Nur Süß in Topform - Düsseldorf unterliegt Charleroi 1:3

Der wochenlang am Knie verletzte Weltranglistenfünfte Timo Boll, der erst wenige Tage zuvor wieder vorsichtig ins Training einsteigen konnte, war anwesend und spielte sich ein. Schweren Herzens trafen Trainer Dirk Wagner, Manager Andreas Preuß und Timo nach kurzer Beratschlagung jedoch die Entscheidung, dass ein Einsatz noch zu riskant und der erforderliche Fitnesszustand noch nicht gegeben sei. Ein Timo Boll in guter Verfassung fehlte der Borussia freilich schon, um gegen die Topmannschaft aus Belgien eine echte Chance zu haben. Umso anerkennenswerter die Entscheidung des Klubs, dem Interesse des Spielers gerade im Olympiajahr Rechnung zu tragen und Vorrang einzuräumen vor momentanen eigenen Erfolgserwägungen.

Im Auftakteinzel unterlag "Dima" Ovtcharov dem Russen Alexej Smirnov in 1:3 Sätzen. Im zweiten Einzel musste Petr Korbel einem glänzend aufgelegten Vladimir Samsonov zum Sieg gratulieren. Nachdem Christian Süß (Foto) den Anschluss hergestellt hatte, musste auch der 19-jährige Ovtcharov, der nach seinen überzeugenden Auftritten bei der WM in Guangzhou noch etwas ausgebrannt wirkte, die Überlegenheit des erfahrenen Samsonov, Nummer sechs der Welt, anerkennen. Auch wenn der Borussen-Motor nicht wie gewohnt auf Touren kam, muss man der Fairness halber die beeindruckende Leistung der Gastmannschaft hervorheben, die auf hohem Niveau ihre ganze Routine ausspielte und sich kaum eine Blöße gab. An diesem Abend hätte sicher auch keine andere Topmannschaft Europas Charleroi besiegen können.

Auch wenn es keinesfalls ein komplett aussichtsloses Unterfangen ist, dürfte es für Düsseldorf am 11. April im Spiroudome zu Charleroi vor vermutlich 6.500 fanatischen Zuschauern höllisch schwer werden, die Sensation zu schaffen und doch noch ins Finale der europäischen Königsklasse vorzustoßen. Zutreffend brachte der Pressedienst der Borussia den Stand der Dinge nach der Partie auf folgenden Nenner: "Am Ende des Traumhalbfinales ist der Traum vom Titelgewinn fast ausgeträumt."

Stimmen zum Spiel
Dirk Wagner: "Auch solch ein Ergebnis muss im Bereich dessen liegen, was man erwartet, wenn man gegen Charleroi spielt. Man wünscht es sich natürlich nicht und denkt immer positiv. Ich habe auch gesehen, dass wir durchaus eine Chance hatten, in ein fünftes Spiel zu kommen und wenn sich dann Korbel und Smirnov gegenübergestanden hätten, wäre alles möglich gewesen. Es war unsere Rechnung, auf Smirnov und Saive zu punkten und bei Vladi, der heute in Topform war, einfach mal zu schauen, ob eventuell etwas möglich sein könnte. Christian war gut erholt von der WM - er hat dort auch nicht so viele Spiele gemacht wie etwa Dima. Folglich war Christian heute wesentlich frischer, auch vom Kopf her. Natürlich trifft es zu, dass man gerade Dimitrij die große Beanspruchung durch die WM besonders angemerkt hat, was bei einem so jungen Spieler, der plötzlich so große Last auf seinen Schultern zu tragen hat, absolut normal ist. Aber daran war nichts zu ändern, Richard Prause konnte nur so handeln, wie er es in Guangzhou getan hat, und wir hatten auch keine anderen Optionen heute. Dimitrij ist ein Spieler mit tollen Möglichkeiten und großem Kampfgeist, der keinen Punkt verloren gibt. Wer aber erwartet, er könne ein ganzes Jahr auf immer dem gleichen hohen Niveau spielen, ist auf dem Holzweg. Dima ist keine Maschine, sondern ein junger Kerl, der noch ein paar Jahre braucht, um sich auf dann vermutlich noch höherem Niveau zu stabilisieren. Bisweilen braucht er auch einfach mal etwas Ruhe, aber das war diesmal leider nicht möglich. Unsere Chance, doch noch im Rückspiel etwas entscheidendes zu reißen, ist auf jeden Fall größer als null Prozent. Wir werden uns etwas einfallen lassen in der Aufstellung, wie wir den Gegner vielleicht ein wenig unruhig machen können. Unterschätzen wird uns Charleroi trotz des heutigen Ergebnisses aber nicht, eine so abgebrühte Truppe wird sich da keine Fahrlässigkeit erlauben. Wir haben nur noch eine minimale Chance, wären aber schlechte Sportsleute, wenn wir nicht alles versuchen würden, diese zu nutzen."

Christian Süß: "Das ist sehr schade für uns. Im Rückspiel in Charleroi wird es sehr schwer werden, auch wegen der Sätze. Gleich zu Anfang gab es schon eine Schlüsselpartie und leider kam Dimitrij nicht so gut in sein Spiel wie gewohnt. Wir hatten uns da schon eine Siegchance ausgerechnet, weil Dima Smirnov bei der WM geschlagen hatte. Mit einem Sieg gleich zu Beginn wäre vielleicht alles wesentlich besser für uns gelaufen. Ich selbst war fast ein bißchen überrascht, dass es so gut bei mir lief. Ich hatte vorher etwas Angst gehabt wegen meiner Handprellung, aber sie machte sich gottseidank nicht mehr bemerkbar. Allerdings ist Saive, dessen Spiel mir sehr liegt, auch ein dankbarer Gegner für mich."