Pavel Pardo - der Leitwolf zeigt Zähne

VfB-Profi gibt sich kritisch - und seltsam distanziert

Zum Interview kommt er solo. Ohne Dolmetscher und ohne Wörterbuch. Pavel Pardo steht auf eigenen Beinen. Der Mann liebt die Selbstständigkeit. Und die Unabhängigkeit. "Ich lerne so viel in Deutschland", sagt er. Die Menschen, die Kultur. Deutsch selbstredend auch. Nach eineinhalb Jahren in Stuttgart bewegt sich der VfB-Profi sprachlich auf sicherem Terrain.

Über deutsche Derbys muss er ohnehin nichts mehr lernen. Das Hinspiel gegen den Karlsruher SC hat er live erlebt, und das Rückspiel am Samstag kann auch nicht heftiger und intensiver werden als die Rivalität, die Pardo zu Hause in Mexiko erlebt hat. CF America gegen Chicas Guadalajara, das ist die Mutter aller Derbys. Aztekenstadion, 110 000 Fans, das ganze Land hängt an den Fernsehern. "Wie Real Madrid gegen Barcelona", sagt Pardo. Die hitzigen Diskussionen halten Wochen an. Und wehe, er hatte mit CF America verloren: "Dann kannst du dich wochenlang nirgends sehen lassen." Den Siegern dagegen wird gehuldigt wie Königen: "Dann musst du in keinem Restaurant mehr etwas bezahlen."

Allein der Gedanke zaubert in Pardos Gesicht ein Lächeln, das sich zu einem breiten Grinsen auswächst. "Mut, Emotionen, Leidenschaft, aber auch Cleverness" - alles, was den Fußball ausmacht, verdichtet sich im Duell der Erzrivalen. "Junge Spieler wachsen in so einem Derby", sagt Pardo. Routiniers wie er stürzen sich kopfüber ins Getümmel: "Wir haben keine Verletzten mehr, es gibt keine Ausreden mehr", sagt er.
"Jefe de la manada", der Leitwolf, haben sie im letzten Stadionmagazin sein Titelfoto überschrieben. Jetzt zeigt der Leitwolf Zähne. Und das liegt nicht allein daran, dass er im Derby-Fieber steckt.

Zu instabil präsentiert sich der VfB, zu viel ist passiert seit dem Titelgewinn. "Normal" sei das, sagt Pardo und verhehlt seine Kritik dennoch nicht: "Nach so einem Triumph loben dich alle und sagen: Du bist der Beste. Dabei musst du wissen: Du bist immer der Gleiche." Nur wer das realisiere, erziele das, "was im Sport am schwierigsten zu erreichen ist - Kontinuität".

Davon ist der VfB so weit entfernt wie vom erneuten Einzug in die Champions League. Dabei ist die Königsklasse ein Lebenstraum für Pardo. Seine Maxime: "Ich will Erfolg - und das bedeutet Titel." Also gilt für ihn: Einmal ist keinmal. Die Aussicht, nächste Saison bestenfalls im Uefa-Cup zu spielen, hebt seine Laune ebenso wenig wie die Entscheidung von Armin Veh, ihn nach dem Länderspiel in den USA gegen Hertha BSC auf die Tribüne zu verbannen. Sein Kommentar? Wieder zeigt Pardo die Zähne: "Fragen Sie doch den Trainer." Da ist einer sichtlich in seiner Profi-Ehre getroffen - womöglich so sehr, dass bisher feste Maßstäbe verrückt sind. So überrascht es nicht, dass er über sein Vertragsende (2009) nur sagt: "Jetzt bin ich beim VfB. Aber du weißt nicht, was morgen ist."

Trainer, so viel weiß er, will er nach der Karriere werden. "Ich habe viel Temperament. Wenn ich den ganzen Tag im Büro sitzen würde, müsste ein Fenster dran glauben", sagt er und schlägt mit der rechten Faust gegen die Innenfläche der anderen Hand.
Die Emotionen müssen raus. Das Derby kommt zum richtigen Zeitpunkt.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten