Kreiszeitung 08.01.2008

Alberto gerät unter Druck

Kranker Brasilianer nicht mit nach Belek / "Wir werden ein Auge auf ihn haben"

Von Arne Flügge

BREMEN. Das ist der Hammer! Noch am Sonntag hatte Carlos Alberto gut gelaunt verkündet, dass es ihm nach seinen Halsschmerzen besser geht und er selbstverständlich heute mit ins Trainingslager nach Belek fahren wird. Gestern nun die Rolle rückwärts: Der 22-jährige Brasilianer bleibt daheim in Bremen! "Es macht keinen Sinn", erklärte Trainer Thomas Schaaf.

Es war mehr als nur eine Mandelentzündung, die Alberto aus Brasilien mitbrachte. Der 7,8-Millionen-Flop hat sich im Urlaub eine Virusinfektion eingefangen. Zudem wurde eine Schilddrüsenfunktionsstörung festgestellt. "Er kann nicht trainieren und hat vom Arzt kein grünes Licht fürs Trainingslager bekommen", erklärte Sportchef Klaus Allofs.

Mit Vollgas hatte Carlos Alberto nach der Weihnachtspause auf die Überholspur abbiegen wollen - jetzt wurde er vom Werder-Doc schon vor dem Start aus dem Rennen genommen. Ein weiteres Kapitel in der schier unendlichen Pannenstatistik des großen Talents ohne Arbeitsnachweis. "Ich versuche immer noch das Positive zu sehen, vielleicht kann er nachreisen", meinte Allofs. Wobei hier wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedankens ist. Und ohne eine richtige Vorbereitung wird Carlos Alberto den Bremern auch in der Rückrunde wohl keine große Hilfe sein. Dennoch hält Allofs weiterhin an Alberto fest. Er sagt aber auch: "Wir haben wirklich eine Engelsgeduld mit ihm. Doch so langsam muss er wirklich seinen Rhythmus finden."

Was im Krankenblatt von Carlos Alberto besonders auffällt: Er hat überwiegend nicht die Probleme, die ein Fußballer eigentlich hat: Prellungen, Zerrungen, muskuläre Schwierigkeiten. Alberto kränkelt häufig, hatte einen Schwächeanfall, von seinen Schlafstörungen mal ganz abzusehen. Begeht der Brasilianer Raubbau an seinem Körper, seinem Kapital? Unternimmt Carlos Alberto wirklich alles, um richtig fit zu werden? Fragen, die Allofs nicht schlussendlich beantworten kann. "Er hat beim Laktattest gefehlt, und ich weiß nicht, ob er in Brasilien seine Hausaufgaben gemacht hat", sagt der 51-Jährige. Und so langsam scheinen auch Allofs Zweifel an der profihaften Einstellung seines Spielers heimzusuchen. Spekulationen über zahlreiche nächtliche Eskapaden seines Stars hatte der Sportchef bisher in die Gerüchteküche gestellt. Jetzt kündigte er an: "Wir werden in den nächsten Wochen ein Auge auf Carlos haben. Wir werden verstärkt auf sein gesamtes Verhalten achten."

Eine profihafte Einstellung, so der Werder-Sportdirektor, "ist die Voraussetzung für einen gesunden Spieler, der konstant Leistungen auf hohem Niveau bringen soll". Wer sich dem Beruf des Profifußballers verschrieben habe, der müsse auch dementsprechend leben und auf sich achten. "Profis können sich nicht so verhalten, wie andere in ihrem Alter. Sie müssen Opfer bringen", forderte Allofs. Schließlich würden sie "dafür auch nicht schlecht bezahlt".

Was klingt wie eine letzte Warnung an Carlos Alberto, will Allofs als allgemein gültig für alle Spieler verstanden wissen. Dass er es im Falle von Alberto aber so deutlich sagt, darf schon als Gelb-Rote Karte interpretiert werden. Krankheit hin oder her.

Ein Ausleihgeschäft kommt für Allofs aber noch nicht in Frage. "Das ist im Moment sicherlich noch kein Thema", sagte der 51-Jährige: "Aber es ist klar, dass so etwas mit der Zeit als Option im Raum steht. Das hängt davon ab, wie sich der Spieler verhält." Alberto hat es also selbst in der Hand . . .