Kreiszeitung 17.01.2008

"Er war kein Teil der Mannschaft"


Viele Werder-Profis nicht unglücklich über Albertos Abreise / Vorerst kein Ersatz geplant

Carlos Alberto galt als Außenseiter im Werder-Team. Mit seiner Art hatten viele Kollegen so ihre Probleme, deswegen sind sie über seinen Abschied nicht wirklich traurig.Foto: Lampe
BELEK Wirklich vermissen wird Carlos Alberto in Bremen wohl niemand. Aus Mannschaftskreisen war sogar eine gewisse Erleichterung zu vernehmen, dass der 23-Jährige zunächst bis Sommer an den FC Sao Paulo ausgeliehen wird. "Er ist ein verrückter Vogel, ein kleines Kind. Er ist uns ganz schön auf die Nerven gegangen", verriet ein Werder-Profi, der lieber nicht genannt werden wollte. Auch Torsten Frings ließ kein wirklich gutes Haar an dem Brasilianer: "Er hat es einfach nicht geschafft, ein Teil unserer Mannschaft zu werden. Dabei haben wir uns alle bemüht - besonders natürlich auch unsere Brasilianer. Es ist besser für ihn, dass er geht."

Noch ist das Ausleihgeschäft allerdings nicht unter Dach und Fach. Alberto absolvierte gestern in Sao Paulo den medizinischen Check - und erst wenn die Ergebnisse vorliegen, gibt’s die endgültige Entscheidung. Der brasilianische Spitzenclub ist allerdings überzeugt, dass der fünffache Nationalspieler den Test trotz seiner gesundheitlichen Probleme (Virusinfektion und Schilddrüsenüberfunktion) bestehen wird und hat bereits für morgen die offizielle Vorstellung des Neuzugangs angekündigt.

Laut Werder-Coach Thomas Schaaf haben sich "die Werte von Carlos gebessert". Den Verdacht, Albertos Krankheit sei nur vorgeschoben, wies der Coach auf dem Flughafen von Antalya kurz vor der Rückreise nach Bremen harsch zurück: "Wir verbreiten doch keine Lügengeschichten."

Aus Brasilien sickerte derweil durch, dass sich der FC Sao Paulo mit 70 000 Euro monatlich an Albertos Gehalt beteiligt. Den Rest - wahrscheinlich die andere Hälfte - muss Werder zahlen. Eine Ausleihgebühr gibt es nicht.

Auch das zeigt: Werder wollte das Sorgenkind unbedingt loswerden und nutzt Sao Paulo als Schaufenster für Kaufinteressenten. So meinte Clubchef Jürgen L. Born zum bisherigen Wertverlust des Brasilianers, der im Sommer mit 7,8 Millionen Euro der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte war: "Wenn er da einschlägt, dann ist er in zwei Monaten wieder beim alten Wert."

Offiziell will bei Werder allerdings niemand etwas von einer Verkaufsabsicht hören. "Es geht darum, ihn dort ans Spielen zu bringen. Wir sind von seinen fußballerischen Qualitäten weiterhin überzeugt", sagte Thomas Schaaf. Seine Hoffnung ist, dass sich alles noch zum Guten wendet und Alberto im Sommer einen Neustart in Bremen machen kann. Aber warum sollte Alberto ins kalte Deutschland zurückkehren, wenn’s ihm in der Heimat endlich wieder gut geht? "Ich weiß nicht, ob ein Spieler das so stehen lässt", appellierte Schaaf an Albertos Ehre: "Es wäre schön, wenn er den Wunsch hätte, sich hier zu beweisen."

Naldo und Diego haben das im Gegensatz zu ihrem Landsmann gemacht, gelten als die guten Beispiele für Werders Versuche mit südamerikanischen Spielern. Und sie fielen ihrem Landsmann gestern natürlich nicht in den Rücken, obwohl ihr Verhältnis zu ihm nur ganz normal sein soll, was bei Brasilianern in einem Team eher unüblich ist. "Carlos wird zurückkommen, weil er ein hervorragender Fußballer ist", sagte Naldo brav. Diego, der derzeit in Sao Paulo ein Reha-Programm absolviert, nahm Alberto gestern sogar vor Ort in Empfang und dann auch in Schutz: "Carlos hatte Anpassungsschwierigkeiten. So etwas kann passieren. Ich kenne das, weil es mir beim FC Porto ähnlich ging." Der Spielmacher flüchtete damals an die Weser - und schaffte hier seinen großen Durchbruch. Bei Alberto soll der FC Sao Paulo die Wende bringen. Ende Januar beginnt die regionale Meisterschaft. Die wirklich wichtigen Wettbewerbe starten erst später, auch deshalb will der Renommierclub Alberto bis Ende des Jahres behalten. Angeblich existiert dafür eine entsprechende Option. Werder-Sportchef Klaus Allofs dementiert das.

Kein Thema ist bei den Bremern bislang, einen Ersatz für Alberto in der Winterpause zu verpflichten. "Natürlich gehörte Alberto zu unseren Planungen - aber er sollte das i-Tüpfelchen sein", meinte Schaaf und ergänzte: "Es gibt derzeit nicht einen so interessanten Spieler auf dem Markt, den wir haben wollen."