Weser-Kurier 18.01.2008

Saisonstart, zweiter Anlauf


Torsten Frings meldet sich für den Wintercup einsatzbereit und will anschließend in aller Ruhe Meister werden

Von Oliver Matiszick

BREMEN. Morgen gibt es etwas zu gewinnen. Der Wintercup in Düsseldorf ist kein wirklich großer Titel, aber es ist einer, immerhin. Eine Art Vorgeschmack auf das, was Werder in den kommenden Monaten erreichen kann. Und Torsten Frings, der monatelang wegen einer Knieverletzung aussetzen musste, will zum Auftakt der Jagd nach Meisterschaft und/oder UEFA- sowie DFB-Pokal wieder dabei sein. Endlich.

"Ich freue mich tierisch darauf", sagt er. Denn in die Zuschauerrolle hat er sich diese Saison öfter versetzt gesehen, als ihm lieb war. Einen knappen Monat nur konnte er spielen, den Oktober über, dann setzte ihn die Verletzung, die er Ende Juli im Testspiel von Paderborn erlitten hatte, ein zweites Mal außer Gefecht. Nun ist er wieder fit, hat die Vorbereitung in Belek problemlos mitgemacht - und steht mit der Rückrunde vor so etwas wie seinem persönlichen Saisonstart.

Er hat sich viel vorgenommen für diese Halbserie. Als Fernziel steht die Europameisterschaft am Horizont, bei der er, schon einer der Hauptdarsteller des deutschen WM-Sommermärchens von 2006, wieder eine Hauptrolle spielen will. Dass er fast die gesamte Hinrunde verpasst hat, sieht er dabei nicht als Hinderungsgrund. "Vor der WM hatte ich mir das Wadenbein gebrochen - und habe dann trotzdem ein gutes Turnier gespielt", sagt Frings, "ich muss nichts mehr beweisen."

Wichtiger ist ihm ohnehin erst einmal das Nahziel: die Rückrunde mit Werder. Und damit die Aussicht auf jene drei Titel. Welcher es nach dem Willen des 31-Jährigen am Ende werden soll, ist klar: die Meisterschaft. "Etwas Höheres gibt es nicht", sagt er, "außer vielleicht die Champions League." Mit der kann es bekanntermaßen diese Saison schon mal nichts mehr werden, also hat er ein klar definiertes Werteschema: UEFA-und DFB-Pokal sind auch was Feines, aber die Meisterschale ist das, "wofür man jeden Tag auf dem Trainingsplatz steht".

Womit sich vor dieser Rückrunde die Parallelen zur Vorsaison aufdrängen. Auch im Januar 2007 standen die Werderaner, als Tabellenführer in die Winterpause gegangen, bei Rückrundenbeginn tagtäglich auf dem Trainingsplatz - und im Sommer dennoch mit leeren Händen da. Ohne Meisterschale, ohne UEFA-Pokal und, nach anhaltenden Querelen, schließlich auch ohne Miroslav Klose.

Jetzt, ein Jahr später, sind sie punktgleich mit dem Tabellenführer Bayern (samt Klose) in die Winterpause gegangen, und wollen es im nächsten Anlauf besser machen. Wie das gehen soll? Frings, der Leitwolf, hatte seine Strategie bereits im Sommertrainingslager auf Norderney formuliert: weniger übereinander reden, dafür mehr miteinander Fußball spielen. Eine Art Unruhe-Vermeidungsstrategie, damit solche Störfeuer wie einst um Klose - und zeitweise auch ihn selbst - gar nicht erst wieder entstehen würden. Und bei der ist er geblieben.

So will Frings die Unruhe, die es seit Beginn dieser Woche um die Personalien Tim Borowski und Carlos Alberto gegeben hat, auch nicht als solche verstanden wissen. Werders Sorgenfall aus (und jetzt wieder in) Brasilien habe schon allein deshalb nicht für Unruhe innerhalb der Mannschaft sorgen können, "weil er ja kaum mal bei uns auf dem Platz war". Er hält Alberto nach wie vor für einen "sensationell guten Fußballer", der sich in Bremen allerdings zu sehr selbst im Weg stand. "Er hat es nicht geschafft, ein Teil der Mannschaft zu werden, obwohl wir uns sehr bemüht haben", sagt Frings. "Aber rüde Fouls und Schlägereien sind auch nicht gerade die Sachen, die dazu beitragen, dass man akzeptiert wird."

Was er akzeptieren kann, ist die Entscheidung von Borowski, ab der kommenden Saison für Bayern München zu spielen. "Er steht dazu - und ich finde es gut, dass er es so früh bekannt gegeben hat", sagt Frings. Weil eins jetzt gar nicht mehr aufkommen kann: Unruhe im Zusammenhang mit dem Rätselraten um die sportliche Zukunft seines Mittelfeldkollegen. Dass es sich in dieser Beziehung angesichts einer ganzen Reihe von weiteren offenen Personalien - darunter Daniel Jensen, Jurica Vranjes, Ivan Klasnic, Petri Pasanen und Pierre Wome - allenfalls um eine vorübergehende Ruhe handeln dürfte, wischt Frings beiseite. "Verträge laufen immer aus, bei jedem Verein. Es davon abhängig zu machen, ob man einen Titel holt, ist doch Schwachsinn", sagt er. "Dann dürfte ja keiner Meister werden."Und das will er schließlich. In aller Ruhe.