Kreiszeitung 09.01.2008

"Die erste Zeit war eine Ewigkeit"

Ivan Klasnic - ein Jahr nach der Schreckensnachricht / "Das Wichtigste ist, dass ich gesund bleibe"

Von Arne Flügge

BREMEN. Im Großen und Ganzen hat Ivan Klasnic die Gedanken an das vergangene Jahr verdrängt. "Doch manchmal", räumt der Werder-Stürmer ein, "denke ich schon noch mal zurück." Im Endeffekt, meint Klasnic, sei das Jahr schnell vergangen, "doch am Anfang war es für mich wie eine Ewigkeit".

Fast auf den Tag genau vor zwölf Monaten musste der heute 27-Jährige das Trainingslager in der Türkei sausen lassen. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn dazu. Die genauen Umstände wurden erst zwei Wochen später öffentlich, Klasnic indes hatte längst Bescheid gewusst: Er brauchte eine neue Niere. "Im ersten Moment war es ein Riesenschock für mich", erinnert sich der Kroate. Später, als seine Krankheit publik geworden war, "hatte ich mich schon ein wenig darauf einstellen können".

Hinter verschlossenen Türen hatte Klasnic so manche Verzweiflungsträne trocknen müssen. Besonders, als die erste Transplantation fehlschlug. Doch nach Außen hin hat er nie geklagt. Im Gegenteil: Er zeigte Stärke, Kampfgeist und die nie enden wollende Überzeugung: "Ich komme zurück."

Das Wunder wurde wahr. Am 24. November feierte Klasnic beim 2:0-Sieg der Bremer in Cottbus sein Bundesliga-Comeback und schrieb damit Sportgeschichte. Klasnic ist der einzige Profi-Fußballer der Welt, dem nach einer Nierentransplantation die Rückkehr in seinen Beruf gelang. Mit einem Doppelpack beim 5:2 am 17. Spieltag gegen Bayer Leverkusen setzte er dem Ganzen noch die Krone auf.

Diesmal, ein Jahr nach Bekanntwerden seiner Krankheit, reiste Ivan Klasnic mit Werder ins Trainingslager in die Türkei. Endlich kann er wieder mal eine komplette Vorbereitung absolvieren. "Ich fühle mich gut", sagt Klasnic, "die ersten Einheiten waren schwer, aber ich habe gut gearbeitet." Das Wichtigste sei, "dass ich jetzt gesund bleibe. Alles andere kommt von selbst."

Seine sportlichen Ziele hat er klar vor Augen. "Wir stehen mit Werder sehr gut. Vielleicht können wir das Double von 2004 wiederholen", hofft der Angreifer. Zudem will er im Sommer bei der Europameisterschaft sein Comeback im kroatischen Nationalteam feiern. "Ivan schafft das", glaubt Teamkollege und Landsmann Jurica Vranjes, der erkannt haben will: "Ivan ist heute viel glücklicher und lockerer als noch vor Monaten."

Doch um bei der EM zu spielen, muss Klasnic auch bei Werder auf dem Platz stehen. Da spielt es ihm in die Karten, dass seine beiden Sturm-Konkurrenten Boubacar Sanogo und Hugo Almeida die ersten drei Pflichtspiele nicht dabei sind. Der eine ist beim Afrika-Cup, der andere noch gesperrt. "Das ist schon komisch, irgendwie Schicksal", glaubt Klasnic: "Schon bei meinem Comeback in Cottbus hatte ich davon profitiert, dass ein Stürmer verletzt, der andere suspendiert war."

Nur auf höhere Mächte will sich Klasnic aber nicht verlassen. "Ich denke, ich habe dem Trainer gezeigt, dass er auf mich zählen kann. Abgesehen von dem schlimmen Jahr 2007 bin ich in meinen sieben Jahren bei Werder sehr erfolgreich gewesen. Ich habe viel für Werder getan. Und wenn ich weiter gesund bleibe, werde ich noch einige Jahre auf sehr hohem Niveau spielen."