Eisstadion "Am Pferdeturm"

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Zuschauerkapazität: 4608

(davon 714 Sitzplätze)

Stadionsprecher:

"Toddy" Barton


Was Hannovers Stadion am Pferdeturm zur Legende macht - Für viele ein Zuhause

Deutschlands Eishockey-Arenen können sich sehen lassen: Riesige Videowürfel, High-Tech-Musikanlagen, gepolsterte Sessel, luxuriöse Vip-Logen und selbstverständlich Presse-Arbeitsplätze mit Internetanschlüssen haben in Hallen wie Köln, Hamburg oder Krefeld längst Einzug gehalten. Zwar zeitgemäß, dafür aber ohne Kult-Charakter. Das genaue Gegenteil davon ist der Pferdeturm in Hannover - eines der legendärsten Eishockey-Stadien in der Bundesrepublik. Was macht den Pferdeturm eigentlich so einmalig, was ist dran am "Mythos Pferdeturm"? Am treffendsten umschreibt es wohl Börni Kühn (33), Beamter und Vorsitzender des Fanprojektes: "Wir sind halt das St.Pauli des Eishockeys. Und dieses Image wollen wir auch behalten."


Das familiäre Miteinander zwischen Fans, Verein und Mannschaft ist auch für Hotelier Dirk Wroblewski (41) das Besondere in Hannover-Kleefeld. "Ende der Achtziger bin ich als Neuzugezogener eher zufällig mal ins Stadion gegangen. Gerade als ich auf die Tribüne kam, fiel ein Tor. Ich wurde umarmt, als wenn ich schon Jahre dazu gehörte. Eine sensationelle Stimmung - und ich war sofort infiziert."


Die Geschichte des Eishockeysports am Pferdeturm ist lang und begann 1948 mit einer Natureisfläche. TC Grunewald Berlin und Hahnenkleer EV hießen damals die ersten Gegner der EG Hannover. 1959 wurde der Pferdeturm eingeweiht, der 1978 überdacht wurde. Natürlich hat sich in der Zwischenzeit viel verändert, die Grundzüge sind jedoch geblieben. "Diese etwas marode Atmosphäre hat halt seinen Charme. Der Pferdeturm besitzt so etwas wie Wohnzimmercharakter. Man ist sehr nah am Geschehen und findet sofort Kontakt. Ich kenne viele Freundschaften, die hier geschlossen wurden und seit vielen Jahren halten", erzählt Jan Roterberg (39), Mitarbeiter in einer Werbeagentur und heute zuständig für Marketingaufgaben beim EC Hannover. Für ihn ist Eishockey am Pferdeturm keine reine Sportveranstaltung, sondern ein Event: "Die Fankultur ist gewachsen, lebt auch von der Historie. Oft gehen die After-Game-Partys bis in den frühen Morgen", so Roterberg. Das bestätigt auch Börni Kühn, warnt aber zugleich: "Diese einmalige Atmosphäre ist längst Kult, den man aber auch erhalten und pflegen muss."


Höhepunkt des Geschehens rund um den Pferdeturm waren die neunziger Jahre, als der EC Hannover in der ersten Liga spielte. Damals gab es endlose Schlangen vor den Kartenhäuschen, teilweise wurde in der Nacht vor dem Kartenverkauf in Zelten campiert, um an eines der Tickets zu kommen. "Ich hatte eine Dauerkarte, auf der noch drei Spiele waren. Dafür wurden mir damals tausend Mark geboten, aber ich habe natürlich die Karte behalten", erzählt Dirk Wroblewski. Er gehört heute zu den Sponsoren und könnte auf der VIP-Tribüne platz nehmen. Aber Wroblewski steht immer noch auf der geliebten Nordtribüne. "Hier fühle ich mich halt zu Hause."


Unvergessen auf die vielen Pannen, die immer mal wieder passieren. So ein halbstündiger kompletter Stromausfall, der für totale Finsternis sorgte. Keine Panik, keine Hektik oder Flucht: Nein, die Zuschauer feierten halt sich selbst und harrten ohne zu murren aus, bis die Lichter wieder angingen. Die Fans halten hier unheimlich eng zusammen, sind füreinander da und habem eine unglaubliche Bindung zu dem Verein", sagt Börni Kühn. Er hat allerdings auch eine Veränderung bei den Anhängern ausgemacht. "Es rücken Jüngere nach." Dass trotzdem die Tradition nicht verloren geht, ist eines der Ziele von Kühn und seinem rührigen Fanprojekt. "Wir haben im November eine Wunderkerven-Aktion gemacht. Da war sofort wieder dieses Gänstehaut-Feeling wie in alten Zeiten."


Auf die Frage, ob denn der Pferdeturm saniert und modernisiert werden soll, antworten Roterberg, Wroblewski und Kühn fast gleichlautend: wenn, dann sehr behutsam. Für Dirk Wroblewski steht allerdings fest, dass sich auch der EC Hannover den Forderungen von Sponsoren nach mehr Luxus nicht verschließen kann. Das sieht auch Jan Roterberg so. "Ein Abriss und Neubau kommt ebenso wenig in Frage wie ein Umzug. Die Fans sind auch Anhänger des Standortes. Aber eine zeitgemäße Geschäftsstelle, ein größerer VIP-Raum und eine bessere Infrastruktur für Medien sind unumgänglich." Dagegen sieht Börni Kühn den größten Bedarf beim Service für Fans. "Die Sanitäranlagen müssen renoviert werden und wir brauchen eine größere Kneipe." An den Grundzügen des Pferdeturms wollen jedoch alle nicht rütteln. Börni Kühn trifft den Punkt: "Das Stadion ist halboffen und ist halt für Wintersport geschaffen worden. Da macht der Glühwein noch Sinn. Und spätestens wenn Stadionsprecher Toddy Barton seine Stimme hebt, kommt jeder Besucher in diese ganz besondere Spaß-Phase."


High-Tech und Luxus kann der Pferdeturm zwar nicht bieten, dafür sind aber Stimmung und gute Laune garantiert. Mythos halt - ein Wort, das der Duden wie folgt umschreibt: "Sage und Dichtung von Göttern, Helden und Geistern". Passender könnte der Pferdeturm nicht beschrieben werden.