Presseschau Kreiszeitung 27.02.2008

Tosic beklagt Geschrei der Kollegen


Werder-Verteidiger nennt Sprachprobleme als Hauptgrund für seinen Stammplatz-Verlust

Von Björn Knips

BREMEN Der Stammplatz ist futsch, Dusko Tosic sitzt nur noch auf der Bank. Selbst große Personalprobleme in der Werder-Abwehr konnten den Serben nicht retten. In Braga verteidigte Patrick Owomoyela auf der linken Tosic-Seite, obwohl er eigentlich rechts in der Viererkette zu Hause ist. In Frankfurt erhielt Sebastian Boenisch den Vorzug, obwohl er sich nach monatelanger Verletzungspause gerade erst zurückgemeldet hatte. Ein Schock für Tosic! Und der 23-Jährige reagierte gestern mit einem merkwürdigen und mit Zündstoff geladenen Erklärungsversuch auf seine unbefriedigende Situation: Tosic kritisierte öffentlich das Verhalten seiner Kollegen.

"Das Problem ist die deutsche Sprache. Die kann ich noch nicht richtig", ließ Tosic gegenüber Journalisten nach dem Vormittagstraining von seinem kroatischen Teamkollegen Ivan Klasnic übersetzen: "Wenn ich auf dem Platz einen Fehler mache, werde ich von einigen Spielern angeschrien. Aber weil ich es nicht verstehe, was sie wollen, werde ich unkonzentriert." Die Folge: Tosic machte noch mehr Fehler, wirkte zeitweise wie ein Nervenbündel - und das in jedem seiner vier Pflichtspiele in diesem Jahr.

Von den Kollegen fühlt er sich im Stich gelassen. "Ich würde das gerne nach dem Spiel bereden, aber das passiert nicht", bemängelte Tosic. Zum einen sei da die Sprachbarriere, zum anderen würde auch niemand auf ihn zukommen. "Die müssen mit mir reden", fordert Tosic.

Aber in der Kabine blieb es bislang still - und der junge Serbe, der im Sommer vom FC Sochaux verpflichtet wurde, traut sich offenbar nicht, auf Größen wie Per Mertesacker oder Naldo zuzugehen. "Ich bin neu hier und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll", beschrieb Tosic sein Dilemma und gestand: "So schwer habe ich mir das hier nicht vorgestellt." Am schlimmsten sei es mit der Sprache. "Ich lerne ja Deutsch, aber das ist so schwierig."

Trotzdem: Mit seiner Erklärung macht es sich Tosic viel zu einfach. Schließlich ist er Profi-Fußballer - und die müssen nun einmal mit Druck klarkommen. Deutliche Worte der Kollegen auf dem Platz gehören ebenfalls dazu. Will sich Tosic in Bremen durchsetzen und in der Mannschaft nicht als Weichei gelten, muss er das lernen. Dazu gehört auch Selbstkritik. Denn die ließ er gestern im Gespräch komplett vermissen. Mehr als ein "da waren einige unglückliche Spiele von mir dabei" gestand er sich nicht ein. Bei der Ursachenforschung entschied er sich lieber für die Opferrolle. Neben den Sprachproblemen sei auch Werders offensive Spielweise ein Grund für seine schwachen Leistungen. "Werder spielt viel nach vorne. Da habe ich auf der linken Seite viel Platz und mache natürlich mit. Aber dadurch kommt es hinten auch zu Fehlern", meinte Tosic.

Vorerst wird er dieses Problem nicht mehr haben. Denn Boenisch scheint auf der linken Abwehrseite die Zukunft zu gehören. Der 21-jährige U 21-Nationalspieler hinterließ in Frankfurt - mal abgesehen von seinem Pass vor dem 0:1 - einen starken Eindruck, wirkte selbstbewusster und nervenstärker als Tosic. Dem bleibt nur das Prinzip Hoffnung. "Wenn ich eine Chance bekomme, dann werde ich sie nutzen", kündigte Tosic an. Aber wohl wissend, dass das jetzt ziemlich lange dauern kann