USA: Spielen im Internet bald wieder legal?

29.07.2010 | 18:15 | STEFAN RIECHER (Die Presse)

Seit 2006 sind Poker und Glücksspiele online verboten. Das könnte nun rückgängig gemacht werden.

New York. Damit hatte David Carruthers nicht gerechnet. Als der damalige Chef des englischen Wettanbieters „Bet on Sports“ im Juli 2006 auf Urlaub fliegen wollte, stand ein Umstieg in Texas auf dem Programm. Von dort sollte es nach Costa Rica weitergehen. Der Geschäftsmann erreichte sein Ziel nicht. In Dallas klickten nämlich die Handschellen. Die US-Behörden schickten Carruthers für 33 Monate hinter Gitter.

Bet on Sports hatte ein kürzlich erlassenes Gesetz ignoriert. Unter der Regierung von George W. Bush haben die USA Poker und Glücksspiele im Internet verboten. Praktisch über Nacht wurde der bis dahin größte Glücksspielmarkt der Welt zum Sperrgebiet. Auch die österreichische Firma Bwin war betroffen. Über die Tochter Ongame erzielte Bwin 30 Prozent seines Umsatzes in den USA. Eine Sonderabschreibung von 500 Mio. Euro war die dramatische Folge des Verbots.

Vier Jahre später stehen die USA vor einem Richtungswechsel. Das Finanzkomitee des Kongresses erließ am Mittwoch einen Gesetzesvorschlag, der Poker und Glücksspiele im Internet wieder legalisieren soll. Der demokratische Abgeordnete Barney Frank setzte sich monatelang für eine derartige Abstimmung ein. Überraschend klar, mit 41 zu 22, stimmte das Komitee schließlich für den Entwurf.

Hoffen auf Steuereinnahmen

Bislang sprachen sich vor allem die Republikaner für ein Verbot von Glücksspielen in Internet aus. Angesichts leerer Staatskassen änderten aber mehrere US-Abgeordnete ihre Meinung. Vergangene Woche erhöhten die Vereinigten Staaten ihr erwartetes Defizit für das kommende Jahr von 1,3 auf 1,4 Billionen Dollar. Das entspricht 9,2 Prozent der Wirtschaftsleistung. Werden Poker und Glücksspiele legalisiert, soll das über einen Zeitraum von zehn Jahren Steuereinnahmen in Höhe von insgesamt 42 Mrd. Dollar bringen.

Das jahrelange Lobbying der Glücksspielindustrie scheint sich bezahlt zu machen. „Wir unterstützen diesen Gesetzesentwurf. Er berücksichtigt endlich, was ohnehin seit Jahren gängige Praxis ist“, erklärt Jan Jones, Vorstand von Harrah's Casinos in den USA.

Tatsächlich hat sich nach dem Verbot aus dem Jahr 2006 ein milliardenschwerer Schwarzmarkt entwickelt. Offiziell ist es in den USA zwar verboten, im Internet zu pokern. Doch die Überprüfung ist schwierig. Große Anbieter wie das britische Unternehmen Pokerstars haben ihre Seiten in den USA nicht gesperrt. Bloß die Verwendung amerikanischer Kreditkarten ist nicht erlaubt. Gewinne werden eben nicht auf US-Konten, sondern im Ausland ausbezahlt.

Noch ist unklar, wann der aktuelle Entwurf zum Gesetz werden könnte. Experten gehen davon aus, dass die Abgeordneten vor den Kongresswahlen im November nicht mehr darüber abstimmen werden. Auch Präsident Barack Obama hat sich zu dem Sachverhalt noch nicht geäußert. Sollte der Kongress das Gesetz absegnen, müsste es Obama anschließend unterzeichnen. Barney Frank versucht nun, die Legalisierung des Glücksspiels als Teil eines größeren Gesetzespakets, etwa im Zuge geplanter Steueränderungen, unterzubringen. Gelingt ihm das, könnte es schon in wenigen Monaten wieder legal sein, im Internet zu spielen.

Firmen bringen sich in Stellung

Der österreichische Anbieter Bwin hat bereits angekündigt, sich für eine Öffnung des US-Marktes in Stellung zu bringen. „Wir rüsten uns dafür“, verlautete die Firma am Mittwoch, nachdem die Fusion mit dem englischen Konkurrenten PartyGaming bekannt gegeben worden war. Kritiker wie der republikanische Abgeordnete Spencer Bachus warnen indes vor den Folgen, sollten sich die USA dem Onlineglücksspiel wieder öffnen: „Dann kann jeder Jugendliche per Handy sein ganzes Geld verspielen“, sagte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2010)

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