Fast täglich Hilferufe wegen Spielsucht

Große Nachfrage bei Beratungsstelle der Caritas


Vom 08.02.2008

Von Roland Keth

"Wer spielt, sollte eins wissen: Was am Geldspielautomat abläuft, ist kein Zufall. Der Automat ist so programmiert, dass ein Spieler auf Dauer durchschnittlich 30 Euro in der Stunde verliert." Mit diesen und ähnlichen Informationen warnen Suchtberatungsstellen sehr eindringlich, auch nur den Fuß in eine der gerade auch in Worms wie Pilze aus dem Boden schießenden Spieletempel zu setzen. Als Außenstehender fragt man sich ohnehin, wieso derart viele "Spielhöllen" existieren können.

Mirko von Bothmer, Suchtberater bei der Caritas, wundert sich da schon weniger. Genaue Zahlen für Worms kennt allerdings auch er nicht. "Laut aktueller Suchthilfestatistik gibt es 120000 bis 180000 behandlungsbedürftige Spielsüchtige in Deutschland", kann von Bothmer nur mit einer bundesweit gültigen Zahl dienen. Der Fachverband Spielsucht gehe sogar von bis zu 400000 "Zockern" aus, ergänzt der Suchtexperte und versucht noch einmal auf anderem Weg eine Annäherung. "0,6 Prozent der Bevölkerung sind betroffen, Männer häufiger als Frauen." Auf Worms mit seinen rund 80000 Einwohnern hochgerechnet hieße das: 480 Einwohner in der Nibelungenstadt sind abhängige Glücksspieler - eine erschreckende Zahl, die aber noch zu tief gegriffen sein könnte, "da die Dunkelziffer extrem hoch ist", wie von Bothmer weiß.

Noch einmal: Amtlich bestätigen kann diese Zahlenspiele niemand bei der Caritas. Aber: "Wir haben eine extrem hohe Nachfrage. Fast täglich ruft jemand bei uns deswegen an", berichtet der 40-Jährige, der die Spielesüchtigen zusammen mit seiner Kollegin Heiko Sohl zu betreuen versucht.

Das Hauptproblem: Drogen- oder Alkoholsucht sind bekannte Phänomene, hier existieren bereits gut strukturierte Netzwerke für die, die sich helfen lassen wollen. Im Bereich Spielesucht gibt es bislang freilich nur sehr wenige Beratungsstellen, in unserer Region nur in Worms, Neustadt und Kaiserslautern.

80 Prozent aller "Zocker" sind Automatenspieler. Und obwohl die Spielsucht dafür empfängliche Menschen in den Ruin treiben kann, ist es nicht verboten. Das liege, so von Bothmer, sicher daran, dass der Staat ein erkleckliches Sümmchen mitverdient. Und dann sind die gesetzlichen Auflagen für "Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit" relativ lasch: 20 Cent maximaler Einsatz pro Spiel, zwei Minuten Laufzeit, 60 Prozent Gewinnausschüttung und nur Spieler, die über 18 Jahre alt sind - wer dies erfüllt, handelt nicht illegal.

Von einem Verbot hält von Bothmer übrigens wenig. "Es würde dann die große Gefahr bestehen, dass alles in die Illegalität abgleitet." Da der Staat jedoch mitverdiene, sollte er seine Einnahmen in die Präventionsarbeit stecken. "Außerdem sollte man eine ChipKarte einführen, die man vor jedem Spiel in den Automaten stecken muss. Spielsüchtige könnte man dadurch sperren", glaubt der Caritas-Experte, "das ist ganz leicht umsetzbar."

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Hilfe für Zocker

Die Caritas bietet in Worms eine angeleitete Gruppe für Glücksspielsüchtige an. Sie wird betreut von den beiden Suchttherapeuten Heiko Sohl und Mirko von Bothmer.

Treffpunkt ist immer dienstags von 17.30 bis 19 Uhr im Caritas-Haus Jona, Gießenstraße 2.

In dieser Gruppe finden sich abstinente Ex-Spieler wie Dieter W., aber auch Menschen, die ihre Sucht noch nicht im Griff haben.

Kontakt: Telefon (06241) 206170. Weitere Infos über www.caritas-worms.de.

Glücksspielsucht ist seit 2001 von Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern als Krankheit anerkannt. Glücksspielsüchtige können also ambulante und/oder stationäre Behandlung in Anspruch nehmen.


Quelle


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Immer wieder:

80 % der Spielsüchtigen sitzen vor diesen idiotischen Automaten - die Heuchelei unseres Staates ist grandios!

Dieser Staat unternimmt bei den Geldspielautomaten absolut nichts, im Gegenteil werden ständig neue Spielotheken eröffnet.

Es geht also nur ums Abkassieren - deshalb ist der Glücksspielstaatsvertrag ohnehin Makulatur.