Presseschau Weser-Kurier 20.02.2008

Ein Balanceakt mit Diego


Spielmacher leidet seit Oktober an einer Schambeinentzündung / Schmerz steigt mit Belastung / Absage für Braga

Von Thorsten Waterkamp

BREMEN. Gestern Nachmittag gegen fünf Uhr hatte Diego einen Termin. Es war ein Gespräch mit seinem Trainer, es musste dringend etwas geklärt werden. Das Ergebnis der Unterhaltung bezog sich auf Werders morgiges UEFA-Cup-Spiel in Braga und ist ernüchternd: Diego fehlt. Die Ursache seines Fehlens aber ist mehr als eine Ernüchterung: Diego wird gepeinigt von einer Schambeinentzündung - und das schon seit Oktober.

Schambeinentzündung? Da war doch was? Tatsächlich macht Werder nicht zum ersten Mal Erfahrungen mit dieser Überlastungsreaktion des Schambeins (siehe "Stichwort") - und diese Erinnerungen sind keine guten. Ümit Davala, von Juli 2003 bis Dezember 2005 in Bremer Diensten, hat seine Karriere aufgrund einer solchen Malaise an den Nagel hängen müssen. Auch den Ex-Bremer Andree Wiedener, zum Schluss bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag, zwang eine Schambeinentzündung vorzeitig in die Fußballrente.

An ein solches Horrorszenario mag Diego - verständlicherweise - gar nicht denken. "No, no, no", wirklich große Sorgen mache er sich nicht, "es ist nichts Schwerwiegendes", sondern eine "Schambeinentzündung im Anfangsstadium". Wobei die ersten Probleme, erläutert Diego Minuten später, bereits im Oktober aufgetreten seien. Mittlerweile sind die Schmerzen "latent immer da", mit der Intensität der Belastung steigen aber auch die körperlichen Probleme. Es könne sein, beschreibt Diego, dass ein Spiel beinahe ohne Schwierigkeiten begänne - um dann in einem stetig wachsenden Schmerz zu enden: "Je stärker die Belastung, desto größer der Schmerz." Dass dadurch die Leistungsfähigkeit tangiert wird, liegt nahe.

Harmlos klingt das alles definitiv nicht. Zu Zeiten Ümit Davalas wäre Diego, dessen Formkurve zuletzt nach unten wies, komplett aus dem Verkehr gezogen worden. "Die besten Heilungschancen", hatte Werders Mannschaftsarzt Götz Dimanski damals, im Herbst 2003, dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" gesagt, "bieten Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe." Mittlerweile hat sich die medizinische Aufarbeitung einer Schambeinentzündung weiterentwickelt. Eine rigorose Zwangspause scheint nicht mehr nötig.

Deshalb darf Diego weiterhin spielen, trainieren oder auch, wie im Januar, RehaMaßnahmen in der Heimat durchführen - soweit es die Schmerzen zulassen. "Es ist eine Frage der Be- und der Entlastung", erklärt Thomas Schaaf. Keine einfache Aufgabe für den Trainer: "Man muss immer das Glück haben, das richtige Maß zu finden." Den Spieler einfach mal komplett herauszunehmen, geht auch nicht: "Wenn man zu sehr entlastet, besteht die Gefahr, dass die nächste Belastung zu hoch wird. Man muss die Balance hinbekommen." Sollte das Prinzip der Be- und Entlastung, dieser Balanceakt, allerdings nicht irgendwann Früchte tragen, bleibt - aus medizinischer Warte - nur noch, was schon zu Davalas Zeiten Lehrmeinung war: Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe.

Nach Braga fliegt Diego heute nicht mit. "Die Reise und nur ein Tag Erholung, das wäre zu anstrengend", hat er seinem Trainer gesagt, "am Sonnabend stehe ich aber wieder zur Verfügung." Und in nur zwei Wochen vor exakt demselben Dilemma: Das morgige Weiterkommen vorausgesetzt, tritt Werder am 6. März zum Achtelfinal-Hinspiel auswärts in Glasgow oder Athen an - und 48 Stunden später in der Bundesliga beim VfB Stuttgart. Es wird vorab wohl wieder ein Gespräch zwischen Spieler und Trainer geben.