30.01.2008, 03:53 Uhr News

Diegos Happyend fiel aus:Von der Bank in die Verantwortung


Als Werders Startelf am Dienstagabend im Signal Iduna Park verlesen wurde, standen in den Augen der 4.500 mitgereisten Werder-Fans Fragezeichen: Diego fehlte. Während der kleine Brasilianer auf der Bank Platz nahm, lief für ihn Aaron Hunt auf. Der Überraschungseffekt war groß, die Erklärung dafür jedoch denkbar einfach. "Wir wollten kein Risiko eingehen. Wir wussten, dass er noch nicht wieder 90 Minuten höchstes Tempo gehen kann. Deswegen haben wir uns entschieden, ihn erst später zu bringen. Er hätte sicherlich gern durchgespielt, aber manchmal muss man seine Entscheidungen treffen", erklärte Thomas Schaaf, der auch nach dem Schlusspfiff noch dazu stand.

Geschäftsführer Klaus Allofs hielt die Entscheidung ebenfalls für richtig. "Man hat die Wahl, ob wir ihn am Anfang einsetzen oder erst im zweiten Durchgang. Ich hätte es auch so gemacht", sagte Allofs, der versuchte, die Diego-Euphorie ein wenig zu bremsen. "Bei allen Wünschen, ihn wieder dabei haben zu wollen, dürfen wir nicht vergessen, dass er erst letzte Woche aus Brasilien zurückgekommen ist und bis jetzt nur 45 Minuten gegen Split gespielt hatte. Wir hätten ihm und auch uns keinen Gefallen getan, wenn wir ihn sofort voll rein geschmissen hätten. Bei aller Wichtigkeit des Spiels heute, müssen wir auch daran denken, dass wir ihn im weiteren Verlauf der Saison dringend brauchen."

Die Entscheidung des Trainerstabes stieß beim brasilianischen Nationalspieler auf Verständnis. Schon vor der entscheidenden Mannschaftssitzung hatte Thomas Schaaf mit ihm unter vier Augen gesprochen. "Er hat mir seine Einschätzung gegeben, dass ich erst 45 Minuten gespielt habe und vielleicht noch nicht so weit wäre, und es vernünftiger wäre, mich in der zweiten Halbzeit einzusetzen, zumal es ja auch zu einer Verlängerung hätte kommen können. Ich war bereit und fit, aber vielleicht noch nicht für 90 Minuten. Mir fehlt vor allem noch der Rhythmus, daher war die Entscheidung schon richtig." Diego blickt jedoch schon auf die nächsten Tage und ist sich sicher, dass er seinen Rückstand aufholen kann. "Bis zum Sonntag sind es noch fünf Trainingseinheiten, das könnte reichen. Dann werde ich 90 Minuten zur Verfügung stehen."

Der kleine Brasilianer wird auch schon deshalb auf einen Einsatz drängen, weil er die Zeit auf der Bank unerträglich fand. "Ich habe zwar von der Bank ein sehr gutes Spiel gesehen, in dem wir unsere Chancen nicht nutzen konnten, aber es ist von da draußen ja viel schwieriger als wenn man selbst auf dem Platz steht. Ich konnte eigentlich nur versuchen, meine positive Gedanken auf die Teamkollegen zu übertragen", so Diego.

Ab der 68. Minute musste er sich nicht mehr darauf beschränken. Er kam aufs Feld und übernahm sofort die Regie und in den entscheidenden Situationen die Verantwortung. Bei beiden Elfmetern trat er sofort zum Punkt. Leider scheiterte er im zweiten Anlauf. "Darüber bin ich natürlich sehr traurig. Ich werde wohl in dieser Nacht schlecht schlafen können. Ein zweiter Strafstoß in so kurzer Zeit ist immer schwierig, weil beim Schützen und beim Torhüter das Spekulieren beginnt. Ich dachte, dass er wieder in die gleiche Ecke gehen wird, weil er zuvor schon knapp dran war, aber er hat Recht behalten, als er sich für die andere Seite entschieden hat", sagte der 22-Jährige, der aber auch künftig wieder antreten wird. "Noch trauriger wäre ich gewesen, wenn ich mich in dieser Situation versteckt hätte. Ich würde auch gegen Bochum wieder antreten. Ich würde dann einfach die Ecke nehmen, die sich der Torhüter nicht ausgesucht hat. Wenn ich zwei Mal schießen müsste, dann würde mein Kopf aber wieder rauchen", verriet Diego, der übrigens keinerlei Vorwürfe von den Teamkollegen bekam.

Unmittelbar nach dem verschossenen Strafstoß kamen die meisten Kollegen auf ihn zu und munterten ihn auf. Torhüter Tim Wiese dazu: "Das ist doch kein Thema, das war eine unglückliche Situation. Wir hätten einfach schon viel früher ein Tor machen müssen." Geschäftsführer Klaus Allofs sagte: "Jeder große Spieler hat schon mal einen Elfmeter verschossen. Das ist immer bitter, denn in der Verlängerung wäre es sehr interessant geworden. Aber das muss man auch Diego mal zugestehen. Es ist auch gut zu sehen, dass er die Verantwortung übernimmt."

von Michael Rudolph und Felix Ilemann