Und plötzlich stehen dem VfB alle Türen offen

Die Stuttgarter haben zuletzt 16 von 18 möglichen Punkten geholt - doch der Trainer Armin Veh stellt klar: Der Uefa-Cup ist unser Ziel

So schnell ändern sich die Zeiten: Durch den 4:1-Sieg über Rostock beträgt der Rückstand des VfB auf Platz drei nur noch drei Punkte. "Wenn wir am Ende Fünfter werden, haben wir eine sehr, sehr gute Saison gespielt", sagt der Stuttgarter Trainer Armin Veh.

Dass Horst Heldt und Armin Veh wieder Spaß an der dritten Halbzeit haben, dürfen VfB-Freunde als erfreuliches Zeichen werten. Es ist nämlich ein klares Indiz dafür, dass sich die Position des Meisters immer weiter verbessert. Denn die dritte Halbzeit beinhaltet für den Teammanager Heldt und den Trainer Veh ein mediales Etappenrennen, das für sie zuletzt nicht immer einfach war. Der obligatorische Weg führt das Duo vom Studio des Pay-TV-Senders Premiere über die Kameras von ARD, ZDF und DSF sowie über die Mikrofone der Radiostationen letztlich direkt vor die Schreibblöcke der Zeitungsreporter.

Alles in allem dauert so eine dritte Halbzeit gut eine Stunde - und man hat das Pärchen Veh-Heldt in dieser Saison häufig dabei beobachten können, wie es mit geballter Faust in der Tasche den Medienparcours durchlief. Unangenehme Fragen der Journalisten hatten die beiden dort beantworten müssen, weil viele der zehn Saisonniederlagen nicht nur dem zahlenden Stuttgarter Publikum als eines Meisters ziemlich unwürdig erschienen. Doch dass die Schelte, etwa die Kritik an den Transfers Schäfer, Gledson, Ewerthon, Marica und Radu, oder die Nachfragen zu den teils fragwürdigen Einstellungen einiger VfB-Profis berechtigt waren, all das spielte nach dem 4:1-Sieg über Hansa Rostock im Bauch des Daimlerstadions überhaupt keine Rolle mehr.

Wer siegt, der hat im Fußball immer recht - und der VfB stellt in der Bundesliga derzeit ohne Frage die Mannschaft der Stunde. Der Erfolg über Rostock war für den VfB bereits der fünfte Sieg innerhalb der vergangenen sechs Spiele, dazu gesellte sich noch der Punktgewinn in Bochum. Weil die Konkurrenten Hamburg, Leverkusen und Bremen nicht gewinnen konnten, liegt der Club plötzlich wieder auf Tuchfühlung zur Champions League. "Wer hätte das von euch gedacht?" fragte daher Armin Veh die Reporter - und lächelte sein verschmitztes Trainerlächeln. So eine dritte Halbzeit kann für einen Bundesligacoach richtig launig sein. Der Abstand zum Tabellendritten Leverkusen, wo der VfB in drei Wochen antritt, beträgt nur noch drei Punkte - und Platz drei würde am Saisonende die Qualifikationsspiele zur europäischen Königsklasse bedeuten.

Doch bei all der sichtbaren Genugtuung begingen Armin Veh und sein Partner Horst Heldt beim Rendezvous mit der Presse nicht den Fehler, den Oberlehrer herauszukehren. "Es gilt, jetzt auf dem Teppich zu bleiben", sagte der 38-jährige Heldt, und Veh ergänzte: "Wenn ich jetzt unterschreiben könnte, dass wir am Ende Platz fünf sicher haben, dann würde ich das tun. Wir arbeiten weiter auf das Ziel Uefa-Cup hin. Wenn wir den erreichen, haben wir eine sehr, sehr gute Saison gespielt."

Luftschlösser wollen sie also weiterhin keine bauen rund ums rote Clubhaus. Das liegt zum einen an den vielen Stolperfallen, die es in dieser Saison zu überwinden galt. Die Rückschläge haben vorsichtig gemacht. Aber die Zurückhaltung der VfB-Macher liegt auch in der Gegenwart begründet: So schön die zweite Hälfte gegen Rostock mit den fünf VfB-Toren war - vier gingen durch Pardo, Cacau, Gomez und Bastürk ins fremde, eines durch Gomez ins eigene Tor -, so fahrig agierte der Meister vor 48 000 Zuschauern in der ersten Hälfte. "Wir haben zunächst nach hinten nicht aggressiv genug gespielt", analysierte Armin Veh, "und sind letztlich froh darüber, dass wir gewonnen haben."

Noch immer läuft nach der Auffassung des Augsburgers also nicht alles rund. Diese Woche fehlen dem Trainer elf Nationalspieler - etliche sind angeschlagen. Doch wenn Yildiray Bastürk weiter so agiert wie gegen Rostock, wenn Fernando Meira und Matthieu Delpierre erneut eine bärenstarke Leistung abrufen, die an ihre Glanztaten der Meistersaison erinnerte, wenn Mario Gomez weiter trifft und ihm Cacau dabei fleißig assistiert, wenn dem jungen Keeper Sven Ulreich auch die Abschläge gelingen, dann kann diese Saison noch ein erstaunliches Ende nehmen. "Es wird normalerweise schwer, von den ersten fünf einen wegzudrücken", sagte Veh am Ende der dritten Halbzeit. Aber was läuft in dieser Runde schon normal beim VfB?

Wegen Länderspielen muss Armin Veh im Training derzeit auf elf Nationalspieler verzichten: Dies sind Gomez, Hitzlsperger (DFB-A-Elf), Beck, Khedira (deutsche U 21), Meira (Portugal), Bastürk (Türkei), Boka (Elfenbeinküste), Delpierre (Frankreich), Marica (Rumänien), Pardo und Osorio (Mexiko).