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Glücksspiele

Nordwest Lotto und Toto Schleswig-Holstein meldet Umsatzeinbußen bei Oddset


Das Geld fließt ins Ausland


Die Geschäfte mit den Sportwetten gehen seit Einführung der (kostenlosen) Kundenkarte erheblich zurück.

Von Hans-Eckart Jaeger

Norderstedt -
"Was kann ich für Sie tun", fragt Dieter Frey (59). Vor dem Tresen im Tabakgeschäft Haack im Herold-Center steht Michael K. Er will eine Sportwette abgeben und hat mehrere Felder auf einem Oddsetschein angekreuzt. "Es tut mir leid", sagt Dieter Frey. "Sie müssen erst eine Kundenkarte beantragen. Das ist kostenlos."

Auf Grund der gesetzlichen Vorgaben zur Spielsuchtpräventation ist die Teilnahme an Sportwetten Oddset und Toto (6 aus 45) sowie an der täglich ausgespielten Lotterie Keno in einer Annahmestelle von Nordwest Lotto und Toto nur dann noch möglich, wer im Besitz einer sogenannten Lotto-Card ist.

Wonach wird auf dem Formular gefragt?: Name, Geburtsdatum, Straße, Wohnort, Telefonnummer, Kontonummer, Name des Kreditinstitutes, Bankleitzahl, Datum und Unterschrift - alles muss ausgefüllt werden, sonst darf nicht gewettet werden. Auch der Personalausweis gehört auf den Tresen.

Michael K. lehnt höflich ab und verlässt das Geschäft.

"Das Geschäft mit den Sportwetten ist härter geworden und eindeutig rückläufig", sagt Dieter Frey. Um gegenzusteuern, rät Nordwest-Lotto-Sprecher Klaus Scharrenberg (Kiel): "Wir wollen, dass die Mitarbeiter der Annahmestellen eine beratende Tätigkeit übernehmen, Wetten nicht um jeden Preis verkaufen."

Die jüngsten Umsatzzahlen für Schleswig-Holstein sind, was die staatlichen Sportwetten-Einnahmen betrifft, in der Tat alarmierend: Das Minus bei Oddset, Toto und Keno betrug im ersten Halbjahr 2008 gegenüber dem Vorjahr 38 Prozent (1,8 Millionen Euro).

Zum Vergleich: In Hamburg wurden knapp 19 Prozent weniger verwettet. Scharrenbergs Kollegin Birte Engelken von Nordwest Lotto und Toto am Überseering in Hamburg sagt: "Die Lottoannahmestellen in der Hansestadt haben sich anfangs sehr schwer getan, den Kunden die Lotto-Card zu vermitteln. Die Umsätze brachen sofort ein."

Klaus Scharrenberg warnt allerdings davor, den Umsatzrückgang allein wegen der Sportwetten festzumachen: "Wir müssen das Problem globaler angehen."

Die staatlichen Lottogesellschaften, so will es das Gesetz, dürfen keine Eigenwerbung mehr betreiben. Auf den Broschüren heißt es: "Lotterien und Wetten sind Glücksspiele. Lassen Sie das Spielen nicht zur Sucht werden!" Und weiter: "Die Teilnahme am Spiel- und Wettgeschäft ist für Personen unter 18 Jahren nicht zulässig." Mit solchen Formalien gibt sich die (private) Konkurrenz nicht ab. In den letzten Jahren sind Zigtausende von Wettläden wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ihre Geschäfte gelten als illegal, aber sie finden Gesetzeslücken. Entweder seien sie an konsessionierte Anbieter von Sportwetten im EU-Ausland gebunden (und leben von Provisionszahlungen) oder sie hätten noch eine Erlaubnis aus DDR-Zeiten. Die Richter in den 16 Bundesländern haben bis heute unterschiedliche Urteile verkündet, und deshalb machen die "Privaten" munter weiter. "Betfair" meldete gerade eine Millionen registrierte Kunden. Übers Internet bieten Wettvermittler meist wesentlich höhere Quoten wie staatliche Anbieter.

Im Wettladen am Herold-Center, nur einige Schritte von der Polizeistation entfernt, herrscht gute Laune. Michael K. tritt ein und fragt nach Sportwetten. "Klar", antwortet einer der Mitarbeiter, "bei uns brauchen Sie keine Kundenkarte."

erschienen am 10. Juli 2008