Kreiszeitung 16.01.2008

Wie sich ein Training verändert . . .


Werder-Coach Schaaf setzt viel mehr auf Individualität / Ziel: Automatismen, um Zeit zu gewinnen

BELEK Seit fast neun Jahren ist Thomas Schaaf schon Chefcoach bei Werder. Eine Erfolgsgeschichte. Und eine absolute Seltenheit im schnelllebigen Fußball-Geschäft. Bei anderen Clubs wechseln in schöner Regelmäßigkeit die Übungsleiter, und damit auch das Trainingsprogramm. Bei Werder gibt es diese Veränderung auch, aber bei gleichbleibendem Personal. Wer Werders Einheiten in Belek beobachtet hat, dem fiel sofort auf: Das ist anders, das ist individueller als in der Vergangenheit.

"Wir haben noch mehr in Gruppen trainiert", bestätigt Schaaf: "Es geht darum, die Abstimmung in den einzelnen Mannschaftsteilen zu verbessern." Bestes Beispiel war die Gummiband-Übung für die Viererkette in der Abwehr (wir berichteten). Aber auch die Stürmer wurden gesondert im Zusammenspiel und im Abschluss geschult. Genauso das Mittelfeld. Viel Arbeit auch für die Co-Trainer Wolfgang Rolff und Mathias Hönerbach, die alles andere als nur Hütchenaufsteller waren. "Der Weg geht generell hin zu mehr Spezialisierung", sagt Schaaf. Einen eigenen Trainer für die jeweiligen Mannschaftsteile, so wie es in anderen Sportarten praktiziert wird, hält er im Fußball allerdings für wenig sinnvoll, "weil bei uns im Wettkampf doch alle Mannschaftsteile immer gleichzeitig auf dem Platz stehen. Da geht keiner wie beim Handball beim Angriff vom Feld." Außerdem seien die Übergänge zwischen Abwehr, Mittelfeld und Angriff extrem wichtig. "Da braucht man ein gutes Passspiel", erklärt Schaaf.

Ohnehin ist der 46-Jährige kein Freund davon, einen Spieler mit dem Stempel "Stürmer" oder "Innenverteidiger" zu versehen. Positionsveränderung seien im Spiel nun mal regelmäßig notwendig. Deshalb muss jeder Werder-Profi alle Bereiche kennen - und vor allem die Spielphilosophie des Trainers. Die ist bekanntlich sehr offensiv. Aber das alleine reicht nicht. Es gibt einen Schaafschen Grundgedanken, der sozusagen über allem steht: "Wir müssen Automatismen in unsere Handlungen bringen, um Zeit zu gewinnen." Was so einfach klingt, ist gerade in Zeiten, in denen das Tempo im Fußball enorm gestiegen ist, ganz schwierig. Aber eben auch entscheidend.

Besonders hilfreich ist dabei ein eingespieltes Team, eine Stammformation. Genau die fehlte Werder in der Hinrunde aufgrund von immer wieder neuen Ausfällen. Doch im Rückblick sieht das Schaaf gar nicht so negativ. "Wir mussten noch mehr auf Feinheiten achten und über die Anforderungen auf den einzelnen Positionen sprechen." Das habe geschult und die Entwicklung aller Beteiligten vorangetrieben - auch die des Trainers.

Nur bei einem setzt Schaaf weiterhin auf Altbewährtes: bei der Auswahl des Winterquartiers. Bereits zum achten Mal in Folge fand das Trainingslager in Belek statt. Und wieder waren die Bedingungen "optimal", wie Schaaf zufrieden feststellt. Eine Rückkehr im nächsten Jahr ist daher mehr als wahrscheinlich. Der Coach wird auch dann noch Thomas Schaaf heißen, sein Training sich aber möglicherweise wieder verändert haben.