Kaum sind sie geschlossen, öffnen Wettbüros unter neuem Betreiber

Gewerbefreiheit hebelt Aktionen des Ordnungsamts aus/ "Rechtsprechung ist nicht eindeutig"

Von Martin K u h n

Offenbach - Klaus Burger mit Herakles, dem griechischen Nationalhelden, zu vergleichen, wäre wohl etwas hoch gegriffen. Dennoch erinnert sein Wirken fürs Offenbacher Ordnungsamt an die griechische Mythologie: Lange kämpfte der Held vergebens mit einem neunköpfigen schlangenähnlichen Ungeheuer. Kaum hatte Herakles einen Kopf zerschlagen, wuchsen der Hydra anstatt des einen Kopfes zwei neue nach. Natürlich hat es Klaus Burger aktuell nicht mit einer übergroßen Wasserschlange zu tun, sondern mit Sportwettbüros - der Kampf erscheint aber ähnlich aussichtslos.

Der oft gerichtliche Streit währt meist lange, der Erfolg ist umso vergänglicher: Kaum wird ein Wettbüro geschlossen, macht ein neues auf - mitunter in den selben Räumen. Wie geht das? "Da greift die Gewerbefreiheit", sagt Burger. Grundsätzlich darf sich jedermann gewerblich betätigen; erst im zweiten Schritt wird nachgeschaut, was sich da detailliert abspielt. Und - oh Wunder - plötzlich entpuppt sich das Kiosk als Wettbüro. "Ein besonders spannender wie auch arbeitsintensiver Bereich des Gewerberechts", so der Abteilungsleiter im Ordnungsamt.

Klaus Burger stellt klar: "Für Wettbüros gibt es keine Konzessionen." Dennoch reihen sie sich in der Geleitsstraße Tür an Tür, aktuell dort allein ein gutes Dutzend? "Ja, die machen einfach auf." Zu erklären ist das mit wenigen Worten: "Es gibt eine hohe Gewinnerwartung." Oder besser: Es geht um viel Geld.

"Gewerbegegenstand" ist in solchen Büros die Vermittlung von Sportwetten für private Anbieter mit EU-Erlaubnis - vorwiegend aus Österreich, England und Malta. Nach der alten (und neuen) Regelung ist das illegal, da sie "das staatliche Monopol zur Veranstaltung von Sportwetten" vorsieht. Man ahnt es: In Zeiten der Globalisierung ist so etwas nicht gern gesehen. Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Das bietet reichlich Angriffsfläche, zumal "die Rechtsprechung von der europäischen bis zur Verwaltungsgerichtsebene alles andere als eindeutig und einheitlich", sagt Burger, der hessisches Recht anwendet.

Seit 2006 wurden 36 Verfahren gegen Wettbüros eingeleitet. Aufgrund der ergangenen Untersagungsverfügungen wurden zwischenzeitlich 24 Vermittlungsbetriebe aufgegeben oder abgemeldet, zehn weitere stellten die Vermittlung ein, nachdem die Stadt Zwangsgeld angedroht hat. Zwei gaben auf, als Zwangsgeld verhängt wurde. Einschränkung: 12 Verfahren sind noch nicht rechtskräftig.

Das bedeutet - wie anfangs erwähnt - nicht das Ende. Der Vermittlungsbetrieb für den gleichen Veranstalter unter einem anderen Gewerbetreibenden geht sozusagen nahtlos weiter. Burger: "Von den 24 geschlossenen Betrieben haben 17 mittlerweile neu eröffnet." Die Verfahren beginnen von neuem. Wie gesagt: Es geht um viel Geld. Daher beschäftigten die Veranstalter "ganze Anwaltskanzleien, die sich allein mit dieser Materie befassen".

Herakles schaffte es übrigens, der Hydra das unsterbliche Haupt abzuschlagen. Derweil hofft Burger, "dass der Europäische Gerichtshof bald zu einer Entscheidung kommt - ob für oder gegen das Staatsmonopol."

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