Weser-Kurier 16.01.2008

Abschied vom 7,8-Millionen-Flop


Werder will sich von Carlos Alberto trennen - zunächst per Ausleihe an den FC São Paulo / Morgen Medizin-Check

Von Thorsten Waterkamp

BELEK. Es war gestern Abend genau eine Woche her, selbst die Uhrzeit war nahezu identisch. Werder absolvierte gerade die erste Einheit in Belek, als Klaus Allofs zu dem in Bremen gebliebenen Carlos Alberto befragt wurde. Ein Journalist wollte wissen, ob Werder an ein Ausleihgeschäft denke. Nein, nein, beteuerte Allofs, "diese Gedankenspiele gibt es nicht". Manchmal ändern sich Gedanken schnell: Gestern Abend bestätigte Klaus Allofs: Ja, Carlos Alberto, Werders 7,8-Millionen-Euro-Irrtum, soll an den FC São Paulo ausgeliehen werden.

Der Problemfußballer aus Brasilien war zu diesem Zeitpunkt, am frühen Abend, vermutlich schon auf dem Weg zum Flughafen. Schließlich hat Carlos Alberto in der Millionenmetropole einen wichtigen Termin, den zu bestehen auch in Werders Sinne wäre. "Am Donnerstagmorgen kommt er zur sportärztlichen Untersuchung", sagte Allofs’ Pendant beim FC São Paulo, Marco Aurélio Cunha.

Sechs Monate soll die Ausleihe des teuersten Werder-Einkaufs aller Zeiten dauern, der im Sommer nach einem beispiellosen Transfertrubel von Corinthians São Paulo an die Weser gekommen war und nun beim dortigen Lokalrivalen FC spielen soll. Keine Entscheidung für die Ewigkeit, heißt es von der sportlichen Führung der Grün-Weißen: In einem halben Jahr könnte es laut Allofs einen neuen Anlauf mit Alberto in Bremen geben. Ab dem 1. Juli sei er wieder "Spieler von Werder, dann ist ein Neuanfang vielleicht möglich. Ich bin sehr zuversichtlich, dass er ganz gesund wird. Das ist ja nicht immer eine organische Sache, sondern auch eine Kopfsache".

Werder hat den 23-Jährigen nach brasilianischen Medienberichten offenbar selbst angeboten. Ein sofortiger Verkauf aber sei, so Allofs, nicht in Frage gekommen. Er begründete das so: "Da stehen Ablösesummen im Raum, das kann São Paulo so nicht leisten." Was den Schluss zulässt, dass die Alternative zur Ausleihe durchaus ein Thema gewesen sein könnte. Um den ersten Schritt zum endgültigen Abschied des 23-Jährigen soll es sich, da bleibt der Bremer Sportdirektor aber standhaft, nicht handeln. Stattdessen beruft sich Allofs auf das Prinzip Hoffnung, "dass Carlos eines Tages für Werder Bremen auf Torejagd gehen wird".

Wenn die Hoffnung mal nicht trügt. Es wird nämlich nicht nur von einer sechsmonatigen Ausleihe gesprochen, sondern auch von einer Verlängerungsoption um ein weiteres halbes Jahr. Das sagt zumindest Marco Aurélio Cunha - und es würde angesichts des brasilianischen Fußballkalenders auch Sinn machen. Seine erste Partie in der südamerikanischen Champions League, der Copa Libertadores, spielt der FC São Paulo erst am 28. Februar. Und die nationale Liga beginnt gar erst im Mai. Von einem halben Jahr Ausleihe blieben also nur vier Monate Spielzeit für Alberto, und keiner der Wettbewerbe wäre beendet, wenn Werder ihn zurückerwarten würde.

Ob die Führungsriege des Bundesligazweiten allerdings - abseits der immer wieder betonten fußballerischen Qualitäten des Mittelfeldspielers - ernsthaft darauf erpicht ist, Carlos Alberto wieder unter die eigenen Fittiche zu nehmen, darf angesichts der seltsamen Häufung von Krankheiten und Kapriolen bezweifelt werden. Zumal eine Allofs-Aussage nicht so recht ins Bild einer geplanten Rückholaktion passen will: Es sei eine reine Ausleihe, wobei man sich "im Laufe der Zeit über andere Dinge" unterhalten könne.

So wird Allofs morgen früh wohl die Daumen drücken, auf dass der Brasilianer ja nicht durchfällt beim Medizin-Check. Denn "noch ist", betonte Allofs gestern Abend, "nicht alles unter Dach und Fach".

Sorgen, dass der rebellische Alberto einmal mehr vor allem durch Undiszipliniertheiten auffallen könnte, hegt sein Kollege beim FC São Paulo übrigens nicht. Sportdirektor Marco Aurélio Cunha: "Er ist ja jetzt verheiratet - der wird schon ruhiger."