Senat

Geldquelle Spielbank versiegt

Mittwoch, 3. September 2008 02:17 - Von Joachim Fahrun


Der Kampf gegen Suchtgefahren kommt das Land Berlin teuer zu stehen. Die Spielbank Berlin, die zu 83 Prozent dem Land gehört, hat im Laufe dieses Jahres 25 Prozent ihrer Besucher verloren. Die Spieleinsätze sind im vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent zurückgegangen. Das Land Berlin verliert deshalb Einnahmen von 25 Millionen Euro.

Spielbank-Sprecher Steffen Stumpf führt das auf das Rauchverbot und die verschärften Zugangskontrollen für Spieler zurück. "Beides hat zu Umsatzrückgängen geführt", so Stumpf. Aber man könne nicht sagen, wer wegen des seit 1. Januar geltenden Rauchverbotes weggeblieben sei oder wer wegen der zeitgleich eingeführten Ausweiskontrollen den Weg in die vier öffentlichen Spielbanken der Stadt gescheut habe. 2007 hatten die Zocker an einarmigen Banditen, beim Blackjack oder beim Roulette 92 Millionen Euro mehr verloren als gewonnen. 2008 rechnet die Spielbank mit allenfalls noch 60 Millionen Euro Überschuss. Der Einbruch fällt damit deutlich schärfer aus als die Spielbank selbst erwartet hatte. Zu Beginn des Jahres war noch von erwarteten Verlusten von zehn bis 15 Prozent die Rede gewesen. Jetzt droht das Doppelte.
Einnahmen halbiert
Für Berlin schwindet damit aber eine lukrative Einnahmequelle. Noch 2006 flossen 59 Millionen Euro aus den Überschüssen der Spielbank in die Kassen des Senats. Weil seit Kurzem Mehrwertsteuer auf den Gewinn fällig wird, die erst mal an den Bund fließt, sollte die Abgabe an den Finanzsenator ohnehin auf 45 Millionen Euro schrumpfen. Soviel hatte Thilo Sarrazin (SPD) für 2008 eingeplant. Nun rechnen seine Beamten mit weniger als der Hälfte. Nur noch 20 Millionen Euro fließen von der Spielbank in die Landeskasse.
Finanzsenator Sarrazin führt die Einbrüche vor allem auf das Rauchverbot zurück. "Das Automatenspiel ist in bedauernswerter Weise durch das Nichtrauchen betroffen"; sagte Sarrazin gestern. Schließlich müssten die Spieler immer zum Rauchen "raus treten, während sich die Scheibe dreht", so Sarrazin. Der klassische Spieler sei meist auch Kettenraucher. Die Spielbank bestätigt diesen Eindruck. Nach den Worten von Sprecher Steffen Stumpf habe eine Umfrage am Eingang im vergangenen September einen Anteil von 60 Prozent Rauchern unter den Spielern ergeben, fast dreimal so viele wie in der Gesamtbevölkerung.
Ob aber die ausgebliebenen Gäste das Spielen tatsächlich unterlassen, wird in der Spielbank bezweifelt. Denn die freien Spielotheken in der Stadt sind anders als die staatlichen Zocker-Tempel nicht gehalten, die Ausweise der Gäste zu kontrollieren und diejenigen abzuweisen, die ein Eintrag in einer zentralen Datei als spielsüchtig ausweist. Auch das Internet bietet nach Einschätzung von Experten unzählige Möglichkeiten, dem Glücksspiel zu frönen.
Auch die Umsätze der Deutschen Klassenlotterie Berlin, die von Werbeverboten und geschlossenen Annahmestellen getroffen wurde, sind seit Jahren rückläufig. 2004 trugen die Tipper noch 349 Millionen Euro in die Lotto-Läden, inzwischen sind es nach Prognosen der Lotto-Gesellschaft 280 Millionen.
Auch dieser Trend trifft die Gestaltungsmöglichkeiten der Berliner Politiker. Denn insgesamt die Hälfte des Umsatzes geht direkt an die Senatsverwaltungen für Jugend und an die für Sport. 20 Prozent fließen an die Lotto-Stiftung, die das Geld frei für kulturelle oder soziale Projekte verteilen kann. Statt 63 Millionen Euro vor zwei Jahren sind jetzt nur noch 56 Millionen im Topf der Wohltaten. Insgesamt dürften sich die Ausfälle bei den Einnahmen aus Glücksspiel auf rund 40 Millionen Euro belaufen.

Quelle


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Spiel mit dem Glück führt ins Unglück


Spielsucht Die Caritas hat eine neue Beratungsstelle Glücksspiel eingerichtet. Stephanie Rost hilft Menschen, die in Spielhallen dem vermeintlichen Glück hinterher laufen und in den Ruin rennen. Die Zahl der „einarmigen Banditen“ steigt.

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED
Andreas oswald

Forchheim - Mit der Zahl der Glücksspielautomaten lag Forchheim unter 233 bayerischen Kommunen auf Platz 9 und bundesweit (unter 1605 Orten) auf Platz 19. Pro 231 Einwohnern stand ein Geldspielautomat zur Verfügung. Dies stellte der Arbeitskreis gegen Spielsucht, mit Sitz in Unna, vor zwei Jahren fest. „Das Ganze hat sich um einiges verschärft – Forchheim spielt ganz oben in der Liga der belasteten Kommunen mit“, betont Jürgen Trümper, der Geschäftsführer des Arbeitskreises, jetzt mit Blick auf die aktuellen Zahlen (siehe Infokasten).
Keine Überraschung ist das für Stephanie Rost. „Das zeigt, wie der Glücksspielmarkt boomt,“ erklärt die Sozialpädadagogin, die seit Juli in einer neu eingerichteten Beratungsstelle Glücksspiel bei der Caritas in Forchheim tätig ist.

Seitdem es diese spezielle Einrichtung gibt, „haben sich die Anfragen von glücksspielsüchtigen Menschen und deren Angehörigen deutlich erhöht“, stellt Stephanie Rost fest. Längst sind die Spielhallen nicht mehr Domäne der Männer. Die Beraterin bestätigt: „Jetzt melden sich auch immer mehr Frauen mit Glücksspiel-Problemen.“ Nennen wir sie Paula – ihre Spielerkarriere ist stellvertretend für viele: Anfangs geht sie nur sporadisch in die Spielhalle. Was sie dazu treibt, ist ihr nicht bewusst. Vielleicht ist es Langeweile oder das Gefühl, beim Spielen abschalten zu können vom Alltag und den Sorgen – den Blick auf’s vermeintliche Glück zu richten. Doch das Unglück nimmt damit seinen Lauf: Verluste werden erst bagatellisiert, dann verdrängt. Paula spielt weiter, läuft dem Gewinn hinterher – „chasing“ nennen das die Spielsucht-Therapeuten. Ein Teufelskreis beginnt. Paula beginnt, ihren Tagesablauf nach den Möglichkeiten auszurichten, unbemerkt zu spielen. Überstunden werden vorgeschützt, der Beruf aber tatsächlich immer mehr vernachlässigt.

Sie macht immer öfter „blau“ und verbringt den Tag in der Spielhalle. „Alleinstehende sitzen oft die ganze Nacht bis früh um 5 vor den Automaten“, berichtet Suchtberaterin Stephanie Rost. „Die Spielotheken locken mit allen möglichen Angeboten, um die Spieler bei der Stange zu halten – so mit kostenlosem Kaffee zum Wachhalten und mit Gratis-Snacks zur Stärkung“.


Sucht beginnt mit Kontrollverlust

„Die Sucht beginnt, wenn es zum Kontrollverlust kommt – über die Spielzeit und über das Geld. Und wenn die suchttypische Dosissteigerung notwendig wird. Ohne den ständigen Reiz des Spiels beginnen die Süchtigen, nervös und aggressiv zu werden“, erklärt die Beraterin. Das führe bis dahin, dass die komplette Freizeit in Spielhallen verbracht werde und das „normale“ Privatleben völlig aufgegeben werde.
Um Geld zu bekommen, habe es der Spieler gelernt, nicht nur am Automaten zu spielen, sondern auch mit den Mitmenschen, berichtet Stephanie Rost von ihrer Klientel. Freunde würden angepumpt, Kredite aufgenommen, die manche Banken nur allzu gerne bewilligten. Alles verspielt haben solche Menschen oft erst dann, wenn sie mit der Tasche vor der eigenen Türe stehen , weil sie ihre Miete nicht zahlen konnten oder vom Partner rausgeschmissen wurden. „Die diejenigen, die dann in die Beratung kommen, haben erkannt, dass sie mit ihrem Leben an einem Punkt angekommen sind, wo es so nicht mehr weitergeht. Eigene Überzeugung ist wichtig.“ Die Beratung erstreckt sich von Einzelgesprächen mit den Spielern oder Angehörigen bis zur Vermittlung in eine Selbsthilfegruppe oder zur stationären Therapie in der Klinik. „Du wirst gespielt“ warnt ein Plakat in der Beratungsstelle.


03.09.2008

Immer mehr Glücksspiel-Konzessionen


Untersuchung

Die aktuelle Untersuchung über die Spielhallendichte in deutschen Kommunen, die der Arbeitskreises Glücksspiel alle zwei Jahre durchführt, weist für Forchheim eine Zunahme der Spielhallen-Konzessionen von elf im Jahre 2006 auf nunmehr 16 aus. Dabei sind die Standort von fünf auf sechs gestiegen.„Da muss eine Mega-Spielhalle dazugekommen sein“, betont Arbeitskreis-Geschäftsführer Jürgen Trümper. Die Zahl der Automaten sei von 132 auf 192 angestiegen. Während 2006, rein rechnerisch, pro 231 Einwohnern ein Geldspielautomat zur Verfügung stand, kommt jetzt sogar ein Gerät auf 159 Einwohner.
Beratung Im Juni wurde in München eine Landesstelle für Glücksspielsucht eröffnet. Bayernweit wurden speziell für diesen Bereich 20 Praxisstellen geschaffen, darunter zwei in Oberfranken, bei der Diakonie in Bayreuth und der Caritas in Bamberg. Die Sprechstunden werden mehrheitlich in der psychosozialen Beratungsstelle für Suchtkanke (PSB) in Forchheim, Birkenfelderstr. 15, angeboten.

Sprechzeiten zur Terminvereinbarung in Forchheim: Montag bis Freitag, 9 bis 12 Uhr, Montag bis Donnerstag, 14 bis 16 Uhr, unter Tel. 09191-707212. Beratung in Bamberg: mittwochs,16 bis 18 Uhr, Tel. 0951-2995740.

Quelle


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Politik der Staatsmonopolisten - das totale Chaos! vogel