Spielhallen auf dem Vormarsch

Der Sog wird immer größer

Dortmund, 29.04.2008, Björn Goldmann

Dortmund. Sie blinken, sie summen und sie versprechen Bares. Spielhallen, in denen Geldspielautomaten aufgereiht auf die Einsätze der Kundschaft warten, sind auf dem Vormarsch.

Das Projekt ist ehrgeizig, aber nicht einzigartig: An der Bornstraße soll bald eine „Daddelhalle” mit 96 Spielautomaten auf insgesamt 1152 qm entstehen (die WAZ berichtete). „Derzeit haben wir rund 180 Spielhallen in Dortmund gezählt. Doch diese Zahl verändert sich täglich”, sagt Bernhard Tibura, Leiter der Gewerbeabteilung des Ordnungsamtes.

„Ich hatte in meinem Leben nie viel auf die Reihe bekommen. Als dann der Automat plötzlich blinkte und das Geld ausspuckte, fühlte ich mich wie der King.”

Immer wieder sprießen neue Spielhallen wie Pilze aus dem Boden. „Die Tendenz ist eher steigend. Heutzutage werden richtige Komplexe gebaut, Spielhallen werden immer aufwendiger gestaltet”, sagt Tibura. Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Vergnügungssteuer – Stadt und Land erhalten einen nicht unbeträchtlichen Teil des Gewinns.

„Ich brauchte das Spielen, diese Ausschüttung der Glücksgefühle. Denn im Leben war alles kacke. Für mich war es einfach nicht wichtig, dass ich für 100 DM Gewinn vorher 300 DM verbraten hatte.”

Doch nicht in jeder leerstehenden Immobilie darf eine Spielhalle eingerichtet werden. Erst muss das Bauordnungsamt eine Genehmigung ausstellen, bevor das Ordnungsamt das gewerberechtliche Okay erteilt. Tibura: „Der Antragsteller muss unter anderem ein einwandfreies Führungszeugnis vorlegen können.”

„Meine Frau wollte unbedingt ein Kind. Ich nicht. Trotzdem habe ich mich gefügt. Als das Kind kam, wurde mir die Verantwortung für die Familie zuviel. Meine Ängste habe ich im Glücksspiel ertränkt.” Im Stadtzentrum und entlang der Hauptverkehrsstraßen siedeln sich die Spielhallen vermehrt an. Da sie als Vergnügungsstätten gelten, dürfen sie bis 1 Uhr morgens geöffnet bleiben. „Man kann sogar Ausnahmen zulassen, wenn ein öffentliches Bedürfnis vorherrscht”, erklärt Tibura. Spieldauer und Höchsteinsatz der Geldspielgeräte sind gesetzlich in der Spielverordnung geregelt und sollen die Gewinn- und Verlustmöglichkeiten begrenzen.

„Klar, mein familiäres Umfeld hat den Zeigefinger gehoben und versucht, mich vom Spielen abzuhalten. Aber wenn man selbst nicht aufhören will, dann hört man auch nicht auf!”

Die eingeschobenen Zitate entstammen einem WAZ-Gespräch mit einem ehemaligen Spielsüchtigen. Der heute 45-Jährige besucht einmal pro Woche die Selbsthilfegruppe "Süchtige Spieler".


Quelle mit Kommentaren