Der Staat definiert Poker einerseits als Glücksspiel, andererseits will er Steuern abschöpfen

Wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich berichtete, soll das Finanzamt in jüngster Zeit vermehrt professionelle Pokerspieler ins Visier genommen haben. Laut der Zeitung sollen die Pros postalisch aufgefordert worden sein, ihre „Gewinne" - die wie Umsätze von Gewerbetreibenden behandelt werden - zu versteuern. Der Bonner Rechtsanwalt Robert Kazemi, bei dem sich inzwischen schon mehrere Spieler gemeldet haben, habe dies wie folgt kommentiert: "Wenn die so viel verdienen, wieso bekommen wir (das Finanzamt, Anm.d.Verf.) nichts davon ab?"

Es wird vermutet, dass das Finanzamt Online-Seiten wie hendonmob.com systematisch abarbeitet und jeden dort gelisteten Spieler anschreibt, der aus Deutschland kommt.

Im Internet wird sich beispielsweise über "Pickelpartisanen" aufgeregt, junge Leute, die mit ihren Gewinnen auf Online-Foren prahlen und damit "schlafende Hunde" wecken. Weshalb ein anderer User einfach sagt: "Haltet einfach den Mund - und gut ist es". Aus gutem Grund: Finanzbeamte sind keine Außerirdischen, sondern ebenso im Internet unterwegs wie Millionen andere Deutsche auch. Und einige davon werden sicherlich online als Freizeitvergnügen pokern.

Die Finanzämter geben aufgrund des Steuergeheimnisses keine Auskünfte, es sei aber grundsätzlich so, dass professionelle Pokerspieler mit ihren Gewinnen Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb erzielen, die versteuert werden müssten.

Weshalb die größte Aufregung vermutlich auch bei den Spielern herrscht, die semiprofessionell oder als Freizeitvergnügen pokern und zum Teil nicht unerhebliche Gewinne erzielen. Dies kann von wenigen tausend Euro im Jahr bis zu mehreren Hunderttausend reichen.

Dennoch bringt sich der Staat selbst in die Klemme. Rechtsanwalt Kazemi: "Er definiert Poker einerseits als Glücksspiel, um sich die Monopolgewinne im Casino zu sichern, andererseits will er Steuern abschöpfen und es als Geschicklichkeitsspiel einstufen." Da beides einander ausschließt, sieht der Anwalt auch keine rechtliche Grundlage, Pokergewinne zu besteuern.

"Kann ein Pokerspieler künftig mit Spielverlusten seine Einkommensteuer aus dem Beruf senken?", fragt Kazemi. Denn wenn der Staat anfinge, Pokergewinne zu versteuern, könnte der Spieler natürlich auch alle Kosten geltend machen und absetzen. Flüge, Hotel-rechnungen, Buy-Ins und natürlich die Verluste würden die Steuerlast senken.

Rechtsanwalt Kazemi hat deshalb für einen Mandanten an das Finanzamt geschrieben, dass man sich nicht verpflichtet sehe, Angaben zu machen, da es sich nicht um versteuerbare Gewinne handelt.

Ein Spieler, der Ende letzten Jahres Post vom Finanzamt bekommen hatte und rund eine halbe Million Euro (rückwirkend bis 2003) Umsatz- und Einkommensteuer nachzahlen sollte, hat sich ebenfalls an das Finanzamt gewandt und angeführt, dass Poker ein Glücksspiel sei und Gewinne aus Glücksspielen nicht versteuerbar wären. Durch die hohe Anzahl an guten Spielern zähle heutzutage fast nur noch das Glück und nicht das Können. "Das ist nicht wie beim Tennis, wo immer Roger Federer gewinnt."

Quelle: https://www.gx-world.com/de/features/poke...schepfen1..html


"Fußballmannschaften verhalten sich wie schwach radioaktive Quellen, nur senden sie keine Strahlen aus, sondern Tore." (Metin Tolan)