Nach überragender Teamleistung: DTTB-Herren durch 3:2 über Österreich im Viertelfinale

Guangzhou. Überschwänglich umarmten sich Spieler und Trainer in der Box. Die Freude kannte keine Grenzen: Deutschlands Herren haben dem massiven Verletzungspech erfolgreich getrotzt und sind ins Viertelfinale der Mannschafts-Weltmeisterschaften in Guangzhou (China) eingezogen. Dank einer überragenden Mannschaftsleistung gelang Dimitrij Ovtcharov (Düsseldorf), Jörg Roßkopf (Jülich) und Patrick Baum (Frickenhausen) ein 3:2-Sieg über Österreich, zu dem Bastian Steger und Christian Süß auf der Bank mit nicht nachlassender Unterstützung ihren Teil beitrugen.

Dabei hätten die Vorzeichen der Partie kaum düsterer sein können: Nach Timo Boll (Düsseldorf), der seinen Start vor WM-Beginn hatte absagen mussten, verletzten sich vor dem Achtelfinalspiel gegen Österreich zwei weitere Leistungsträger: Bastian Steger (Frickenhausen) stoppte ein Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel nach einem Sturz im letzten Gruppenspiel gegen die Slowakische Republik am Morgen. Christian Süß (Düsseldorf) hatte sich durch eine unglückliche Bewegung beim Spiel gegen Frankreich die rechte Schlaghand geprellt und fiel aus. "Mit Österreich hatten wir das schwerstmögliche Los bekommen, und Bastis Verletzung hat uns heute Morgen einen Knacks gegeben", gab Dimitrij Ovtcharov zu. "Patti hat sehr, sehr stark gespielt. Was Rossi gezeigt hat, war der absolute Wahnsinn."

Ovtcharov und Baum sorgen für 2:1-Führung

Jörg Roßkopf hatte schon im Auftaktmatch gegen Werner Schlager Chancen zum Sieg. Drei Satzbälle Roßkopfs im ersten Durchgang wehrte der Einzel-Weltmeister von 2003 vor allem mit seinen gefürchtet trickreichen Aufschlägen ab und gewann den Satz mit 13:11. Im fünften Satz konnte der deutsche Doppel-Weltmeister von 1989 seine 5:2-Führung nicht ausbauen und unterlag mit 6:11. Trotz der Niederlage - der Kampfgeist, den der deutsche Rekordnationalspieler in seinem 269. Länderspiel zeigte, motivierte seine Kollegen auf der Bank umso mehr. Im Anschluss lieferten sowohl Ovtcharov gegen Abwehrass Chen Weixing als auch Baum gegen Robert Gardos blitzsaubere Leistungen ab.

Beim Duell zwischen Ovtcharov und Schlager sahen die Zuschauer im Guangzhou Gymnasium eine Partie, die vor allem in der Schlussphase auf allerhöchstem und gleichzeitig sehenswertem Niveau war. Spielerisch und kämpferisch stark gab sich der 19-jährige deutsche Führungsspieler auch beim Satzrückstand von 0:2 nicht geschlagen, gewann den dritten Durchgang und erholte sich im vierten auch von einem Rückstand von 1:4. Am Ende hatte Österreichs Nummer 18 der Weltrangliste das nötige Quäntchen mehr Glück zum 11:9-Sieg.

Roßkopf setzt Schlusspunkt

Den Schlusspunkt setzte Jörg Roßkopf in vier Nerven aufreibenden Sätzen gegen Chen Weixing. Den Sieg schon vor Augen gab Roßkopf nach 9:6-Führung den dritten Satz zwar noch ab. Im vierten stoppte aber nichts mehr die volle Konzentration des 38-Jährigen. "Jedem in der Halle, der Rossi so hat spielen sehen, ist das Herz aufgegangen", sagte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. "Was er gespielt hat, war wirklich historisch. Ich bekomme sogar noch eine Gänsehaut, wenn ich im Nachhinein darüber spreche. Unsere jungen Spieler haben vorab wichtige Schritte zum Erreichen des Viertelfinals gemacht, und Rossi hat ein riesen Ausrufezeichen hinter seine sportliche Leistung gesetzt." Österreichs Werner Schlager bekannte: "Dass Rossi ein super Fighter ist, haben wir gewusst. Er hat uns niedergerungen." Bundestrainer Richard Prause war "unglaublich stolz auf dieses Team". Zu allererst wolle er sich bei Jörg Roßkopf bedanken. "Er hat seinen Vorruhestand beendet, um uns hier beizustehen. Die Art und Weise, wie er sich bisher während der ganzen WM präsentiert hat, ist aller Ehren wert. Er konnte unter dem größten Druck auf den Punkt seine Leistung abrufen. Das verdient allergrößten Respekt", so Prause. "Entscheidend war, dass wir die vielen Hiobsbotschaften schnell abgehakt haben. Das zeigt, wie stark das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mannschaft ist. Wir haben immer an unsere Chance geglaubt."

Jörg Roßkopf gab nach dem Spiel auch einen Einblick in seine Gedanken vor der Partie. "Ich bin ein Spieler, der immer etwas Zeit braucht, um in ein Turnier hineinzufinden. Heute Morgen habe ich mich schlecht gefühlt und auch so gespielt. Normalerweise hätte ich keinen zweiten Einsatz bekommen", wusste er. "Ich war aber auch sicher, dass ich nicht noch einmal so schlecht sein würde. Außerdem spiele ich gegen Österreich immer ganz gerne und gut." Druck von vielen Seiten war es, der auf dem gebürtigen Hessen lastete: "Eigentlich war ich in meiner langen Karriere gewohnt, mit Druck umzugehen, aber in dieser Form hatte ich ihn schon lange nicht mehr. Es war schwer in einem Spiel, in dem es um so viel geht. Die Mannschaft musste nicht nur mit dem Druck durch die beiden Verletzungen umgehen, sondern auch mit dem, dass ich gegen die Slowakei so schlecht gespielt habe. Der Sieg war eine schöne Bestätigung für mich und für das Trainerteam, das mich nominiert hat. Solche Spiele geben großen Auftrieb."

Mit Außenseiterrolle aggressiv umgehen

Der Gegner im morgigen Viertelfinale um 12.30 Uhr deutscher Zeit ist der WM-Finalist von 2006, Südkorea, das sich auch ohne den verletzten Weltranglisten-Neunten Oh Sang in Gruppe B den Sie und damit den Direkteinzug in die Runde der letzten Acht gesichert hatte. Aus den übrigen Partien schafften Tschechien, Rumänien und Taiwan den Sprung ins Viertelfinale. Die Tschechen spielen dort gegen China, Rumänien trifft auf Hongkong und Taiwan auf Deutschlands Vorrundenbezwinger Japan.

"Gegen Korea nehmen wir das Selbstvertrauen von heute mit. Wir sind heute mit unserer Außenseiterrolle aggressiv umgegangen. So wird es auch morgen sein", versprach Dirk Schimmelpfennig. Roßkopf flachste: "Mal sehen, ob ich die Knochen morgen noch bewegen kann."

Beim parallel verlaufenden letzten Damen-Viertelfinale setzte sich China erwartungsgemäß gegen Rumänien durch. Beim 3:0 leisteten die Youngsters von Coach Viorel Filimon jedoch teilweise beachtlichen Widerstand. Im morgigen Halbfinale stehen sich China und Hongkong sowie Japan und Singapur gegenüber.