Vertrag bis 2011, fünf Millionen Euro Ablöse / Der schlechte Ruf interessiert nicht
Von Carsten Sander
BREMEN In Carlos Alberto hat Werder Bremen einen Problem-Profi gerade nach Brasilien verschoben. Gestern schnappte sich der Bundesliga-Zweite Mesut Özil. Das Mittelfeld-Talent wechselt mit sofortiger Wirkung von Schalke 04, wo er schwer in Ungnade gefallen war, an die Weser. Der 19-Jährige unterschrieb einen Vertrag bis zum 30. Juni 2011. Doch der Transfer wird rund ums Weserstadion eher kritisch gesehen, denn bejubelt. Die Fans tuscheln, dass sich Werder nun das nächste Problem ins Haus geholt hat.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bremer Verantwortlichen das ganz anders sehen. So lobpreist Trainer Thomas Schaaf die fußballerischen Qualitäten des deutschen U 21-Nationalspielers ("Technisch stark, kombinationssicher") und wischt alle Bedenken erstmal zur Seite. "Mesut Özil ist ein junger, sehr interessanter Spieler. In den Gesprächen mit ihm haben wir einen Jungen kennen gelernt, der seine Ideen hat und weiß, was er will."
Genau diese Eigenschaft führte auf Schalke zum großen Zerwürfnis. Der Club wollte mit Özil vorzeitig den Vertrag verlängern, bot mit 1,5 Millionen Euro ein stattliches Jahresgehalt. Doch Özil lehnte (nach angeblich zuvor mündlich getätigter Zusage) ab und bekam das wenig ehrenvolle Etikette des geldgierigen Jungprofis angeklebt. S04-Coach Mirko Slomka bezeichnete ihn als von Berater Reza Fazeli und Vater Mustafa "ferngesteuert". Und obwohl sich Özil öffentlich wehrte ("Eine schmutzige Kampagne, eine Frechheit"), hängt ihm diese Geschichte nun nach.
Ob zurecht oder nicht - wer wisse das schon, meint Schaaf und erklärt: "Wir wollen doch, dass Spieler ihre Eigenarten haben. Uns geht’s nicht darum, ob einer schwierig oder pflegeleicht ist im Umgang." Auf die sportlichen Leistungen käme es an. Und die seien bei Özils bisherigen 30 Bundesliga-Auftritten "sehr ansprechend" gewesen, meint Schaaf: "Jeder Fachmann bestätigt sein Talent."
Deshalb hat Werder auch zugeschlagen. Allerdings nicht so kurzentschlossen, wie es den Anschein hat. Das Bremer Bemühen, den gebürtigen Türken zu verpflichten, wurde zwar erst vorgestern bekannt, "aber unser Interesse besteht schon seit längerer Zeit", berichtet Sportdirektor Klaus Allofs. Mit dem Spieler sei man sich schnell einig geworden, die Feilscherei um die Höhe der Ablöse dauerte allerdings bis gestern Nachmittag. Geschätzte fünf Millionen Euro müssen die Bremer nun an Schalke 04 überweisen. Gegen 19.00 Uhr - und damit fünf Stunden vor Ablauf der Transferfrist - unterschrieb Özil seinen Dreijahresvertrag.
Wieviel er nun bei Werder pro Saison verdient, ist nicht bekannt. Für Klaus Allofs ist jeder ausgegebene Cent aber eine "Investition in die Zukunft. So sehen wir den Transfer." Mit der Verletzung von Torsten Frings sowie den Abgängen von Leon Andreasen (FC Fulham) und Party-Granate Carlos Alberto (FC Sao Paulo) habe die Verpflichtung "nicht unmittelbar" zu tun, so Allofs: "Wir glauben, dass Mesut auf Dauer eine sinnvolle Verstärkung für unsere Mannschaft darstellt."
Özil, der bis Mittwoch auch mit Hannover 96 und dem VfB Stuttgart in Verhandlungen gestanden hatte, entschied sich natürlich aus rein sportlichen Gründen für Werder - wie es halt immer so ist. Er freut sich auf die "sportliche Herausforderung" und ist glücklich über die Entwicklungsmöglichkeiten, die sich in Bremen bieten: "Viele Spieler haben sich hier verbessert. Werder gehört zu den Topclubs in Deutschland, ist immer oben mit dabei. "
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