Weser-Kurier 05.02.2008

Werder schlägt Werder


Auf der Suche nach dem nötigen Rhythmus stehen sich die Bremer selbst im Weg

Von Oliver Matiszick

BREMEN. Mit Abpfiff des 1:2 gegen den VfL Bochum hatte es Daniel Jensen hinter sich, in vielerlei Hinsicht. Das, was er Schiedsrichter Michael Weiner gerne zu dessen Entscheidung, den Gegner per Abseitstor zurück ins Spiel zu bringen, gesagt hätte? Hatte er lieber heruntergeschluckt, weil er schon gelbverwarnt war. Die Angst, mit Werder schlecht in die Rückrunde zu kommen? Weg. "Denn das haben wir ja jetzt gemacht", sagt der Däne, "also müssen wir auch keine Angst mehr davor haben." Ein Fall von unwiderlegbarer Logik.Was jenseits der Angst bleibt, ist die Sorge in wenigstens mittelschwerer Ausführung. Denn was unter dem Strich der ersten Pflichtspielwoche bleibt: Werders größter Gegner bei den 1:2-Niederlagen in DFB-Pokal und Bundesliga hieß Werder.

Und nicht etwa Pech (wie beim verschossenen Elfmeter in Dortmund) oder Benachteiligung durch den Schiedsrichter (gegen Bochum).Beides kam zwar erschwerend hinzu, war aber nicht Ursache der Auftaktpleiten. Weil die Mannschaft von Thomas Schaaf zu der Zeit, als sie jeweils von den Unwägbarkeiten getroffen wurde, beide Spiele längst hätte selbst entschieden haben können. Oder vielmehr: müssen. "Es war doch genau wie in Dortmund", ärgerte sich Torwart Tim Wiese, "wir müssen den Sack auch mal zumachen." Dass sie es erneut nicht schafften, hatte - bis auf seine eigene Position - mit allen Mannschaftsteilen zu tun.Der Sturm? Zeigte einen geradezu fahrlässigen Umgang mit der Vielzahl von Chancen. Bilanz der beiden Spiele: Von den drei eingesetzten Angreifern war der quirlige Aaron Hunt mit einem Lattentreffer gegen Bochum noch am nächsten an einem Torerfolg dran.

Der inzwischen verletzte Ivan Klasnic enttäuschte im DFB-Pokal ebenso wie am Sonntag dann auch Markus Rosenberg in der Bundesliga.Das Mittelfeld? Abermals wurde deutlich, wie sehr es von Diego abhängig ist. Und der Spielmacher hat nach seinem wochenlangen Reha-Aufenthalt in Brasilien noch längst nicht zu seiner Topform zurückgefunden. "Das kann ja auch noch nicht wieder der Fall sein", sagte Sportdirektor Klaus Allofs, "diese absolute Fitness muss er sich über die nächsten Spiele holen." Daniel Jensen müht sich zwar nach Kräften, dem Spiel die nötigen Impulse zu geben, bräuchte dabei aber Unterstützung - die Tim Borowski zurzeit jedenfalls nicht liefern kann.Die Abwehr?

Schon in der Vorbereitung zeigte sie sich anfällig, woran sich im Ernstfall nun wenig geändert hat. Während von den Außenpositionen kaum einmal verwertbare Beiträge zum Offensivspiel kommen, erweist sich das Herzstück Innenverteidigung bei schnellen Kontern als leicht verwundbar. Und Bochums Stanislav Sestak bohrte am Sonntag unentwegt in dieser Wunde. Erst lief er Per Mertesacker mehrfach leichtfüßig davon, schließlich ließ er sich von Naldo nur per Notbremse stoppen."Das kann noch nicht das sein, was wir spielen wollen", fasste Allofs den aktuellen Stand der Mängelliste zusammen.

Dass die Mannschaft in der ersten Woche nach Ende der Winterpause ihren Rhythmus noch nicht gefunden hat, ist kein neues Phänomen. "Aber bei der Suche danach", sagt Allofs, "muss man Spiele nicht verlieren. Man kann durchaus auch gewinnen."Weil das versäumt wurde, steht Werder bereits am zweiten Spieltag der Rückrunde vor der heiklen Situation, dass ein nachhaltiger Rückstand im Titelrennen droht. Weil der nächste Gegner am Sonntag Bayern München heißt. Und dort sieht man sich durch Werders Patzer gegen Bochum nun in die angenehme Situation versetzt, per Sieg einen nervenschonenden Vorsprung von sechs Punkten auf den Konkurrenten aus dem Norden herausarbeiten zu können.

"Wir hatten eine Super-Ausgangsposition", ärgerte sich Allofs nach der Niederlage am Sonntag, "es wäre toll gewesen, wenn wir vor dem Spiel in München punktgleich gewesen wären - und in Bestbesetzung." Doch von der hat man sich durch Naldos Platzverweis noch ein bisschen weiter entfernt. Schließlich ist er nach Hugo Almeida schon der zweite Spieler, der eine Rotsperre abzusitzen hat. Nicht zu vergessen, dass Boubacar Sanogo, gemeinsam mit Almeida treffsicherster Werder-Stürmer (je sieben Tore) der Hinrunde, noch immer beim Afrika-Cup ist.Was nichts an der neuen Wochenaufgabe ändert. "Wir müssen sehen, dass wir die Punkte, die wir gegen Bochum verloren haben, in München zurückholen", gab Allofs vor. Eigentlich auch nur logisch.