Spielerisch zum Klassenerhalt

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Der VfL Bochum ist in seinem zweiten Jahr nach dem Wiederaufstieg auf dem besten Wege, sich frühzeitig den Klassenerhalt zu sichern. Dabei setzt das Team des Schweizers Marcel Koller auf spielerische Mittel und nicht auf bloßen Kampf wie viele Kontrahenten.

Falls irgendjemand am Ende der Saison auf die Idee kommen sollte, die Manager und Trainer der 18 Bundesligisten hinsichtlich ihrer personellen Verstärkungen zu bewerten, sollte man Stefan Kuntz und Marcel Koller auf keinen Fall unter den Besten vergessen. Das Vorstandsmitglied und der Chefcoach des VfL Bochum, der am kommenden Samstag, 15. März, um 15.30 Uhr im heimischen rewirpowerSTADION den VfB im Rahmen der 24. Bundesligarunde empfängt, haben nämlich etwas geschafft, wovon andere Sportdirektoren und Trainer nur träumen können. Nun ist es nichts Ungewöhnliches, dass sich die Vereine in der zweiten Transferperiode der Saison im Januar auf dem nationalen und internationalen Markt umschauen und ihr kickendes Personal verstärken, um ausgegebene Ziele noch erreichen oder diese im besten Fall nach oben korrigieren zu können. Auch Bochum ging im Winter auf Einkaufstour und zog drei Mann an Land. Vom Reviernachbarn FC Schalke 04 lieh man sich den offensiven Mittelfeldmann Mimoun Azaouagh, dazu kam von den Urawa Red Diamonds der japanische Nationalspieler Shinji Ono, der zuvor schon bei Feyenoord Rotterdam in Europa Erfahrung sammeln konnte, und vom ukrainischen Spitzenclub Schachtjor Donezk heuerte Angreifer Oleksiy Byelik an. Drei erfahrene Spieler, die dem Schweizer Trainer Marcel Koller für die zweite Saisonhälfte zusätzliche Alternativen bieten, um den bislang recht erfolgreichen Rundenverlauf positiv fortführen zu können. Zumindest Azaouagh und Ono, der in seiner Heimat eine lebende Legende ist und dort nahezu den Status eines David Beckham erreicht, konnten ihre Qualitäten dann auch schon erfolgreich im VfL-Trikot unter Beweis stellen. Die Show gestohlen hat den Neuen aber ein alter Bekannter. Denn die vermeintlich größte Verstärkung fanden Kuntz und Koller genau dort, wo sie niemand vermutet hätte: In den eigenen Reihen. Benjamin Auer galt in Bochum schon als durchgefallen, die Aussicht auf eine Vertragsverlängerung schien so realistisch wie der Gewinn der Meisterschaft seines Arbeitgebers und der Angreifer kam in der gesamten Hinrunde lediglich ein einziges Mal in der Bundesliga zum Einsatz. An Spieltag elf wurde der Mittelstürmer bei Bochums 0:2-Niederlage in Berlin in der 74. Minute für den mittlerweile nach Fürth abgewanderten Ivo Ilicevic eingewechselt, ohne sich dabei nachhaltig in Erinnerung zu rufen.

Auer auf Bechmanns Spuren?

Umso mehr überraschte es deshalb, dass genau dieser Auer in der Rückrunde plötzlich zum Bochumer Stammpersonal gehörte und sich auch gleich noch mehrfach als Torschütze auszeichnen konnte. Auers Stern ging in der 18. Runde auf, als der VfL für viele etwas überraschend beim Meisterschaftsanwärter Werder Bremen mit 2:1 gewann. Die Führung der Hanseaten durch den Dänen Daniel Jensen glich eben jener Auer nach der Pause aus, ehe Innenverteidiger Anthar Yahia mit seinem 2:1 für den Dreier der Bochumer sorgte. Auer, der in der Vorsaison an den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern verliehen war und dort vorsichtig formuliert keine Bäume ausriss, traf schließlich auch am folgenden Spieltag beim 3:3 gegen Cottbus sowie in Runde 21 beim 2:1-Heimerfolg gegen Hannover 96. Der groß gewachsene Angreifer war damit in Bochum zum Auftakt in das Jahr 2008 so etwas wie der Mann der Stunde. In Euphorie brach deshalb jedoch unter Bochums Verantwortlichen niemand aus. Denn irgendwie erinnerte Auers Lauf zum Start der Rückrunde verdächtig an jenen seines Sturmkollegen Tommy Bechmann im Sommer. Der Däne galt genauso schon als weitgehend gescheitert, niemand hatte ihn zum Auftakt der laufenden Saison so recht auf dem Zettel, als er sich mit vier Treffern an den ersten vier Spieltagen zurück ins Gespräch brachte und dadurch wieder eine richtige Alternative für Marcel Koller wurde. Die Freude über Bechmanns Hoch währte indes nur kurz. Denn im weiteren Verlauf der Runde traf Bochums Nummer sieben nur noch einmal und ist, auch bedingt durch Verletzungen, mittlerweile wieder dort angekommen, wo sich er und Auer in Bochum bestens auskennen: Auf der Ersatzbank bzw. auf der Tribüne. Insofern ist die Sachlichkeit, mit der sowohl Marcel Koller als auch Stefan Kuntz die jüngsten Auftritte der Mannschaft und speziell die des Torjägers Auer bewerteten, durchaus nachzuvollziehen. Umso mehr, da Bochum auf dem angestrebten Weg zum frühzeitigen Klassenerhalt aktuell voll im Plan liegt und sich als eines der wenigen Teams der zweiten Tabellenhälfte auch zumeist spielerisch überzeugend präsentiert. In der Arbeiterstadt Bochum wird unter Koller nicht nur gekämpft und gegrätscht, sondern immer häufiger auch ein gepflegtes und ansehnliches Passspiel an den Tag gelegt, mit dem es gelingt, sich erfolgreich zur Wehr zu setzen.

Mit Raute im Mittelfeld und echtem Spielmacher

Der Schweizer Coach setzt dabei auf eine 4-4-2-Formation mit einer Raute im Mittelfeld. Dies ist im Vergleich zur Hinrunde die prägnanteste Veränderung beim VfL. Gaben in der ersten Halbserie Kapitän Thomas Zdebel und Christoph Dabrowski meist eine Doppelsechs und wurde aus Ermangelung eines echten Regisseurs das Spiel über offensive Außen im Mittelfeld nach vorne getrieben, so hat Koller nun mit Shinji Ono und Mimoun Azaouagh gleich zwei Akteure die dem Spiel seines VfL den Stempel aufdrücken können. Dies soll auf Sicht auch der nicht immer unumstrittene tschechische Keeper Jan Lastuvka tun, der im Sommer aus Fulham kam und bislang genauso wie sein Ersatzmann René Renno gute und weniger gute Partien ablieferte. Koller legte sich trotz aller Diskussionen jedoch auf Lastuvka als Nummer eins fest, so dass Renno und auch dem Ex-Hachinger Philipp Heerwagen nur die Zuschauerrolle bleibt. In der Viererabwehrkette sind zumeist Marc Pfertzel, Marcel Maltritz, Anthar Yahia und Philipp Bönig erste Wahl. Pfertzels Hauptkonkurrent ist der Schwede Mathias Concha, der zu Beginn der Saison stark spielte, dann aber verletzungsbedingt zu einer Zwangspause verurteilt war. Im Abwehrzentrum heißen die Optionen Pavel Drsek und Mergim Mavraj, links wäre Martin Meichelbeck eine Alternative zu Bönig, wenngleich Erstgenannter auch in der Innenverteidigung agieren kann. Im Mittelfeld spielt der Schweiz-Kanadier Daniel Imhof zentral vor der Abwehr. Die Halbpositionen gehen wohl an Kapitän Thomas Zdebel und Christoph Dabrowski, wenngleich Koller hier auch offensivere Optionen in der Hinterhand hat. So könnten halbrechts ebenso Marc Pfertzel oder Oliver Schröder agieren, während auf der anderen Seite Danny Fuchs oder U21-Nationalspieler Dennis Grote denkbar wären. Um die Rolle hinter den Spitzen streiten sich Mimoun Azaouagh und Shinji Ono. Auch beide zusammen sind denkbar, da insbesondere der Japaner sehr vielseitig ist. Im Angriff dürften derweil wohl Benjamin Auer und der starke Neuzugang Stanislav Sestak erste Wahl sein. Zudem stellen der kamerunische Nationalspieler Joel Epalle und der Pole Marcin Mieciel jederzeit Alternativen dar. Dies gilt auch für Wintereinkauf Oleksiy Byelik. Tommy Bechmann ist nach einer Verletzungspause erst wieder auf dem Weg zurück und dem jungen Österreicher Marc Sand machte zuletzt ein Innenbandriss zu schaffen.

Quelle: vfb.de