Der Rettungsplan: Auf Zeit spielen

Veh und Heldt raufen sich zusammen: Vorerst keine radikalen Maßnahmen

Welcher Weg führt den VfB Stuttgart aus der Krise? Der harte Kurs von Manager Horst Heldt - oder die schützende Hand von Armin Veh? Am Ende eines zähen Ringens setzte sich der Trainer durch, Heldt lenkte ein: "Wir müssen den Spielern helfen."

Am Morgen nach der 1:3-Pleite gegen Hertha BSC bot sich den Zaungästen ein ungewohntes Bild: Statt des üblichen Auslaufens baten die beiden Strategen vom Wasen die Spieler zur 30-minütigen Aussprache. Danach trat die A-Elf gegen das B-Team noch mal so lange zum Trainingsspiel an. Veh und Heldt erkundeten in dieser Zeit das weitläufige Clubgelände. Auf ihrem Spaziergang über sämtliche Plätze berieten sie die bedrohliche (Schief-)Lage der Roten. 1:4 in Schalke, 1:3 gegen Hertha, eine Mannschaft, die beim geringsten Widerstand zerfällt, Furcht vor dem Total-Absturz. "Wir müssen schauen, dass wir ganz schnell die 40 Punkte haben", warnte Mario Gomez.
Kurzum: Der Meister präsentiert sich in einem erschütternden Zustand.

Allen voran die Nationalspieler ergaben sich fast widerstandslos. Im VfB-Trikot sind Fernando Meira, Ludovic Magnin, Thomas Hitzlsperger, Yildiray Bastürk und Roberto Hilbert zurzeit nur Schatten ihrer selbst. Veh schien kurz vor der Resignation. "Dass es eine schwierige Saison wird, war mir klar. Aber dass sie so schwierig wird, hätte ich nicht gedacht", sagte er. Fatalistisch ergänzte er: "Wir hatten in dieser Saison schon einige Krisen. Jetzt haben wir die nächste. Wir werden auch die überstehen."
Die Frage ist nur: wie? Was hilft einer Mannschaft, die vom Glauben an sich selbst abgefallen ist? In der jeder kämpft - vor allem aber mit sich selbst? In der jeder den anderen mit seiner Unsicherheit ansteckt?

Der Manager würde am liebsten die Keule auspacken. Horst Heldt redete gleich nach dem Spiel Klartext. "Es wird keine Rücksicht mehr auf Namen geben, jetzt zählt nur noch die nackte Leistung. Ich erwarte, dass jeder eine hundertprozentige professionelle Einstellung zeigt. Wenn da einer nicht mitzieht, werden wir Konsequenzen ziehen", polterte er.

Wie die aussehen könnten, bleibt indes unklar. Armin Veh fehlen schlichtweg die Alternativen, um seinen Stars mit Verbannung drohen zu können. "Wir haben nicht so viele Leute hintendran, die Gas geben und die unbedingt in die Mannschaft wollen. Von hinten drängt keiner. Das ist auch etwas, was mich stört", sagte der Trainer.

Dieser Vorwurf richtet sich in erster Linie an die Spieler selbst. Das Dilemma ist aber auch die Folge der missratenen Personalpolitik der Roten. Am Samstag kamen Antonio da Silva, Ciprian Marica und Alexander Farnerud ins Spiel - alle drei haben sich in ihrer Zeit beim VfB bestenfalls sporadisch in Szene gesetzt. Farnerud stellte sich zudem beim Zweikampf so unprofessionell an, dass sich der Gelb-Rot-Sünder Matthieu Delpierre zum Foulspiel gezwungen sah - Raffael hätte sonst freie Bahn gehabt. Die defensiven Serdar Tasci und Christian Träsch blieben aus taktischen Gründen draußen: Angesichts des Rückstands brachte Veh Offensivkräfte. Sergiu Radu, die Leihgabe aus Wolfsburg, ist seit seiner Ankunft im Januar die Unscheinbarkeit in Person. Und mehr ist nicht auf der Bank.

Veh hatte also genügend Argumente, um Heldt zum Umdenken zu bewegen. "Wir werden mit dem Kader arbeiten, den wir haben. Eine andere Möglichkeit haben wir gar nicht. Wir müssen den Spielern helfen. Ihre Blockaden lösen, ihnen die Ängste nehmen. Und wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen", sagte er am Sonntag.

Immerhin hat sich die Einsicht verfestigt, dass im Sommer der große Schnitt im Kader kommen muss. Heldt: "Jetzt gilt es, die Krise zu bewältigen, und dann erledigen wir den Rest."

Quelle: Stuttgarter Nachrichten