Kreiszeitung 12.01.2008

Das große Versprechen von Naldo

Wenn Werder einen Titel holt, dann spricht der Brasilianer erstmals öffentlich Deutsch

BELEK Zum Interview-Termin im Trainingslager in Belek kommt Naldo natürlich mit seinem Dolmetscher Roland Martinez. Mit ihm fühlt sich der Brasilianer einfach sicherer, obwohl er nach zweieinhalb Jahren in Bremen längst die deutsche Sprache ganz ordentlich versteht und auch spricht. Im Sommer muss der 25-jährige Werder-Profi auf dem Bremer Rathausbalkon aber möglicherweise ohne Martinez auskommen, denn Naldo hat ein Versprechen abgegeben. Bevor es so weit war, stand er noch zu Themen wie Saisonziele, Diego, Carlos Alberto und das Leben in Bremen Rede und Antwort.

Naldo, was ist Ihr großes Ziel für die Rückrunde?

"Ganz klar die Deutsche Meisterschaft. Seit ich hier bin, waren wir oben dabei, haben es aber nicht geschafft. Dieses Jahr ist unsere Mannschaft so stark, dass es klappen kann."


Die Bayern sind auch stark.

"Hamburg auch. Trotzdem bin ich optimistisch."


Das waren Sie letztes Jahr im Winter auch . . .

"Stimmt. Aber wir haben daraus gelernt. Wir dürfen nicht mehr den Fehler machen, zu sehr darauf zu gucken, was die Konkurrenz macht. Wir müssen nur auf uns schauen. Und wir müssen alle optimistisch sein, aber gleichzeitig mit den Beinen auf dem Boden bleiben."


Im vergangenen Jahr hat das Wechseltheater um Miroslav Klose für viel Unruhe gesorgt. Im Sommer laufen gleich sieben Spielerverträge aus. Droht da nicht ein ähnliches Szenario und ein erneuter Einbruch?

"Damit das mal klar ist: Es hat nicht an Miro gelegen, dass wir keinen Titel geholt haben. Er hat viel für Werder geleistet und alles gegeben. Verträge laufen nun einmal irgendwann aus, und gute Spieler wecken Begehrlichkeiten bei anderen Clubs. Aber wir sind Profis, können mit solchen Situationen umgehen und trotzdem unsere Leistung bringen."

Sie gehören auch zu den guten Spielern. Wieviele Vereine haben schon angeklopft?

"Darüber mache ich mir keine Gedanken, ich spiele für Werder. Falls Angebote kommen, muss sich der Verein damit auseinandersetzen. Dann wird mit mir gesprochen und schließlich entschieden, was das Beste für alle ist."


Sie haben im Sommer durch die Südamerikameisterschaft kaum Pause gehabt und die Rückrunde komplett gespielt - wie Diego. Der durfte deshalb und wegen einer Verletzung nun länger in Brasilien bleiben. Sind Sie ein bisschen neidisch?

"So ein wenig brasilianische Sonne wäre nicht schlecht . . . Aber ernsthaft: Meine Arbeit ist hier bei Werder. Ich habe keine gesundheitlichen Probleme wie Diego. Es ist gut für ihn, dass er dort behandelt wird. Ich habe gestern mit ihm telefoniert, es geht ihm gut. Er absolviert ein hartes Programm, um fit zu werden."


Ist es nicht ein großer Nachteil, dass ausgerechnet der Spielmacher jetzt in der Einspielphase nicht bei der Mannschaft sein kann?

"Natürlich wäre es besser, wenn Diego bei den Testspielen dabei wäre. Das gilt für alle Verletzten. Aber am 20. Januar kommt er doch schon zurück, und er ist längst im Team integriert."


Von Carlos Alberto kann man das nicht behaupten. Wie haben Sie ihren Landsmann in den vergangenen Monaten erlebt?

"Er ist ein exzellenter Fußballer und ein super Mensch mit einem großen Herzen. Ich habe oft mit ihm gesprochen und ihm versichert: Wenn du fit bist, dann hast du hier auch einen Stammplatz."


Haben Sie ihm auch etwas Kritisches gesagt?

"Natürlich. Carlos hat sich noch nicht dem Fußball in Deutschland angepasst. Er muss seinen Stil etwas ändern, dann klappt es auch."


Spielt Carlos Alberto in der Rückrunde?

"Ich hoffe das."


Zurück zu Ihnen: Sie sind seit zweieinhalb Jahren in Bremen, was gefällt Ihnen am wenigsten, was am meisten?"

"Also das Wetter würde ich gerne ändern, aber das liegt ja nicht in meiner Macht. Ich fühle mich sehr wohl hier und bin glücklich. Das Schönste ist, dass ich mich mit meiner Familie hier so sicher fühle. Hier können wir ausgehen, ohne Angst zu haben. Und hier wird man als Fußballer mit Respekt behandelt."


Wie meinen Sie das?


"Brasilien hat die erfolgreichste Nationalmannschaft der Welt, trotzdem sind die Fans sehr ungeduldig. Neulich gegen Uruguay haben sie uns schon nach zwei Minuten ausgepfiffen."


In Deutschland werden Sie nicht ausgepfiffen?

"In Bremen ganz sicher nicht - auswärts von den gegnerischen Fans natürlich schon. (Plötzlich lacht Naldo und scherzt) Aber da ist ja dann hauptsächlich Tim Wiese das Opfer . . ."


Wie sieht es eigentlich mit Ihren Deutsch-Kenntnissen aus?

"Ich verstehe schon sehr viel. Ich nehme ja auch viel Unterricht. Aber ich bin noch zu schüchtern, öffentlich zu sprechen. Ich habe einfach Angst, Fehler zu machen."


Vorschlag: Wenn Werder im Sommer auf dem Bremer Rathausbalkon die Meisterschale oder einen Pokal präsentiert, dann halten Sie eine kurze Ansprache an die Fans - natürlich auf Deutsch.

"Gute Idee, das mache ich. Sie müssen mich dann nur daran erinnern . . ."