Vorerst legal

Nach Urteil gehen Kommunen nicht gegen Sportwetten vor

Bisher verboten, nun fürs Erste geduldet: Auch im Kreis Tübingen wittern private Sportwetten-Anbieter nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Morgenluft. Derweil kämpft die Toto-Lotto-Gesellschaft um das Staatsmonopol. Es geht um viel Geld.

Kreis Tübingen. Die junge Frau berührt ein paar Felder auf dem Bildschirm. Ihr Tipp: „Schalke oder unentschieden.“ Die Quote dafür liegt bei 1,55 – für 10 Euro Einsatz würde sie 15,50 Euro bekommen. Am Ende wird Hoffenheim 2:0 gewinnen. Aber das ist der 20-jährigen Tübingerin ohnehin egal. „Ich setz’ immer nur zwei, drei Euro.“ Zwei Euro sind Mindesteinsatz beim Sportwetten-Büro Tipico in der Tübinger Poststraße. Warum sie wettet? „Ich spiel’ seit acht Jahren Fußball.“ Und sie schaut gerne Bundesliga. „Das macht einfach mehr Spaß, wenn du den Tipp-Schein dabei in der Hand hast.“

Die 20-Jährige und ihre Freundin sind die einzigen Frauen, die am frühen Nachmittag ins Tübinger Tipico kommen. 95 Prozent aller Sport-Zocker seien Männer, bei 80, 90 Prozent liege der Ausländer-Anteil, sagt ein Mitarbeiter. Seinen Namen will der 34-Jährige, wie auch sein Chef, nicht in der Zeitung lesen. Samstags, kurz vor Bundesliga-Start, sind die zwölf Wettspiel-Automaten und zwei Mitarbeiter an der Kasse gut ausgelastet. Mindestens hundert Filialen bundesweit betreibt der Sportwetten-Anbieter mit Sitz in Malta.

Viele Tipper setzen zehn, 20 Euro. Er habe auch schon „fünf oder zehn Riesen“ angenommen, sagt der Tipico-Angestellte. Zocker Zeljko S. will aus drei Euro über 300 machen: Auf zehn Spiele hat er gesetzt: Basketball, Wasserball, Tennis. Neun Mal davon hat der 38-jährige Mössinger schon Glück gehabt, ein Tennis-Spiel ist noch offen. „Hier hat man mehr Möglichkeiten, zu gewinnen als bei Lotto“, sagt der Hilfsarbeiter und Sportfan. Wer sich auskennt, hat noch bessere Chancen. Wie viel er in den letzten Jahren verspielt hat? Zeljko S. zuckt mit den Schultern.

Man kann auf jede noch so kuriose Sportart tippen: auf die finnische Baseball-Variante Pesapallo genauso wie auf den in Brasilien beliebten Hallenfußball Futsal. Ob auf Endergebnis, Halbzeitstand oder einzelne Torschützen – „es gibt unzählige Möglichkeiten“, so der Tipico-Mann. Und „viel höhere Quoten“ als beim staatlichen Konkurrenten Oddset. Der Kassierer glaubt nicht, dass das Staatsmonopol etwas mit Spielsucht-Prophylaxe zu tun hat: „Ist doch alles nur eine Geldfrage.“

Über Sinn und Unsinn des staatlichen Glücksspiel-Monopols möchte Rainer Kaltenmark lieber nicht diskutieren. Für den Tübinger Ordnungsdezernats-Leiter ist allerdings klar, dass nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen private Wett-Läden „erstmal gar nichts passiert“. Bis auf weiteres bleiben Tipico & Co unbehelligt.

Ein Wett-Laden machte dicht, ein neuer auf

In den vergangenen Jahren war das anders: Auf Anordnung des hierbei für ganz Baden-Württemberg zuständigen Karlsruher Regierungspräsidiums machte Kaltenmark schon einige Läden dicht. Oft eröffnete nur kurze Zeit später und ein paar Häuser weiter ein neuer. Oder der alte unter anderem Namen. Auch Kaltenmarks Rottenburger Kollege Eduard Bomm wartet ab. Ihm ist in der Domstadt nur ein Sportwetten-Büro bekannt. Auch das muss aktuell nicht mit einem Zwangsgeld von bis zu 10 000 Euro rechnen. Denn das Karlsruher RP ließ verlauten, man werde „bis auf Weiteres von Vollstreckungen gegen private Wettbüros absehen“. Der Mössinger Ordnungsamtsleiter Kurt Räuchle weiß derzeit von keiner einzigen privaten Wett-Klitsche in seiner Stadt. Erst vor wenigen Monaten musste allerdings der Mössinger Tipico-Ableger schließen.

Und was denkt Friedhelm Repnik? Der Chef der staatlichen Lotto-GmbH im Südwesten (und ehemalige Tübinger CDU-Landtagsabgeordneter wie auch Sozialminister) gibt sich betont optimistisch: Das Gericht habe das Glücksspielmonopol der Länder mitnichten gekippt, der Staatsvertrag von 2008 sei „weiterhin in Kraft“. Für Repnik geht es um viel Geld: 2009 nahm sein Unternehmen Spieleinsätze von 912 Millionen Euro entgegen – knapp die Hälfte davon wurde an die Gewinner ausgeschüttet.

Gerichtshof moniert Werbung der staatlichen Lotto-Gesellschaften

„Europäischer Gerichtshof kippt staatliches Wettmonopol in Deutschland“ – so hieß es unlängst in vielen Nachrichten. Doch die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) sprachen sich im Urteil vom 8. September nicht grundsätzlich gegen staatliche Monopole in diesem Bereich aus. Sie müssen dann aber dazu dienen, „die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken“. Im Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern klingt das ganz ähnlich: „Kanalisierung des in der Bevölkerung vorhandenen natürlichen Spielbedürfnisses in geordnete Bahnen“. Allerdings monierte der EuGH, „dass die deutsche Regelung die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenzt“. Dies zum einen, weil auch staatliche Lotto-Gesellschaften intensive Werbekampagnen durchführen. Für die Richter nicht nachvollziehbar ist schließlich, dass etwa Kasino- oder Automatenspiele erlaubt sind, die nicht dem staatlichen Monopol unterliegen – aber sogar noch „ein höheres Suchtpotenzial aufweisen als die vom Monopol erfassten Spiele“.

21.09.2010 - 08:30 Uhr

Quelle


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Hoho, ja, Repnik, ein tolles Gesetz haste da - nur irgendwie
dumm, dass es nicht mehr anwendbar ist... aetsch

Was will er mit seiner sturen Arroganz noch alles mitvernichten?

Eine Entschuldigung von Seiten der Staatsmonopolisten wegen
der Hetze gegen Privatanbieter und den Lügen betreffend der
Rechtmäßigkeit des Glücksspielstaatsvertrags wäre mal angebracht. frown

Vom Propagandaheftchen Glüxmagazin kommt seit Monaten
kein Pieps mehr zur Thematik - denen fällt nix mehr ein,
Argumenteflasche leer.