Weser-Kurier 14.01.2008

Borowski wird ein Bayer

Der Bremer Mittelfeldspieler ist der erste Klinsmann-Transfer der Münchner

Von Thorsten Waterkamp

BELEK. Atlético Madrid wolle Tim Borowski verpflichten, hatte vergangene Woche die spanische Zeitung "As" vermeldet. Anschließend wurde über einen Wechsel zu den Bayern spekuliert, doch der Betroffene schwieg im Bremer Trainingslager in Belek beharrlich - kein Wort zu den Medien, einige nannten es Presseboykott. Der 27-Jährige schien eingeschnappt, wegen kritischer Beurteilung zurückliegender Leistungen, deutete er an. Es steckte wohl mehr dahinter: Tim Borowski verlässt Werder - und geht zum FC Bayern München.

Zu fortgeschrittener Stunde gestern Abend in Belek bestätigte Klaus Allofs gegenüber dem WESER-KURIER das, was selbst im Trainingslager der Münchner in Südspanien nur als Gerücht kursierte und von Bayern-Manager Uli Hoeneß am Nachmittag auf dem Flughafen von Malaga noch dementiert worden war. "Das wird so sein", sagte Werders Sportdirektor, als er nach dem bevorstehenden Wechsel Borowskis an die Isar befragt wurde. Dem Spieler selbst fiel es leicht, sich an sein selbst auferlegtes Schweigegelübde zu halten - er hatte sein Handy ausgeschaltet.

Zumindest gegenüber der sportlichen Führung seines Noch-Arbeitgebers hat Tim Borowski gesprochen. Gestern informierte er Allofs und Trainer Thomas Schaaf über den Abschied aus Bremen, der für den Sportdirektor alles andere als überraschend kam. "Wir wussten, dass die Situation nicht einfach sein würde", sagte der Bremer Manager - und nannte dafür mehrere Gründe.

Erstens sei es für Werder "finanziell schwierig mitzuhalten, wenn ein Spieler im erweiterten Kreis der Nationalmannschaft steht". Dazu komme, dass Borowski "zuletzt bei uns nicht so gut gespielt hat". Selbst die frühe Auswechselung im Spiel gegen Leverkusen, als der Mittelfeldspieler nach nur 31 Minuten das Feld hatte verlassen müssen, führte Allofs auf seiner Liste der Gründe, die die Trennung der Beziehung Borowski-Bremen forciert hatten. Allofs: "Man hat ja auch an seinem Verhalten gegenüber der Presse gesehen, dass ihn das nicht glücklich gemacht hat."

In Belek war bereits zu Beginn des Trainingslagers am vergangenen Mittwoch die Bitte der Medienvertreter an Borowski herangetragen worden, doch bitteschön für eine Interviewrunde zur Verfügung zu stehen. Nach einem gebrummelten "weiß ich noch nicht" folgte tags darauf die Absage. Auch eine persönliche Nachfrage des WESER-KURIER blieb erfolglos. "Was soll ich denn sagen, Ihr schreibt doch sowieso, was Ihr wollt", antwortete Borowski sinngemäß.Für den langen Blonden aus Neubrandenburg, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft und er somit ablösefrei geht, endet mit dem Wechsel von der Weser an die Isar im kommenden Sommer eine lange Episode seiner Karriere. Elf Jahre lang wird er die Werder-Raute auf der Brust getragen haben, wenn er geht. Borowski war 1996 als 16-Jähriger von seinem Heimatverein 1. FC Neubrandenburg nach Bremen gekommen, durchlief die Nachwuchsmannschaften bei Werder und debütierte am 18. August 2001 bei der Bremer 1:3-Heimniederlage gegen 1860 München in der Bundesliga. Fast auf den Tag ein Jahr später absolvierte der Bremer in Sofia beim 2:2 gegen Bulgarien seine erste von bis heute 31 Partien im Nationaldress, damals noch unter Rudi Völler.

In München wird er einen späteren Verantwortlichen der deutschen Nationalmannschaft wiedertreffen: Jürgen Klinsmann. Erst vor drei Tagen hatte der FC Bayern die Verpflichtung Klinsmanns bekannt gegeben und damit die Spekulationen um einen Borowski-Wechsel zu dem bayerischen Klub befeuert. Klinsmann und Borowski wird ein enger Kontakt nachgesagt. Die Verpflichtung des Bremers ist der erste Klinsmann-Transfer im Bayern-Auftrag.

Werders Verhandlungen mit Borowski waren nach einem letzten Angebot im alten Jahr ins Stocken geraten. Seitens Borowski und seines Beraters Jörg Neubauer hatte es darauf, erläuterte Allofs gestern Abend, keine Reaktion mehr gegeben. Eine Antwort, sagte der Geschäftsführer Sport, wäre nun fällig gewesen. Gestern hat Werder sie bekommen.