auf Fußball-Ergebnisse anbieten dürfen, bei Pferdewetten Privatanbieter aber zugelassen sind – und beim Aufstellen von Glücksspielautomaten in Kneipen auch.


Der Europäische Spiel- und Wettverband (EABG), ein Zusammenschluss von acht führenden, in Europa tätigen privaten Wettanbietern, hat am Rande des europäischen Sportministertreffens in Biarritz/Frankreich zudem eine Marktanalyse der in London beheimateten Agentur Sportsbusiness vorgestellt. Dort wurden unter anderem die Geldflüsse aus Wettunternehmen an Breiten- und Leistungssport verglichen. Zur Marktanalyse dienten Großbritannien, wo private Wettunternehmen zugelassen sind, und Frankreich, wo der Staat via der Gesellschaft Francaise des Jeux ähnlich wie Deutschland auf einem Monopol beharrt, um Spieler vor Spielsucht zu schützen und den Jugendschutz zu beaufsichtigen.


Die Studie kommt zu verblüffenden Ergebnissen. Danach fließen in England mehr Gelder in die Förderung des Breitensports als im monopolisierten Frankreich. Konkret ausgedrückt: In Frankreich erhielt jeder der untersuchten Verbände im Schnitt 4,8 Millionen Euro aus Mitteln der Lotterie, 33,3 Prozent flossen dabei in den Breitensport, der Rest in den Topf des Leistungssports. In Großbritannien profitierten die Sportverbände im Schnitt von Zuwendungen in Höhe von 6,4 Millionen Euro, wovon 56,3 Prozent dem Breitensport zuflossen.


Auf der Insel flossen im Zeitraum 2004 bis 2007 je 4,5 Prozent des staatlichen Lotterieumsatzes in den Sport, in Frankreich nur 3, 8 Prozent. Sigrid Ligne, Generalsekretärin der Egba: «Diese Ergebnisse bestätigen, dass ein fairer Marktzugang für in der EU zugelassene Online-Betreiber von Sportwetten keine Bedrohung der bestehenden Einkommens- und Finanzierungsströme für den Sport darstellt.»sid

Quelle: http://www.rhein-main.net/sixcms/detail.php/rmn01.c.5378268.de/v2_rmn_sport_actual_article

So ganz in trockenen Tüchern ist der Glücksspielstaatsvertrag also doch nicht hauen


"Fußballmannschaften verhalten sich wie schwach radioaktive Quellen, nur senden sie keine Strahlen aus, sondern Tore." (Metin Tolan)