Tschüß, Oberliga - Indians steigen in Liga zwei auf

`Nie mehr Oberliga!` - um Punkt 21.30 Uhr dröhnte der lange Jahre nur in Gedanken existente Schlachtruf aus rund 4500 Indianer-Kehlen. Soeben hatte Christoph Koziol mit seinem zweiten Tagestreffer das dritte Oberligafinalspiel des ECH gegen Bad Nauheim auf 4:1 gestellt und damit die letzten Zweifel vertrieben – die Hannover Indians werden 2009/10 aus Liga zwei grüßen.





Mit einem am Ende noch recht deutlichen 6:1 (1:0,2:1,3:0)-Erfolg entschieden die Hannover Indians die best-of-five-Serie gegen die Hessen damit am Abend glatt mit 3:0 Siegen und 17:4 Toren für sich, krönten eine rundum erfolgreiche Spielzeit mit insgesamt 47:14 Siegen, lösten in der Stadt Hannover zuletzt als Drittligist einen wahren Boom aus (an beiden Public Viewing Orten und im Stadion drückten am Ostermontag insgesamt beinahe 8000 Fans live die Daumen) und dürfen nun einen Sommer lang voller Vorfreude von Gastspielen namhafter Zweitligisten wie Schwenningen oder Landshut träumen. Nach elf Jahren Hannover Indians, davon neun in der Oberliga, haben sich Offizielle, Spieler und Fans des ECH diesen Sprung redlich verdient. Die mehr als 35 Minuten lang noch einmal ganz hervorragend aufspielenden Teufel aus der Kurstadt vergaben allerdings auch in Spiel drei keine Geschenke und ließen die zum Schluss euphorische Kulisse lange zittern.





Die Vorzeichen vor Spielbeginn waren klar: während bei den um ihre letzte Chance kämpfenden Nauheimern die gesperrten J. Hooks und L. Gare fehlten, waren bei den Pferdetürmlern A. Dewan und J. Anderson aufgrund ihrer großen Strafen abstinent, überdies war es für Indiansanhänger und teilweise auch –spieler am Abend wieder mal ein deja-vu-Erlebnis. Die Möglichkeit, einen Zweitligaaufstieg daheim klarmachen zu können, hatte Hannover 2005, 2006 und letzten Endes auch 2008 jeweils im eigenen Stadion verspielt. Es hätte also zur Beruhigung der Nerven aller Beteiligten beitragen können, wenn die Indians gleich zu Beginn eine ihrer allein im Anfangsdrittel sieben Überzahlmöglichkeiten hätten nutzen können. Die wie immer robusten Wetterauer dachten gar nicht daran, den Indians die Sache leicht zu machen, zeigten sich perfekt auf ihren Kontrahenten eingestellt, kamen selbst zu Torchancen, leisteten sich aber unter dem Strich zu viele Zeitstrafen, die auch zweimal eigene Powerplaymöglichkeiten prompt wieder aufhoben. Nach 8:37 Minuten Überzahl fanden die lange Zeit zu wenig zielstrebigen Indianer dann allerdings 45 Sekunden vor der ersten Pause doch noch die Lücke – bedient von D. Del Monte traf K. Doyle bei 5:3 genau unters Dach. Angesichts des immer größer werdenden Drucks der Gastgeber, denen ein Treffer von R. Hisey wegen Torraumabseits aberkannt worden war (16.) und die nicht nur in Gestalt von J. Chamberlain zuvor am starken D. Wrobel scheiterten (19.) eine hochverdiente Führung. Statistisch gesehen bereits der Aufstieg, denn jede 1:0-Führung am Pferdeturm hatte 2008/09 am Ende auch einen Heimsieg zur Folge gehabt.



Als kurz nach Wiederbeginn C. Schadewaldt den Nauheimer J. Barta mit einem krachenden Open-ice-Check für den Mittelabschnitt aus dem Spiel genommen hatte und damit die Paradereihe der Hessen fast vollständig aufgelöst schien, zeigten die Roten Teufeln vor ihren rund 300 mitgereisten Fans noch einmal eindrucksvoll Charakter. War der verdeckte Sonntagsschuss von H. Vogler bei angezeigter Strafe genau in den Winkel nach 25 Minuten noch etwas glücklich, so verdienten sich die Kurstädter das 1:1 im Nachhinein redlich. Ein von der Linie des Indianskastens geschlagener Puck und mehrere Glanzparaden von R. Kondelik verhinderten gegen nun noch einmal sieben, acht Minuten toll aufspielende Gäste ein durchaus mögliches 1:2, unter dem Strich aber war dies der einzige Kurzzeitwackler der ligabesten Defensive in der ganzen Serie. Etwa ab Minute 34 fanden die Indianer zurück ins Match und schlugen ihrerseits im Powerplay wieder eiskalt zurück. Mit einem gewaltigen Schlagschuss stellte B. Bagu die Weichen mit dem 2:1 wieder auf Aufstieg (36.) und nur zwei Minuten später war das Nachsetzen gegen nun kurzzeitig beeindruckte Nauheimer von Erfolg gekrönt – C. Koziol, in den Finalspielen neben K. Doyle und J. Chamberlain ein belebendes Element und einer der stärksten Indianer, war bei angezeigter Strafe zum 3:1 zur Stelle (38.).



Die schon in der Drittelpause erwartungsfroh durchsingende Kulisse hatte dann bereits nach 89 Sekunden des letzten Abschnitts endgültig Gelegenheit gesanglich Abschied von der Oberliga zu nehmen. Nach tollem Spielzug über Doyle und Chamberlain stellte erneut C. Koziol die Partie auf 4:1 und löste auf den Rängen Festlichkeiten aus, die das legendäre Schlussdrittel der DEL-Geschichte am 27.2.1996 gegen die Kölner Haie (1:7) noch locker toppten. Während die Nauheimer angesichts weiterer Zeitstrafen und eines vermeintlichen Torraumabseits beim 5:1 durch R. Hisey (50.) mit HSR van Gameren haderten, spielten die Hannover Indians nun von Zentnerlasten befreit noch einmal toll auf, zeigten ihr blitzschnelles Transitionspiel und erarbeiteten sich weitere tolle Chancen, von denen das 6:1 durch K. Doyle (51./5:3-PP) und ein Pfostenschuss von T. Stolikowski (53.) die Highlights darstellten. Die letzten fünf Spielminuten gingen dann unter in einer atemberaubenden Atmosphäre eines komplett stehenden Eistempels und um wenige Minuten nach 22 Uhr war mit es der Schlusssirene amtlich – die Hannover Indians spielen 2009/10 in Liga zwei.



Fazit: am Ende war es eine rundum gelungene Spielzeit. Schon in der Hauptrunde bestanden ab Dezember keine Zweifel mehr, dass sich der ECH Rang eins im Norden sichern würde und auch in den Play-Offs waren die Indians am Ende nicht zu stoppen, entschieden erstmals in der Pferdeturmgeschichte zwei Runden in einer Saison für sich. Das `Stahlbad Herne` im Halbfinale ließ das Team von Coach J. West in den Endspielen von Beginn weg Ernst machen, so dass die unter dem Strich auf eine tolle Spielzeit zurück schauenden Hessen am Ende von den Zahlen her ohne echte Chance waren, in 180 Minuten gelang gegen Hannover kein Tor bei 5:5. Da Kampf, Einsatz und Leidenschaft stets stimmten, was an kaum einem Standort so wichtig ist wie in Bad Nauheim, dürften die Anhänger der Kurstädter am Ende aber wohl dennoch hochzufrieden auf die Saison 2008/09 zurückblicken.





Mo., 13.4.09:

Hannover Indians – Rote Teufel Bad Nauheim 3:0

6:1

(1:0,2:1,3:0)



Tore: 1:0 (20.) Doyle 42 5-3, 1:1 (25.) Vogler 6-5, 2:1 (36.) Bagu 6 5-4, 3:1 (38.) Koziol 21 6-5, 4:1 (42.) Koziol 22, 5:1 (50.) Hisey 29 5-4, 6:1 (51.) Doyle 43 4-3.



Strfm.: ECH 12 – ECN 26 +10 f. Gogulla +10 f. Eade +10 f. Wrobel



Zusch.: 4608 (a.)



HSR: van Gameren



Top(+): Die 36. Minute im Eisstadion am Pferdeturm: mit einem Hammer in Überzahl stellt Rückkehrer B. Bagu die Weichen mit dem 2:1 auf Sieg, erzielt im Nachhinein das Seriensiegtor und darf sich rühmen, dieses vielleicht noch eine Nuance mehr verdient zu haben als alle anderen. Wie schon vor seinem Abgang 2005 spielte der `Mister` sensationell starke Play-Offs, war im Gespann mit C. Schadewaldt defensiv insbesondere bei 5:5 nicht zu knacken und darf sich nun nach 2007 mit Ravensburg erneut als Aufstiegsheld feiern lassen.



TopII(+): Auf den zahllosen Ehrenrunden ging nicht nur den langjährigen Indiansakteuren wie R. Kondelik, M. Rohatsch, J. Staltmayr oder auch B. Bagu so manche Szene aus den Vorsaisons durch den Kopf. Die Ereignisse der letzten Jahre sorgten unweigerlich dafür, dass die Emotionen noch größer ausfielen, als bei einem `normalen` Aufstieg. Die Serien gegen Freiburg und Ravensburg, die Tränen nach den Duellen gegen Landsberg und Dresden, die Freude nach Spiel fünf in Berlin, der Triumph mit 48 Siegen in 48 Regionalligaspielen, der Dank der Unfähigkeit der Funktionäre nicht daheim gefeiert werden konnte, da man Hannover als Nord-1. in der best-of-two-Serie im entscheidenden Spiel auswärts antreten ließ, dazu der lange Sommer mit dem deutschlandweit beachteten Durchboxen des Aufstiegs.

Der Aufstieg in die Oberliga am grünen Tisch 1999, die Aufnahme in die DEL 1994 als Zweitliga-6. und der knapp verpasste Aufstieg in die Bundesliga 1991 waren weitere Highlights, die immer auch einen kleinen Wermutstropfen auslösten, da nie in einem entscheidenden Spiel am Pferdeturm etwas Greifbares in den Händen zu halten war. Selbst der letzte Zweitligaaufstieg 1988 hatte diesen `Makel`, denn auch dieser Erfolg gelang auswärts in Solingen und war somit nur den mitgereisten 200 Anhängern live vergönnt. All dies ist nun Vergangenheit – der 13.4.2009 entschädigte fast 4500 ECH-Anhänger für alle Tränen zuvor. Der Dank geht somit an das Team 2008/09, zu dem auch die zuletzt nicht mehr eingesetzten oder bereits abgewanderten J. Welke, J. Cameron, S. Breiter, M. Theurer, P. Baumgartner und M. Nemirovsky zählten.



GWG: B. Bagu (36.)



Beste Akteure: D. Del Monte, B. Bagu, C. Koziol – M. Baldys





ECH: Kondelik, (Voigt) – Staltmayr, Stolikowski, Bagu, Schadewaldt, Hemmes, Slaton, Priebsch, Thomson – Chamberlain, Doyle, Koziol, Del Monte, Hisey, Carciola, Wagner, Fendt, Phillips, Rohatsch.



ECN: Wrobel, (Niemz) – Baum, Gogulla, Eade, Vogler, Ludwig, Franz – Lavallee, Hare, Haiduk, Barta, Baldys, Schwab, Willkom, Breiter, Althenn, (Striepeke).