6:8 nach 4:0
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Geschrieben von: Niki Jaklitsch
Samstag, den 10. Oktober 2009 um 05:30 Uhr


3.426 Zuschauer wurden am Freitagabend am Pferdeturm in Hannover Zeugen eines verrückten Spiels: Nach einer 4:0-Führung mussten sich die EC Hannover Indians in der 2. Eishockey-Bundesliga dem ESV Kaufbeuren noch 6:8 (0:0, 4:3, 2:5) geschlagen geben.


Trotz der neuerlichen Niederlage, die die Niedersachsen weiter auf dem letzten Rang des Klassements verharren lässt, war der Aufwärtstrend unter dem neuen alten Coach Joe West unverkennbar.


In der Anfangsphase zeigten die Hausherren deutlich, dass sie die desolaten Auftritte des vergangenen Wochenendes rasch vergessen machen wollten. Mit schnörkellosem, körperbetontem Spiel kauften sie Kaufbeuren früh den Schneid ab und konnten sich rasch ein spielerisches Übergewicht erarbeiten. Da jedoch sowohl Florian Hechenrieder im Tor des ESVK als auch Marek Mastic im Tor der Indians mehrere Glanzparaden zeigten, sollten im ersten Spielabschnitt keine Treffer fallen.


Auch im zweiten Drittel stand bei beiden Teams zunächst die Defensive im Vordergrund, ehe der ECH ab Halbzeit der Partie sein Chancenplus auch in Treffer umzumünzen vermochte. In der 30. Spielminute brachte PJ Atherton die Rothäute in Führung, und Jamie Chamberlain ließ nur 66 Sekunden später mit einer energischen Einzelleistung das 2:0 folgen (31.). Als Nick Martens noch in derselben Minute im Alleingang auf 3:0 stellte, sah sich Kaufbeurens Coach Ken Latta veranlasst, eine Auszeit zu nehmen, um sein Team zu beruhigen. Die Spielunterbrechung hatte zunächst jedoch nicht den gewünschten Effekt, im Gegenteil: Josh Olson gelang im Powerplay nach rund 32 Minuten sogar das 4:0, mit dem die Indians wie die sicheren Sieger aussahen. Nun begann jedoch eine wahre Strafzeitenflut, an der beide Teams sicher nicht unschuldig waren, der in zahlreichen Situationen wenig souverän wirkende Schiedsrichter Sven Fischer aus Hamburg jedoch maßgeblichen Anteil hatte: Erst wanderten Kyle Doyle und Nick Martens auf die Strafbank, was Kaufbeuren zum Anschlusstreffer durch Robert Paule nutzte (35.). Anschließend wurde Indianer Josh Olson für einen Check von hinten zunächst erwartungsgemäß mit 2 + 10 Strafminuten bedacht, woraus kurz darauf jedoch eine Spieldauerdisziplinarstrafe wurde, die den sofortigen Ausschluss des Amerikaners zur Folge hatte. In der folgenden fünfminütigen Überzahl kam Kaufbeuren durch Mats Lindmark und Petr Sikora auf 4:3 heran, so dass im Schlussabschnitt ein heißer Tanz bevor stehen sollte (37./39.).


Auch zu Beginn des dritten Durchgangs mussten sich die Indians einer doppelten Unterzahl erwehren, was leider nicht gelang. Zunächst markierte Jordan Webb in zweifacher numerischer Überlegenheit den Ausgleich (43.), ehe Emil Ekblad die Gäste aus dem Allgäu erstmals in Front brachte (44.). Die Indians wirkten nun – sicher auch bedingt durch etliche umstrittene Entscheidungen des Unparteiischen, der jegliche Linie vermissen ließ – kurzzeitig geschockt, konzentrierten sich jedoch schnell wieder aufs Eishockey spielen. Zwar kamen die Hausherren zu etlichen guten Möglichkeiten zum Ausgleich, der nächste Treffer sollte jedoch erneut Kaufbeuren vorbehalten sein. Als Dominic Krabbat rund zehn Minuten vor Ende der Partie auf 4:6 stellte (50.), hätte wohl kaum einer der Indians-Fans noch einen Pfifferling auf sein Team gesetzt, doch dem ECH gelang getreu dem Motto „Indians geben niemals auf“ auch unter erschwerten Bedingungen mit zahlreichen Unterzahl-Situationen nochmals ein Comeback. In Minute 53 verkürzte Kyle Doyle in doppelter Überzahl auf 5:6, und als der unermüdlich rackerende Daniel Huhn die Scheibe buchstäblich ins Kaufbeurer Tor zum Ausgleich „hineinarbeitete“ (54.), schien ein Sieg für den ECH wieder im Bereich des Möglichen. Kaufbeuren antwortete jedoch im Stile einer Spitzenmannschaft eiskalt und riss die Indians, bei denen zwischenzeitlich Jamie Chamberlain mit Verdacht auf Knochenprellung verletzt ausschied, mit einem Doppelschlag aus allen Träumen. Binnen 58 Sekunden sorgte Mike Wehrstedt mit zwei Treffern zum 6:8 für die Entscheidung zugunsten der Gäste (55./56.). In den letzten Minuten warfen die Gastgeber zwar noch einmal alles nach vorne, auch die Herausnahme Marek Mastics für einen sechsten Feldspieler sollte weitere Treffer erzwingen. Dies gelang allerdings nicht mehr, so dass Hannover gegen Kaufbeuren eine weitere Niederlage quittieren musste. Eine Niederlage allerdings, die aufgrund der kämpferischen Steigerung, ebenso wie in Punkto Körpereinsatz, Mut macht für die kommenden Aufgaben.