Sportwetten

Die Länder bluffen

Leitartikel Die Bundesländer verstehen sich gern als Bollwerk gegen die Spielsucht. Daran gemessen offenbaren sie sich selbst aber als ziemlich abgefeimte Zocker.

Denn ein genauerer Blick in die geplante Neuordnung des Glücksspielmarkts offenbart schnell: Die angebliche Reform soll nur die Kläger gegen das staatliche Wettmonopol beruhigen. Im Prinzip soll aber alles so bleiben, wie es ist. Diesen Bluff sollte man schnell auffliegen lassen.

Das zeigt sich am Kernstück des geplanten neuen Staatsvertrags: der begrenzten Freigabe von privaten Sportwettangeboten. Der Milliardenmarkt findet bisher fast ausschließlich im manipulationsanfälligen Internet statt. Der staatliche Anbieter Oddset kommt dagegen kaum an. Da ist es sinnvoll, den Markt für Privatfirmen zu öffnen und diese staatlich zu beaufsichtigen.
Allerdings: Die geplanten Bedingungen für Anbieter sind zu hart, als dass sie irgendetwas an der jetzigen Marktlage verändern dürften. Nicht nur ist die Begrenzung der Lizenzen auf sieben ziemlich willkürlich. Ein Sechstel des Umsatzes will der Staat zudem pauschal als Wettabgabe kassieren - von dem, was übrig bleibt, dürften legale Unternehmen kaum Gewinnsummen anbieten können, die mit denen der Internetkonkurrenz mithalten können.
Vermutlich sollen sie das aber auch gar nicht. Denn die Reform scheint in der Hoffnung entworfen worden sein, damit den Vorgaben eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gerecht zu werden. Dieses hatte Ende 2010 das Wettmonopol des Staates gekippt. Der von den Richtern monierte zentrale Widerspruch beim staatlichen Monopol bleibt jedoch auch nach der Neuregelung bestehen, vor allem beim Lotto. Dort soll der Ausschluss privater Anbieter angeblich vor allem dazu dienen, die Spielsucht zu verhindern. Bloß: Warum kann dann der Staat Lottospiele veranstalten? Und wieso kümmert er sich dann nicht um die Hunderttausenden Spielautomaten in Kneipen und anderswo? Dass diese Süchtige in den Ruin treiben können, wird niemand bestreiten - im Gegensatz zu Lottoziehungen.

Die Politik sollte darum lieber ihre Karten offen auf den Tisch legen und eingestehen, worum es ihr beim staatlichen Wettmonopol wirklich geht: weder um Suchtprävention noch um die Verhinderung von Spielmanipulation. Sondern um die Milliardeneinnahmen aus dem Lottogeschäft. Mit deren Verteilung können sich Landes- und Bundespolitiker als soziale Wohltäter profilieren, ohne dass es sie etwas kostet.
Wenn der Staat Spielsucht verhindern will, muss er die Glücksspielautomaten stärker regulieren. Darüber hinaus aber hat er kein gutes Argument, warum er die Lizenzierung privater Sportwettenanbieter nicht erleichtert. Und: Einen Grund, das staatliche Lottomonopol zu erhalten, gibt es auch nicht.

Quelle : ftd.de