Meißner - Ein Romantiker tritt ab

VfB-Mittelfeldspieler beendet im Sommer seine Karriere

Das Ende schmeckt meistens bitter. Wer setzt schon gerne den Schlusspunkt hinter einen gewohnten und guten Lebensabschnitt. Trennung und Abschied fallen nie leicht. Auch Silvio Meißner ist ein wenig vom Wehmut gepackt, wenn er daran denkt, dass im Sommer Schluss ist. 16 Jahre im Profifußball gehen zu Ende. Aber er ist gegenüber manchem Kollegen im Vorteil. Er wird nicht weggejagt. Auch keine Verletzung zwingt ihn aufzuhören. Meißner sagt von sich aus: "Leute, das war´s."

Noch ist er fit genug. Für die zweite oder dritte Liga würde es noch locker reichen. Auch mit 35. Aber ein Mann, der auf dem Platz keine Kompromisse kennt, macht auch im Leben keine. Er weiß, was er kann, was er nicht kann, und was er sich schuldig ist: Geradlinigkeit und Ehrlichkeit.

Trainer werden? Diese Frage hat er sich auch gestellt. Aber wenn er in diesen Tagen sieht, wie Armin Veh vor tausend schweren Entscheidungen steht, sagt er sich: "Danke, das ist nichts für mich."

Irgendwo weiterkicken? "Nee, nee", sagt Meißner, "das tue ich mir nicht an." In der dritten Liga schon gar nicht. Heiko Gerber, sein Kumpel aus alten Tagen beim VfB, ist ein warnendes Beispiel. Gerber, derzeit beim Regionalligisten Ingolstadt aktiv, erzählt ihm immer: "Es ist der Wahnsinn, wie schnell man sich dem Niveau anpasst."

Ein schleichender Abstieg ist nichts für "Meiße", wie er beim VfB genannt wird. Einer wie er kann nicht anders. Er ist geprägt von den Zielen der Kinder- und Jugend-Sportschule der ehemaligen DDR. Für ihn zählt nur Höchstleistung. Gepaart mit Werten wie Bescheidenheit, Willen und Zusammenhalt. Man könnte es auch Korpsgeist nennen. Einen hohen Grad an Identifikation mit seiner Truppe. Bei Silvio Meißner geht das fast bis zur Selbstverleugnung. Obwohl er in der Ära Trapattoni am meisten unter dem Maestro gelitten hatte, kam kein Wort der Klage über seine Lippen. Auch heute mag er eigentlich nicht nachtreten. Nur so viel: "Unter Trap hatte ich einen Laktatwert von 4,4. Das ist für einen Bundesligaspieler unwürdig." Erst recht für Meißner, der von seiner Athletik und Fitness lebt. Also immer etwas mehr machen musste als begnadete Talente. Oft wundert er sich daher über die heutige Profigeneration. Am liebsten würde er manchen von damals erzählen: "Wir haben uns alles selbst erarbeiten müssen. Es war nicht selbstverständlich, dass warmes Wasser kommt, wenn man den Hahn aufdrehte."

In der DDR war sowieso alles anders. Aber auch in der Bundesliga hat sich viel verändert. Das Tempo sei "wahnsinnig hoch" im Vergleich zu seiner Anfangszeit beim Chemnitzer FC oder bei Arminia Bielefeld. Auch ein Team funktioniert heute anders. Früher wurden viele Probleme auf dem Platz gelöst. Nicht immer fair, aber wirkungsvoll. Wer den Überflieger spielte, wurde von den Alten auf den Boden zurückgeholt. Meißners Lieblingsgeschichte dazu handelt von Thomas Brdaric. Günther Schäfer hat sie ihm erzählt: "Damals hat Brdaric die Nase etwas zu hoch getragen. Da haben sie ihm im Training fünf Bälle so hingespielt, dass er sie nur knapp erreichte." Unglückliche Situationen, in denen es zwangsläufig zu schmerzhaften Zweikämpfen kam. Aber danach war Brdaric geläutert. "So etwas ist heute undenkbar", sagt Meißner mit einem Anflug von Romantik, "vielleicht ist es ja ganz okay aufzuhören." Besser jetzt. Kurz und schmerzlos. Bevor ihn die Zeit völlig einholt - und der Abschied bitter wird.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten

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