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Glücksspielmonopol

Tausende Lotto-Kioske müssen umgebaut werden

Von Ileana Grabitz 14. September 2008, 15:17 Uhr

Hiobsbotschaft für Tausende Lotto-Läden: Das Landgericht Berlin hat angeordnet, dass in den rund 1000 Annahmestellen der Hauptstadt Süßwaren und Lottoscheine strikt getrennt werden müssen. Dafür müssen die meisten Kioske umgebaut werden – ein Präzendenzfall für ganz Deutschland.

Der Ärger um das seit Anfang des Jahres bestehende Glücksspielmonopol hat erstmals auch gravierende Folgen für die privaten Betreiber von Lotto-Annahmestellen. Nach Informationen von WELT ONLINE hat das Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen die Deutsche Klassenlotterie Berlin erlassen. Derzufolge müssen die rund 1000 Lotto-Annahmestellen in der Hauptstadt künftig das Angebot von Glücksspielen und Süßwaren trennen, was zum Teil erhebliche Umbaumaßnahmen für die meist kleinen Betreiber nach sich zöge.

Juristen zufolge ist Berlin dabei nur ein Präzedenzfall. Alle rund 27.000 Lotto-Annahmestellen bundesweit müssten auf kurze bis mittlere Sicht mit ähnlichen Vorgaben rechnen, heißt es. Dies ist ein weiterer Fall, in dem der seit Anfang des Jahres geltende Glücksspielstaatsvertrag ausgerechnet die Länder behindert, die sich so vehement dafür eingesetzt hatten. Das Verfassungsgericht hatte 2006 das Glücksspielmonopol nur für zulässig erklärt, wenn die staatlichen Lottofirmen effektiv die Spielsucht bekämpfen würden. Im Glücksspielstaatsvertrag sind daher allerlei Auflagen für die Länder verankert, die einen größtmöglichen Schutz der Bürger vor Spielsucht sichern sollen.

Und genau hier setzt die einstweilige Verfügung an: Da Glücksspiele nicht mehr als unbedenkliches Gut des täglichen Lebens gelten, sollen die Länder und als deren verlängerter Arm auch die Lotto-Annahmestellen dieser Zielsetzung Folge leisten und daher das Glücksspielangebot künftig sauber vom Süßwarenangebot trennen.

Die Klassenlotterie Berlin wollte das Verfahren nicht kommentieren. Man habe aber juristische Schritte dagegen eingeleitet, hieß es.

Zugleich nimmt der Kampf um das ebenfalls seit Anfang des Jahres geltende Werbeverbot für Glücksspielanbieter vor allem im Süden der Republik immer absurdere Züge an: Private Lottoanbieter, denen das staatliche Glücksspielmonopol quasi die Geschäftsgrundlage entzogen hat, klagen seit Monaten gegen die staatlichen Anbieter, die sich oft nicht an das Werbeverbot halten. Obwohl im April das Oberlandesgericht München den staatlichen Lottofirmen in Bayern offiziell untersagte, mit Aufstellern vor Geschäften auf ihren Millionen schweren Jackpot hinzuweisen, sind diese Schilder etwa aus dem Münchner Stadtbild noch immer nicht verschwunden. Im bayerischen Finanzministerium verweist man darauf, dass laut Glücksspielstaatsvertrag "Jackpot-Werbung unter bestimmten Auflagen erlaubt“ sei. Die privaten Wettanbieter sehen hingegen die Rechtsprechung unterlaufen.

Die Umsätze der staatlichen Lotterien brechen dennoch ein. Die norddeutsche Klassenlotterie etwa musste im ersten Halbjahr 2007 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Umsatzrückgang von 30 Prozent hinnehmen, der Sportwettanbieter Oddset verzeichnete Einbußen von 21 Prozent, Keno sogar 23 Prozent. Bei Lotto gehen Brancheninsider von einem Minus von 10 Prozent für 2008 aus. Hauptleidtragende sind aber die Länder, die im Schnitt 40 Prozent von den Glücksspielerlösen bekommen. Schätzungen zufolge dürften sie im laufenden Jahr mehr als eine Mrd. Euro weniger aus dem Glücksspiel einnehmen als noch 2006.

Quelle


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In der WELT wie immer viele Kommentare dazu.

Der schwachsinnige Glücksspielstaatsvertrag treibt immer neue Blüten. vogel