06.02.2008, 15:17 Uhr News

Was kommt da auf uns zu? Das ist Sporting Braga!


Es war lange kein tolles Spiel zwischen Estrela Amadora und Sporting Braga am vergangenen Freitag. Aber in der 82. Minute schien sich Werders UEFA-Cup-Gegner dem unbequemen Kontrahenten, der gegen den Abstieg kämpft, doch noch entledigen zu können. Jorginho brachte den jetzigen Tabellenachten mit einem abgefälschten Schuss in Führung und es sah danach aus, als würde nach vier Partien wieder mal ein Punktspiel-Sieg gelingen und als könnte sich Braga für die Niederlage im Pokal an gleicher Stelle zwei Wochen zuvor revanchieren.

Doch in der Nachspielzeit wurde es noch turbulent: Erst sah Bragas Cesar Peixoto nach Ballwegschlagen Gelb-Rot und dann glich Fernando Reges für die Gastgeber auch noch per Elfmeter aus, in der fünften Minute der Nachspielzeit! Es läuft einfach nicht für Sporting Braga, und nun noch die höheren Aufgaben im UEFA-Cup: In einer Woche, am 13.02.2008, kommt Braga zum Hinspiel der ersten K.O.-Runde nach Bremen. Was Werder erwartet und warum das Stadion der heimliche Star des kleinen Clubs Sporting Braga ist, verrät unser Porträt.

Ein stimmungsvoller Ort mit besonderen Fußball-Etwas

Wer nach Braga im Norden Portugals kommt, kann vielerlei suchen. Vor allem Seelenheil, ist die drittgrößte portugiesische Stadt doch ein religiöses Zentrum des Landes, es finden sich Dutzende Kirchen und christliche Bauwerke hier. Auch Zerstreuung und Erholung lassen sich hier prächtig finden: Mit 170.000 Einwohnern ist Braga noch nicht zu groß, es hat eine sehenswerte Altstadt mit dem Stadtpalast Palacio dos Biscainhos und dem Berg Bom Jesus, zu dem man per wasserkraftgetriebener Standseilbahn hinauffahren kann. Nicht zuletzt ist Braga bekannt für stimmungsvolle Festivals und Veranstaltungen das ganze Jahr über.

Wer mit fußballerischem Ansinnen nach Braga kommt, hat es da ein bisschen schwerer. Gegen den heimischen Sporting Clube de Braga anzutreten, heißt auch, sich auf eine besondere Suche zu machen... "Es war sehr schwierig, die Tore zu finden", sagte Morten Olsen, Dänemarks Nationaltrainer bei der EURO 2004 nicht von ungefähr. Denn das für diesen Anlass in den Felsen Monte Castro über der Stadt gehauene Stadion "Municipal de Braga" ist so ganz anders als alles, was man als Fußballprofi im Allgemeinen so bespielt. Man kennt ja, gerade in Deutschland, alle Nuancen moderner Fußballarchitektur: mit Kurven, rechteckig, zwei Ränge, drei Ränge, vollautomatische Dächer, Videowürfel, Heizstrahler undsofort. Das Municipal beschränkt sich auf zwei gegenüberliegende Tribünen, die 30.000 Plätze bieten und deren Überdachungen mit einer abenteuerlichen, über das Feld spannenden Stahlseilkonstruktion stabilisiert werden. Hinter den Toren ist nichts. Schlicht und einfach. Keine Fangnetze, keine Fans, keine Anzeigetafeln. Ein paar Felsen hier, viel Luft und der Blick auf die Landschaft dort.

Bayern schimpfen über die "Felsenhölle"

Das sorgt für eine völlig ungewohnte Atmosphäre und erfordert die Neujustierung des Orientierungssinns, um eben immer zu wissen, wo die Tore stehen. So, wie das letztlich auch die Dänen geschafft haben bei ihrem 2:0 über Bulgarien im Sommer vor dreieinhalb Jahren. Als die Münchner Bayern in der UEFA-Cup-Gruppenphase hier mit Müh und Not ein 1:1 mitgenommen hatten, schimpfte Oliver Kahn: "Wir sind es gewohnt, vor 80.000 Zuschauern in Madrid, Manchester oder Barcelona zu spielen, und jetzt spielst du halt in der Felsenhölle von Braga vor 5.000. Das wirkt nicht sehr motivierend". Das "Flair einer Freilichtbühne" machten die Münchner aus – der Groll über einen unbequemen Gegner, der sie zudem sehr hart bearbeitet hatte, klang in jeder Silbe mit. Das bleibt festzuhalten: Sporting Braga wird keine leichte Aufgabe für Werder. Gerade in ihrem Felsendomizil sind sie schwer zu schlagen – von den zehn europäischen Auftritten der letzten vier Jahre verloren sie nur einen mit 2:3 gegen Tottenham Hotspur. Auch in der Liga sind sie seit sechs Heimspielen unbesiegt.

Sporting Braga kam in den letzten vier Jahren jeweils auf UEFA-Cup-Plätzen der portugiesischen Superliga ins Ziel, allerdings erreichte das Team von Trainer Manuel Machado nur in der vergangenen und der laufenden Saison die Gruppenphase. Im Vorjahr war erst im Achtelfinale gegen Tottenham Schluss. In der ersten Runde dieser Saison schaltete man Hammarby IF aus Schweden aus, um dann in der Bayern-Gruppe auch gegen Bolton, Saloniki (jeweils 1:1) und Roter Stern Belgrad (2:0) ungeschlagen weiter zu kommen. Die Stars des seit einem Auswärtsspiel bei Arsenal London in den 30ern in rot gekleideten Kaders sind João Pinto und Roland Linz. João Pinto war dreimal Fußballer des Jahres in Portugal und Mitglied der "Goldenen Generation" in der Nationalmannschaft. Der Österreicher Linz, der auch schon in Nizza und bei Boavista Porto spielte, ist der Goalgetter im Team. In sechs UEFA-Cup-Spielen dieser Saison hat er bereits fünf Mal getroffen, auch gegen die Bayern. Außer mit den Münchnern beschränkt sich Bragas Erfahrung mit Deutschen im Europapokal übrigens auf ein Duell mit Schalke im Achtelfinale 1997/98, das S04 mit 2:0 und 0:0 für sich entschied.

Respekt, aber auch vorsichtiger Optimismus in Braga

Der Respekt vor Werder ist groß in Nordportugal. Der Manager des SC Braga, Rui Casaca, sagte nach der Auslosung im Dezember: "Werder ist eine der besten Mannschaften des UEFA-Pokals, aber wir hatten eben keine Wahl und werden unser Bestes geben." Bei den Fans sorgt dagegen vor allem das gute Abschneiden gegen die Bayern für vorsichtigen Optimismus. Dabei läuft es im neuen Jahr noch nicht optimal für ihr Team. Das erste Spiel am 4. Januar endete gegen Abstiegskandidat Académia de Coimbra mit 3:3, danach setzte es beim FC Porto ein 0:4 und gegen Belenenses Lissabon gelang zuhause nur ein 1:1. Bis zum Hinspiel in Bremen am Mittwoch, 13. Februar 2008, 20.30 Uhr hat Braga kein Ligaspiel mehr, die Form muss also auf anderen Wegen zurück in die "Felsenhölle" finden.

von Enrico Bach