Der nette Herr Veh zeigt ganz neue Seiten

Schäfer und Pardo droht Verbannung auf die Bank

Die Zeit der Kompromisse ist vorbei. "Das Ganze plätschert so dahin. Das ist grausam", polterte VfB-Trainer Armin Veh vor dem Heimspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) gegen Hertha BSC Berlin. Zu Vehs neuer Linie würde auch passen, dass er die Nummer eins im Tor, Raphael Schäfer, stürzt. Vieles spricht dafür.

"Es gibt nichts Schlimmeres im Sport, als wenn alles so dahinplätschert", wiederholte Armin Veh noch einmal seinen Eindruck von der Gesamtsituation auf dem Wasen. Es gibt zu viele Individualinteressen, zu viele persönliche Befindlichkeiten. Ja zu viele unterschiedliche Ziele. Aber keinen verschworenen Haufen, der die nötige Einstellung zeigt. Alles badet lau, bewegt sich im Durchschnitt. Nicht nur in der Tabelle. Die Roten verkörpern derzeit Mittelmaß. Und genau das erschreckt Armin Veh: "Ich habe keine Lust auf Platz acht, zehn oder 13, ich will oben stehen. Wir wollen Spiele gewinnen. Das ist das Entscheidende." Deshalb hat er "keine Lust mehr auf Ruhe und Besonnenheit, sondern auf Aggressivität".

Veh passt sich der Situation an. Radikal. Den netten Herrn Veh gibt es nicht mehr. Und diese neuen Zeiten erfordern eine klare Ansprache und unmissverständliche Zeichen. Auf dem Trainingsplatz und in der Mannschaftsführung. Beides hat der 47-jährige Fußball-Lehrer bereits eingelöst. Veh hält die Zügel jetzt straffer in Händen. Fehlt nur eines, um seinen kompromisslosen Durchsetzungswillen noch stärker zu betonen: Personelle Maßnahmen. Keine Bauernopfer, sondern prominente Exempel. Beispielsweise Pavel Pardo, der sehr zum Ärger der Roten für Mexiko ein Testspiel in den USA absolvierte. Oder Raphael Schäfer. Nur eine nächtliche Eingebung des Trainers dürfte den Torwart noch davor bewahren, das Spiel gegen Hertha nicht als Reservist zu begutachten. Veh hatte seinen Keeper am Donnerstag in einem halbstündigen Gespräch die Leviten gelesen und ihm wahrscheinlich eröffnet: Gegen Hertha steht Sven Ulreich im Tor. Bestätigen wollte Veh dies nicht, gab aber den vielsagenden Hinweis: "Grundsätzlich ist es besser, jemanden aufzubauen, statt ihn in den Senkel zu stellen." Könnte bedeuten: Hier geht es nicht um Grundsätzliches, sondern um eine akute und heikle Personalie.

Denn Schäfer hat nach einigen Unsicherheiten viel Kredit bei der sportlichen Führung und den Fans verspielt. Auch der Rückhalt in der Mannschaft bröckelt. Zudem ist er nervlich angeschlagen. Veh würde ihm keinen Gefallen tun, ihn in dieser Situation vor heimischer Kulisse aufzustellen. Eine Spielpause scheint für alle Beteiligten die beste Lösung. Sozusagen eine Schutzmaßnahme des Trainers, die viele Risiken mindert. Nur eines nicht: das Risiko, dass der 19-jährige Ulreich der Bundesliga-Belastung noch nicht gewachsen sein könnte. Aber dazu sagt Manager Horst Heldt nur grinsend: "Wir haben zwei gute Torhüter."

Quelle: Stuttgarter Nachrichten