Presseschau Weser-Kurier 14.02.2008

Wiese hält und hält


Werder besiegt Braga entspannt mit 3:0, weil der Torwart gleich zwei Elfer pariert

Von Oliver Matiszick

BREMEN. Am Tag vor der Partie war Tim Wiese wenig eingefallen zum SC Braga. Bis auf das, was man eben weiß, wenn man schon mal gesehen hat, wo die Portugiesen spielen. "Geiles Stadion", sagte Werders Torhüter also über die in ein Felsmassiv gehauene Arena zu Braga. Seit gestern Abend weiß Wiese mehr über Braga, viel mehr. Nämlich, dass Werder beste Chancen hat, nach dem 3:0 (2:0)-Hinspielerfolg als Sieger aus dem Duell um den Achtelfinaleinzug hervorzugehen. Und dass er selbst dazu den Grundstein gelegt hat.

Denn Wiese, bis zum vergangenen Wochenende in seiner Werder-Laufbahn nie durch parierte Strafstöße auffällig geworden, machte dort weiter, wo er beim 1:1 in München aufgehört hatte. Dort hatte er gegen Luca Toni gehalten und offenbar Geschmack daran gefunden. So sehr, dass er das Kunststück nun gleich zweimal praktizierte. Gegen Roland Linz, Bragas hoch gelobten Stürmer, und Jorginho. Beide hatten gut geschossen, Linz nach links, Jorginho nach rechts - beide Male wehrte der Bremer Torhüter noch stärker ab. Wiese, der neue Elfmeter-Töter. Was für eine Überraschung.

Eine gute Stunde vorher war es noch an seinem Trainer gewesen, die 25 690 Zuschauer zu überraschen. Thomas Schaaf hatte eine Aufstellung aus dem Hut gezaubert, mit der niemand gerechnet hatte. So stand Clemens Fritz, tags zuvor noch nicht einmal auf der vorläufigen Kaderliste geführt, erstmals nach seiner Leisten-OP wieder auf seiner Position rechts hinten in der Viererkette. Patrick Owomoyela rückte dafür nach links, wo er Aaron Hunt im Mittelfeld vor sich hatte - statt Tim Borowski, der sich nach einer Reihe durchwachsener Spiele zunächst nur auf der Bank wiederfand. Und im Sturm vertraute Schaaf auf die Dienste von Hugo Almeida, der in der Bundesliga zuletzt wegen seiner Rotsperre keine Einsatzzeiten hatte sammeln können.

Doch das erste Ausrufezeichen setzte statt "Euro"-Hugo - in der vergangenen UEFA-Cup-Saison hatte er auf dem Weg bis ins Halbfinale vier Mal getroffen - der zweite Bremer, der am Wochenende in München noch rotgesperrt zusehen musste: Naldo. Die Portugiesen hatten noch nicht mal richtig Bekanntschaft mit dem Weserstadion geschlossen, da hatte Werders Innenverteidiger sie schon in Rückstand geschossen. Mittels seiner Paradedisziplin - dem gepflegten Freistoßkracher aus großer Distanz. Gestern Abend waren es gut und gerne 30 Meter bis zum Tor, von wo aus Naldo anlief und abzog. Einmal sprang der Ball noch vor dem Tor auf, und das war ein Mal zuviel für Paulo Santos - rechts unten schlug es ein, 1:0 (4.).

Und dann kam erst einmal ganz viel Wiese. Gegen Linz bewahrte er seine Mannschaft vor dem schnellen Ausgleich (10.) - zuvor war der Österreicher selbst im Strafraumduell mit Fritz gefallen, der Elfmeterpfiff des griechischen Schiedsrichters Georgios Kasnaferis vertretbar. Anders verhielt es sich 25 Minuten später: Matheus hatte frei auf Wiese zulaufen können, doch in der 1:1-Situation blieb der Bremer Schlussmann Sieger. Dessen Nachfassen nach dem Ball nutzte Matheus jedoch zum Fallen - und Schiri Kasnaferis fand Gefallen an der Einlage. Wiese korrigierte die Fehlentscheidung des insgesamt schwachen Unparteiischen auf seine Weise (35.). Das Stadion ("Wiese für Deutschland!") tobte.

Was zusätzlich dadurch begünstigt wurde, dass Werder zu diesem Zeitpunkt bereits mit 2:0 in Führung lag. Daniel Jensen hatte ebenfalls eine Art Elfmeter, allerdings aus dem Spiel heraus, zum Einschießen genutzt. Almeida konnte von rechts außen scharf zurück in die Mitte des Strafraums passen - wo Werders dänischer Mittelfeldspieler mutterseelenallein stand und alle Zeit der Welt hatte, sich die Ecke auszusuchen. Wieder rechts unten, 2:0 (27.).

Auch deshalb eine verdiente Führung, weil sich die Portugiesen zwar nicht in der zuvor vermuteten Form versteckt hatten - ansonsten wären sie auch kaum zu den Strafraumszenen vor den Elfmetern gekommen. Doch die klareren Chancen verbuchten die spielbestimmenden Bremer für sich. Per Mertesacker traf per Kopf den Pfosten (16.), einen Distanzschuss von Aaron Hunt (18.) konnte Torwart Santos ebenso abwehren wie Markus Rosenbergs Freistoß-Nachschuss (79.), dazu köpfte Almeida unbedrängt knapp am Tor vorbei (48.). Erst in der Nachspielzeit erzielte der Portugiese dann das erlösende dritte Tor: per Handelfmeter.Und so verspricht das Rückspiel nächste Woche in Braga ein ganz entspannter Besuch in einem "geilen Stadion" zu werden.